Die Versorgung der Patienten in Deutschland
Die Entwicklung von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen spielt für die Patienten eine herausragende Rolle. Aber für eine bessere Versorgung dieser Menschen braucht es noch viel, viel mehr.
Deshalb wurde im Jahr 2010 das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) ins Leben gerufen. Es ist ein Zusammenschluss der Bundesministerien für Gesundheit und für Forschung, der ACHSE e. V. (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen) sowie von 25 Bündnispartnern – darunter auch der vfa mit seiner Biotechnologiegruppe vfa bio. Drei Jahre später wurde der Nationale Aktionsplan verabschiedet – er enthält 52 Maßnahmen. Sie sollen unter anderem das Informationsmanagement in diesem Bereich stärken – etwa durch bessere Patienteninformation oder eine intensivere Auseinandersetzung mit seltenen Erkrankungen in der medizinischen Aus- und Fortbildung. Auch die Bildung von Netzwerken und Fachzentren soll gefördert werden. Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung sollen verbessert werden, um das ständig zunehmende Wissen über die Grundlagen seltener Erkrankungen in neue Therapien übersetzen zu können. Kurz: Es geht ums Kräftebündeln.
Mittlerweile haben bundesweit schon 36 Kliniken eigene Zentren für die Diagnose und Therapie seltener Erkrankungen eingerichtet (www.se-atlas.de/map/zse). Zu dieser Entwicklung hat NAMSE beigetragen. Manche Zentren sind auf bestimmte Felder wie Nervenkrankheiten spezialisiert, andere decken durch Kooperation mit anderen Klinikbereichen eine große Bandbreite ab. Ein Patient, der in einem solchen Zentrum auf eine Dauertherapie eingestellt wird, kann anschließend oft ambulant und wohnortnah weiterversorgt werden.
Härtefallprogramm und individueller Heilversuch
Oft stellt ein Orphan Drug die erste Möglichkeit dar, eine seltene Krankheit wirksam zu behandeln. Patienten dürfen es aber außerhalb von Studien normalerweise erst nach der Zulassung erhalten. Doch es gibt Ausnahmen.
Härtefallprogramme erlauben es, dass ein Hersteller ein noch nicht zugelassenes Medikament für Schwerkranke gratis zur Verfügung stellt. Dieser sogenannte „Compassionate Use“, die „Anwendung aus Mitgefühl“, muss der Behörde mitgeteilt und streng dokumentiert werden. Ein Härtefallprogramm überbrückt meist die Zeit zwischen Abschluss der Studien und der Markteinführung.
Demgegenüber bedeutet ein individueller Heilversuch den Einsatz eines nicht zugelassenen Medikaments im Einzelfall. Dafür muss ein Arzt mit Einverständnis des Patienten ein Unternehmen darum ersuchen, ein in Entwicklung befindliches Medikament in diesem Notfall bereitzustellen. Wissenschaftler des Unternehmens müssen dann entscheiden, ob sie diesem Wunsch entsprechen können oder nicht. Dieser Weg ist zulässig, aber gesetzlich nicht näher geregelt.
Beides ist aber nur möglich, wenn ein Arzt zuvor zur korrekten Diagnose gelangt ist.