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Abschaffung der Orphan Drug-Regelung: Nur zu Lasten der Patientenversorgung

In Deutschland ist die Versorgung mit Medikamenten für seltene Erkrankungen durch die Orphan Drug-Regelung des AMNOG gesichert, mit einer Marktverfügbarkeit von 90 % an der Spitze Europas. Doch wiederkehrende gesundheitspolitische Diskussionen bedrohen diese Errungenschaft, indem sie eine Gleichstellung der Bewertungsstandards aller Medikamente fordern, ohne die speziellen Herausforderungen bei seltenen Erkrankungen zu berücksichtigen. Solche Änderungen könnten gravierende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Orphan Drugs haben.

Die Versorgung mit neuen Medikamenten zur Behandlung seltener Erkrankungen ist in Deutschland auf einem vorbildlichen Niveau. Die Orphan Drug-Regelung im AMNOG gewährleistet die schnelle Verfügbarkeit von Orphan Drugs. Sie sichert mit 90 % Marktverfügbarkeit den Spitzenplatz für Deutschland innerhalb Europas. Die AMNOG-Regelung arbeitet gut verzahnt mit der Europäischen Orphan Drug-Verordnung 141/2000, welche die Entwicklung neuer Orphan Drugs fördert und so immer mehr neue Wirkstoffe zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen zugelassen werden können.

Angesichts des Anstiegs dieser Medikamente in der Versorgung und den verbundenen Kosten drängen gesundheitspolitische Diskussionen immer wieder auf die Abschaffung der AMNOG-Regelung, indem sie eine Gleichstellung der Bewertungsstandards aller Medikamente fordern. Diese Vorschläge, die die Herausforderungen der klinischen Entwicklung bei seltenen Erkrankungen nicht berücksichtigen, sind aber mit großen Risiken für die Nutzenbewertung, Preisgestaltung und die potenzielle Marktverfügbarkeit von Orphan Drugs verbunden.

Neue Studienergebnisse, die die renommierte Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partner im Auftrag des vfa analysiert hat, demonstrieren die existenzielle Bedeutung der Orphan Drug-Regelung für die breite Versorgung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen. Bei Abschaffung der Orphan Drug-Regelung könnten 79 % der Medikamente einen Zusatznutzen aufgrund formaler Gründe nicht mehr erreichen und wären einem dramatischen Preisverfall ausgesetzt. In der Folge wären 57 % der Orphan Drugs einem sehr hohen bis maximalen Marktrücknahmerisiko ausgesetzt. Bei weiteren 20 % würde ein individuelles Marktrücknahmerisiko das Gefährdungspotenzial zusätzlich vergrößern. Allenfalls bei 24 % der Medikamente wären geringe Risiken für die Marktverfügbarkeit vorhanden.

Diese Visualisierung in Anlehnung eines Barometers zeigt die Gefahr für die Marktrücknahme von Orphans-Präparaten.

Sie können sich dieses Schaubild auch als PDF-Datei herunterladen.

Wichtig ist auch ein differenzierter Blick auf unterschiedlicher Therapeutika-Gruppen innerhalb der Orphan Drugs. Das Gefährdungspotenzial zeigte sich dabei jeweils ähnlich stark für Solisten/Nicht-Solisten, onkologische/nicht-onkologische Therapien sowie pädiatrische/keine pädiatrischen Therapien. Gleichzeitig waren die Risiken für die Marktverfügbarkeit für hochinnovative Gen- und Zelltherapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMPs) deutlich erhöht.

Fazit:

Eine Apothekerin hält eine Verschreibung und verschiedene Packungen in der Hand.Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine Abschaffung der Orphan Drug-Regelung stark zu Lasten der Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen gehen würde. Mehr als die Hälfte der Orphan Drugs droht aus der Versorgung zu fallen.

Zugleich würde Deutschland den europäischen Spitzenplatz in der Versorgung mit Orphan Drugs verlieren und auf ein unterdurchschnittliches Niveau mit schlechter Verfügbarkeit abrutschen.

Die Orphan Drug-Regelung im AMNOG muss deshalb erhalten bleiben.