Monitor ATMP-Standort Deutschland
Bei der Entwicklung von Gen-, Zell- und Gewebetherapeutika, zusammengefasst als ATMP (Advanced Therapeutic Medicinal Products) bezeichnet, schien Deutschland in den 2010er-Jahren nahezu abgehängt zu werden. Doch engagierte Forschungseinrichtungen und Unternehmen sind dabei, Deutschland auch in diesem Feld vermehrt ins Spiel zu bringen. Ein Gradmesser dafür: klinische Arzneimittelstudien mit ATMP. Wo Deutschland hier steht, zeigt diese Auswertung des vfa anhand von vier Grafiken. Der vfa wird sie künftig jährlich aktualisieren, basierend auf Daten des Citeline Dashboard Advanced Therapies, und Trends anhand von Zeitreihen sichtbar machen.
Nicht mitgezählt
Nicht mitgezählt wurden in dieser Analyse Studien, bei denen 2023 noch eine Nachbeobachtung der Teilnehmer:innen durchgeführt wurde, die aber schon vor Januar 2023 die „Primary Completion“ erreicht hatten.
USA und China haben sich als die führenden Standorte für Zell- und Gentherapiestudien etabliert. In Europa, insbesondere in den Ländern UK, Deutschland, Spanien und Frankreich, zeigt sich aber ebenfalls eine steigende Aktivität in diesem Entwicklungsbereich. So wurden für 2023 in Deutschland 78 Studien gezählt, während Citeline für das Jahr 2018 erst 17 laufende Studien in Deutschland auswies.
Viele der hier gelisteten Studien finden multinational statt; das bedeutet, dass beispielsweise deutsche wie US-Kliniken an der gleichen Studie mitwirken.
Aktuell ist im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein nationaler Aktionsplan für den Zell- und Gentherapiestandort Deutschland in Ausarbeitung. Durch das Schaffen geeigneter Rahmenbedingungen könnte Deutschland seine Position als führender Standort für Gentherapiestudien weiter festigen und dazu beitragen, dass dieses innovative Entwicklungsgebiet zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Deutschland und darüber hinaus beiträgt.
In der ATMP-Studienlandschaft in Deutschland ist eine heterogene prozentuale Verteilung über die Phasen hinweg erkennbar. Erfreulich ist der hohe Anteil an Phase II-Studien, denn diese Phase ist besonders entscheidend zur Klärung, welche Therapien sich hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit bewähren. Zudem können hier schon wesentlich mehr Patient:innen, die an einer entsprechenden Therapie interessiert sind, mitwirken als in der Phase I.
Einen ähnlichen Anteil haben Phase II-Studien auch in den USA (48 %). Phase I-Studien hingegen spielen dort eine weitaus größere Rolle mit 37 % Anteil am Studiengeschehen. Weitere 13 % entfallen dort auf Phase III-Studien, 2 % auf andere Studien.
ATMP kommen grundsätzlich in Betracht gegen Krankheiten, die lebensbedrohlich sind oder bei den Betroffenen zu schweren Einschränkungen führen, und für die es weiterhin Bedarf für wirksamere Behandlungen gibt. Das reflektiert auch das Spektrum der Anwendungsgebiete in den ATMP-Studien in Deutschland: verschiedene Krebsarten, nicht-maligne hämatologische und autoimmune Erkrankungen wie auch Stoffwechsel-Erkrankungen. Die meisten dieser Krankheiten treten nur bei wenigen Patient:innen auf.
Die in Deutschland laufenden Studien finden sowohl auf Veranlassung von akademischen Forschungseinrichtungen als auch von Pharma- oder Biotechunternehmen statt. Den größten Anteil stemmen hier allerdings die Unternehmen.
Das trifft grundsätzlich auch für die USA zu (77 % der Studien dort sind von Unternehmen veranlasst), doch ist hier der Anteil der anderweitig veranlassten Studien höher: rund 7 % der dortigen Studien haben Forschungseinrichtungen allein veranlasst, weitere 16 % in gemeinsamer Verantwortung mit einem Unternehmen.