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Patienten in klinischen Studien

Was ist eine klinische Studie?

Arzt und patientin im zugewandten Gespräch auf einem Krankenhausflur

Bei einer klinischen Studie erproben Ärzt:innen zusammen mit Erkrankten eine Methode, um eine Krankheit zu erkennen oder zu behandeln.

Das kann beispielsweise ein neues Röntgenverfahren, eine neue Operations­technik oder die Behandlung mit einem neuen Medikament sein. Die Studie heißt „klinisch“, auch wenn sie nicht in einer Klinik, sondern einer Arztpraxis stattfindet.

Bei vielen Studien behandeln die Ärzt:innen die Studienteilnehmer:innen nicht nach eigenem Ermessen, sondern so, wie es vor Studienbeginn festgelegt wurde: mit bestimmten Medikamenten in bestimmter Dosierung und weiteren definierten Kriterien. Solche Studien heißen auch „klinische Prü­fungen“. Eine Klinik oder eine Praxis, in der eine solche klinische Studie stattfindet, heißt deshalb auch „Prüfzentrum“, und die mitwirkenden Ärzt:innen heißen „Prüfärzt:innen“ oder „Prüfer:innen“.

Der Auftraggebende einer Studie wird „Sponsor der Studie“ genannt. Häufig ist ein Pharma-­Unternehmen der Auftraggebende einer klinischen Studie; es will dann mit der Studie ein neues Medikament erproben, für das es später eine Zulassung für die Verschreibung in Deutschland und anderen Ländern bean­tragen will. Oder es will erproben, ob sich ein zugelassenes Medikament zur Behandlung einer weiteren Krankheit eignet.

Was für Studien mit Medikamenten gibt es?

Es gibt unterschiedliche Arten von Medikamenten­-Studien. Das wird deutlich, wenn man sich anschaut, in welchen Schritten ein Medikament entwickelt und erprobt wird:

Ein neuer Wirkstoff wird nach seiner Erfindung zunächst intensiv im Labor und dann an Tieren überprüft. Nur, wenn er sich dort bewährt, darf er weiter erprobt werden.

Dann testen gesunde Freiwillige den Wirkstoff in ersten klinischen Studien.
Diese heißen Studien der Phase I. Dabei ist noch keine heilende oder lindernde Wirkung zu sehen (die Freiwilligen sind ja gesund); aber es zeigt sich, wie der Wirkstoff durch den Körper wandert, wie schnell er wieder ausgeschieden wird und ob er gut vertragen wird.

Hat sich der Wirkstoff bewährt, wird er zu einem Medikament verarbeitet (z.B. einer Tablette oder einer Lösung zum Spritzen). Damit können Studien mit Kranken durchgeführt werden. In diesen Studien der Phase II zeigt sich dann, ob das Medikament wirkt. Typischerweise nehmen 100 bis 500 Erkrankte in mehreren Länder teil (bei seltenen Krankheiten weni­ger). Es wird untersucht, ob das Medikament wirkt, ob es gut vertragen wird und welche Dosis für die Behandlung die beste ist.

Hat sich das Medikament in Phase II als wirksam gezeigt, wird es in der Phase III noch einmal mit mehreren Tausend Erkrankten weltweit überprüft (bei seltenen Krankheiten wiederum mit Weniger). Dabei wird auch auf seltenere Nebenwirkungen geachtet, die vielleicht nur bei einer von tausend Behandlungen auf­treten. Verläuft auch die Phase III gut, kann der Hersteller für das Medika­ment die Zulassung beantragen. Wenn die Behörden das Medikament zugelassen haben, kann es schließlich verordnet werden.

Nach der Zulassung werden weitere Studien mit dem Medikament durchge­führt. Es wird z.B. geprüft, wie gut es sich für Kranke mit bestimmten Begleit­erkrankungen eignet. Oder es wird getestet, ob sich das Medikament sinnvoll mit anderen Medikamenten kombinieren lässt. Studien mit zugelassenen Medikamenten heißen Studien der Phase IV. Oft nehmen an solchen Studien mehr als 10.000 Patient:innen teil.

Eine Studie finden

Wenn Sie aus eigenem Antrieb nach einer Studie suchen, in der eine neue Behandlung erprobt wird, können Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt ansprechen. Auch Patienten­-Selbsthilfegruppen oder ­-organisa­tionen kennen sich oft gut damit aus; viele solche Organisationen sind beispielsweise unter www.nakos.de aufgelistet. Außerdem können Sie die Studiensuchmaschinen www.pharmnet-bund.de, www.bfarm.de, euclinicaltrials.eu oder www.myclinicaltriallocator.com und www.clinicaltrials.gov (beide in Englisch) verwenden.

Diesen Prüfplan erhält zeitgleich auch eine Ethik-Kommission. Zu dieser Kommission gehören Ärzt:innen, die nicht an einer Studie mitwirken werden, sowie in vielen Fällen auch ein Patientenvertreter/eine Patientenvertreterin sowie Fachleute für Ethik und Recht. Die Ethik-Kommission muss sorgfältig den Nutzen dieser Studie gegen ein mögliches Risiko für die Teilnehmenden abwägen. Sie überprüft auch, ob die medizinischen Einrichtungen, an denen die Studie durchgeführt werden soll und deren ärztliches Personal geeignet sind. Sie kontrolliert zudem, ob die Texte zur Aufklärung über die Studie und zur schriftlichen Einwilligung in die Teilnahme verständlich und vollständig sind. Erst, wenn das alles erfüllt ist, gibt die Ethik-Kommission ihr Einverständnis.

Sie sehen: Ehe Sie überhaupt gefragt werden konnten, ob Sie teilnehmen wollen, wurde die geplante Studie schon doppelt geprüft und schließlich für medizinisch wie ethisch einwandfrei befunden.

Während die klinische Studie läuft, werden die Behörden und die Ethik-Kommission über den Fortgang der Studie informiert. Treten z. B. bei einigen Teilnehmenden erste Nebenwirkungen auf oder wird es erforderlich, den Prüfplan zu ändern, entscheiden sie unverzüglich, was getan werden soll. Falls nötig können sie verfügen, dass eine Studie abgebrochen wird. In anderen Fällen entscheiden sie, dass alle, die teilnehmen, über die Ergebnisse informiert werden., damit sie selbst entscheiden, ob Sie weiter mitmachen.

Der Auftraggebende einer klinischen Studie muss eine Patientenversicherung abschließen. Damit ist eine Entschädigung abgesichert, falls jemand während der Studie oder in der Nachbearbeitungszeit trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einen gesundheitlichen Schaden erleidet, der auf die Studie zurückzuführen ist. So etwas kommt äußerst selten vor, kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Über die Höhe der Versicherungssumme und die Ansprechpartner:innen informiert Sie gerne Ihre Ärztin oder Ihr Arzt.

Die Sicherheit aller Teilnehmenden hat Vorrang

Bei jeder klinischen Studie ist die Sicherheit von allen, die teilnehmen, wichtiger als alles andere.

So dürfen überhaupt nur Medikamente erprobt werden, die sich zuvor in vielen Tests im Labor und mit Tieren bewährt haben. Auch muss jede Studie einzeln genehmigt werden. In Deutschland übernimmt das das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn oder das Paul­-Ehrlich-­Institut (PEI) in Langen bei Frankfurt am Main. BfArM und PEI unterstehen dem Gesundheitsministerium (BMG).

Dafür erhält das BfArM oder PEI eine genaue Beschreibung der geplanten Studie vom Auftraggebenden: den sogenannten Prüfplan. Darin wird erklärt, welche Patient:innen in dieser Studie wie behandelt werden sollen und wie für deren Sicherheit gesorgt wird. Es steht auch darin, was man aus bisherigen Laborexperimenten, Tierversuchen und klinischen Studien über das zu testende Medikament weiß.

Diesen Prüfplan erhält zeitgleich auch eine Ethik-Kommission. Zu dieser Kommission gehören Ärzt:innen, die nicht an der Studie mitwirken werden, sowie in vielen Fällen auch eine Vertretung der Erkrankten sowie Fachleute für Ethik, Recht und andere Fächer. Die Ethik-­Kommission muss sorgfältig den Nutzen dieser Studie gegen ein mögliches Risiko für die teilnehmenden Erkrankten abwägen. Sie überprüft auch, ob die medizinischen Einrichtungen, an denen die Studie durchgeführt werden soll, dafür geeignet sind und ihr ärztliches Personal über die nötigen Qualifikationen und Erfah­rungen für die Studie verfügt. Sie kontrolliert zudem, ob die Texte zur Auf­klärung über die Studie und zur schriftlichen Einwilligung in die Teilnahme verständlich und vollständig sind. Erst, wenn das alles erfüllt ist, gibt die
Ethik-­Kommission ihr Einverständnis.

Sie sehen: Ehe Sie überhaupt gefragt werden konnten, ob Sie teilnehmen wollen, wurde die geplante Studie schon doppelt geprüft und schließlich für medizinisch wie ethisch einwandfrei befunden.

Während die klinische Studie läuft, werden die Behörden und die Ethik­-Kommission über den Fortgang der Studie informiert. Treten z. B. bei einigen Teilnehmenden ernste Nebenwirkungen auf oder wird es erforderlich, den Prüfplan zu ändern, entscheiden sie unverzüglich, was getan werden soll. Falls nötig können sie verfügen, dass eine klinische Studie abgebrochen wird. In anderen Fällen entscheiden sie, dass alle, die teilnehmen, über die Ereignisse informiert werden. Dann können Sie für sich entscheiden, ob Sie weiter mitmachen oder – wie auch sonst jederzeit möglich – Ihre Teil­nahme beenden.

Das Arzneimittelgesetz schreibt dem Auftraggeber einer klinischen Studie vor, eine Patientenversicherung abzuschließen. Damit soll eine Entschädi­gung gesichert werden, falls jemand während der Studie oder in der Nachbeobachtungszeit trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine gesundheitliche Schädigung erleidet, die auf die Studie zurückzuführen ist. So etwas kommt äußerst selten vor, kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Über Einzelheiten wie die Höhe der Versicherungssumme und die Ansprechpartner informiert Sie gerne Ihre Ärztin oder Ihr Arzt.

Warum in einer Studie nicht alle gleich behandelt werden

Am Ende einer Studie soll klar sein, welchen Beitrag zur Linderung oder Hei­lung das zu prüfende Medikament tatsächlich geleistet hat – und dass dafür nicht allein die Ärzt:innen, die Pflegekräfte oder die Selbstheilungs­kräfte des Körpers verantwortlich waren. Dafür ist es nötig, nicht alle Teil­nehmenden gleich zu behandeln.

Zur besseren Ansicht: Oben abgebildetes Schaubild zum Download.

Bei einer sogenannten zweiarmigen Studie werden die Teilnehmenden in zwei Behandlungsgruppen aufgeteilt. Wer zur einen Gruppe gehört, erhält das neue Medikament, wer zur anderen gehört, eine bewährte Behandlung. Am Schluss werden die Ergebnisse verglichen. Manchmal werden sogar drei oder mehr Behandlungen verglichen. Fast alle Studien sind zwei­- oder mehrarmig.

Wird die Studie randomisiert, wird ausgelost, wer in welche Behandlungs­gruppe kommt. Durch diese zufällige Verteilung soll sichergestellt werden, dass nicht etwa alle „gesünderen“ in einer Gruppe und alle „kränkeren“ in der anderen Gruppe sind.

Vielleicht kennen Sie das Sprichwort: „Der Glaube versetzt Berge“. Auch bei Medikamenten gibt es diesen Effekt: Glaubt man an die gute Wirkung eines Medikaments, wirkt es besser; traut man ihm nicht, wirkt es schlechter. Damit solche Erwartungshaltungen nicht das Studienergebnis verändern, erfahren die eilnehmer bei einer verblindeten Studie nicht, welcher Gruppe sie angehören, ob sie also das neue Medikament erhalten oder die Vergleichsbehandlung.

Erst nach Abschluss der Studie werden sie darüber auf Anfrage informiert. Eine Verblindung wäre natürlich leicht zu durchschauen, wenn Erkrankte in verschiedenen Behandlungsgruppen unterschiedlich aussehende oder unterschiedlich viele Medikamente bekämen. Deshalb wird in verblindeten Studien dafür gesorgt, dass alle gleich viele und gleich aussehende Medikamente einnehmen. Manchmal werden für die Vergleichsgruppe(n) Scheinmedikamente ohne Wirkstoff hergestellt, sogenannte Placebos; beispielsweise dann, wenn es noch kein bewährtes Medikament gegen die Krankheit gibt.

Auch Ärzt:innen und Pflegekräfte können unbewusst Einfluss auf das Studienergebnis nehmen. Beispielsweise könnten sie sich um alle, die mit dem neuen Medikament behandelt werden, intensiver kümmern als um die anderen. Um das auszuschließen, werden Studien meist sogar doppelt verblindet. Das bedeutet, dass während der Studie überhaupt niemand in den mitwirkenden Kliniken oder Arztpraxen weiß, wer zu welcher Behandlungsgruppe gehört. Jeder Teilnehmende bekommt eine Codenummer und wird während der Studie stets mit den Medikamenten behandelt, die diese Codenummer tragen; diese Nummer wird auch in die Krankenakte geschrieben. Erst bei der Studienauswertung wird aufgedeckt, wer zu welcher Gruppe gehörte.

Alle diese Möglichkeiten lassen sich kombinieren. So sind viele Studien mehrarmige, randomisierte Doppelblindstudien.

So laufen klinische Studien ab

Eine Studienteilnahme läuft grundsätzlich immer nach dem gleichen Muster ab.

Wenn Sie sich für eine Teilnahme interessieren, erhalten Sie zunächst die Patienteninformationsschrift. Diese erläutert ausführlich das Ziel und den vorgesehenen Ablauf der Studie. Sie spricht die Vorteile und Risiken an, die mit der Teilnahme verbunden sind; ebenso vorhersehbare Unannehm­lichkeiten und Nebenwirkungen. Sie erklärt auch, wie man die Krankheit behandeln kann, wenn Sie nicht an der Studie mitwirken. Der Versicherungsschutz, der Datenschutz und viele weitere Punkte werden ebenfalls behandelt.

Während Sie die Informationsschrift lesen, sollten Sie sich Ihre Fragen notieren. Die beantwortet Ihnen anschließend eine Ärztin oder ein Arzt in einem Gespräch über die Studie. Wenn Sie möchten, kann auch eine Person Ihres Vertrauens zu diesem Gespräch dazu kommen.

Nach dem Gespräch haben Sie Zeit, Ihre Entscheidung für oder gegen die Teilnahme zu treffen. Dies können Sie auch mit Angehörigen, Freund:innen oder anderen Personen besprechen.

Haben Sie sich zur Teilnahme entschlossen, bestätigen Sie mit der Einwilligungserklärung schriftlich, dass Sie ausreichend über die Studie sowie die Verwendung Ihrer persönlichen Daten informiert wurden und freiwillig teilnehmen. Zugleich legen Sie damit die Ärzt:innen darauf fest, wie sie Sie im Rahmen der Studie behandeln dürfen und wie nicht. Die Einwilligungserklärung dient also der Wahrung Ihrer Rechte. Die Einwilligung können Sie übrigens jederzeit und ohne Begründung wieder zurückziehen.

Mit der Einschlussuntersuchung wird sodann überprüft, ob Sie wirklich teil­nehmen können. Insbesondere wird untersucht, ob Sie tatsächlich genau an der Erkrankung leiden, um die es in der Studie geht, und ob Sie nicht an einer weiteren Erkrankung leiden, die gegen Ihre Teilnahme spricht. Gegebenen­falls wird auch ein Schwangerschaftstest durchgeführt. Das alles dient dazu, das Risiko für Sie möglichst gering zu halten und zugleich sicherzustellen, dass die Studie verwertbare Ergebnisse erbringt.

Dann beginnt Ihre Teilnahme an der Studie. Oft werden Sie gebeten, in ein Patiententagebuch einzutragen, wann Sie die Medikamente eingenommen haben und ob es anschließend körperliche Reaktionen gab. Damit Ihre Teil­nahme in Zukunft zu einer besseren Behandlung vieler Patient:innen beiträgt, ist es sehr wichtig, dass Sie alle Anweisungen befolgen.

Im Verlauf der Studie werden Sie in vorgesehenen Abständen untersucht; meist häufiger und genauer als bei einer normalen Behandlung. Mit diesen Kontrolluntersuchungen wird vor allem überprüft, ob Ihnen die Behandlung gut tut. Sie helfen aber auch, Ihre Behandlung insgesamt zu verbessern. Nur wenn die Anwendung der Medikamente insgesamt zufriedenstellend verläuft, werden Sie bis zum vorgesehenen Studienende weiter damit behandelt.

Treten bei Ihnen im Verlauf der Studie Reaktionen wie Kopfweh, Unwohlsein oder etwas anderes Unangenehmes auf, dann hören Sie nicht einfach auf, die Medikamente einzunehmen. Wenden Sie sich stattdessen unbedingt an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt. Die können sagen, ob es sich um Nebenwirkungen der Behandlung handeln kann oder ob Ihre Beobachtung eher mit dem Krankheitsverlauf oder anderen Lebensumständen zusammenhängt. Könnten tatsächlich die Medikamente die Ursache für eine schwerwiegende Nebenwir­kung sein, müssen Sie gemeinsam beraten, ob Sie die Studienteilnahme beenden. Übrigens erfahren Sie es auch, wenn bei einer anderen Teilnehmerin oder einem anderen Teilnehmer eine schwerwiegende Nebenwirkung aufgetreten ist, auch wenn Sie selbst die Behandlung gut vertragen haben.

Sie können aber auch alleine entscheiden, dass es besser ist, nicht länger an der Studie teilzunehmen. Dann können Sie Ihre Einwilligung ohne Angabe von Gründen widerrufen. Ihnen darf aus dem Studienabbruch kein Nachteil entstehen. Wichtig ist, dass Sie das Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sofort sagen und nicht einfach aufhören, die Medikamente einzunehmen. Diese dürfen Ihrer Entscheidung nicht widersprechen und müssen Sie nun wieder bestmöglich mit herkömmlichen Medikamenten behandeln – dazu müssen sie aber informiert sein! Wichtig: Sie sollten in jedem Fall an einer Abschluss­untersuchung teilnehmen. Denn dann bleibt Ihr Versicherungsschutz aus der Studienteilnahme gewahrt.

Die Abschlussuntersuchung findet in jedem Fall nach der letzten Behandlung statt: Ihre gesundheitliche Verfassung wird genau erfasst und mit den Aufzeichnungen von der Eingangsuntersuchung verglichen.

Abbruch oder Änderung einer klinischen Studie

Es kommt vor, dass Studien eher beendet werden als vorgesehen. Das kann unterschiedliche Gründe haben:

  • Das zu untersuchende Medikament hat frühzeitig eine überragende Wirksamkeit gezeigt.
  • Es kam zu schwerwiegenden Nebenwirkungen bei einigen Teilnehmenden, vor denen andere bewahrt werden sollen.
  • Schon während der Studie zeigte sich, dass das untersuchte Medikament weniger wirksam ist als die Vergleichsbehandlung.

Manchmal ist die Studie dann komplett beendet, manchmal kann sie noch in veränderter Form weitergeführt werden. Im dem Fall, dass sich das neue Medikament so überaus gut bewährt hat, wird manchmal allen Teil­nehmenden angeboten, die Behandlung mit dem neuem Medikament fortzuführen.

Sie werden in jedem Fall darüber informiert. Sollten Sie Interesse an einer weiteren Teilnahme an der geänderten Studie haben, wiederholt sich der beschriebene Ablauf mit ausführlicher Information, Einwilligung, Einschlussuntersuchung und so fort.

Studien mit besonders schutzbedürftigen Personen

Bei Studien mit kranken Minderjährigen wird in besonderem Maße darauf geachtet, dass die Belastung durch die Behandlung und die Untersuchungen so gering wie möglich ausfällt. Ist ein Kind alt genug und in der Lage zu verstehen, was eine klinische Studie ist und was konkret in der in Betracht kommenden Studie geplant ist, muss es vor der Teilnahme einer Ärztin oder einem Arzt in altersgerechter Weise aufgeklärt werden; anschließend muss es wie seine beiden Eltern (wenn beide das Sorgerecht haben) die Einwilligung zur Teilnahme geben. Willigt es nicht ein, dürfen das weder Eltern noch Ärzte übergehen. Mehr darüber steht in der vfa­-Broschüre „Kinder und Jugendliche in klinischen Studien“, die kostenfrei unter www.vfa.de/publikationen bestellt oder herunter­geladen werden kann.

Gesunde Minderjährige dürfen nicht an klinischen Studien teilnehmen, es sei denn, es geht um ein Mittel zur Vorbeugung oder Diagnose, das ihnen direkt nützt, etwa um eine Schutzimpfung.

Bei erwachsenen Kranken, die beispielsweise wegen Demenz oder Bewusstlosigkeit nicht für sich selbst entscheiden können, muss ihr gesetzlicher Vertreter – nach Aufklärung über die Studie – die Einwilligung zur Teilnahme geben. Die Teilnahme kommt nur in Betracht zur Erprobung von Medikamenten, die der Behandlung der Krankheit des oder der Betroffenen dienen.

Datenschutz

Über Ihre Behandlung in der Studie wird eine Akte angelegt. Darin steht ganz genau, wie Sie behandelt wurden; und es werden alle Ergebnisse der Eingangs-­, Zwischen­- und Abschlussuntersuchungen eingetragen. Ein Teil der Daten aus dieser Akte muss für die Studienauswertung weitergegeben wer­den. Dies erfolgt stets so, dass der Patientenname durch einen Codenamen (ein Pseudonym) ersetzt wird – man spricht dann von „pseudonymisierten Daten“. Damit wird sichergestellt, dass niemand, der die Daten erhält, erkennen kann, von welcher Person sie stammen.

Für die Aufbewahrung der Daten gelten strenge Datenschutzbestimmungen.
Alle an der Studie beteiligten Personen sowie die Behörden unterliegen – wie das medizinische Personal – der Schweigepflicht. Die Daten bleiben somit geschützt.

So werden Studien veröffentlicht

Die Studiendaten von allen, die teilgenommen haben, werden zusammen ausgewertet. Die Fachleute, die das machen, können nicht erkennen, von wem die Daten stammen. Sie sehen nur, welche Daten von solchen Personen stammen, die das zu untersuchende Medikament erhalten haben, und welche Daten von Personen aus der Vergleichsgruppe kommen.

Bei der Auswertung zeigt sich, ob die verglichenen Behandlungen im Schnitt gleichwertig waren oder eine davon ein besseres Ergebnis erzielt hat. Auch sieht man, ob bestimmte Nebenwirkungen bei der einen Behandlung häufiger oder stärker auftraten als bei der anderen.

Forschende Pharma­-Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, die Ergebnisse aller ihrer seit 2004 begonnenen Patientenstudien zu veröffentlichen, wenn daran Kliniken oder Arztpraxen in der EU mitgewirkt haben (im Falle von Studien mit Kindern oder Jugendlichen auch solche, die komplett außerhalb der EU stattfanden) – unter www.clinicaltrialsregister.eu oder euclinicaltrials.eu. Oft werden die Ergebnisse zusätzlich in einem ausführlicheren Artikel in einer medizinischen Zeitschrift veröffentlicht. Die Daten einzelner Patientinnen und Patienten kommen in all diesen Veröffentlichungen nicht vor. Also kann auch niemand lesen, wie Ihre Behandlung verlief.

Wenn Sie das Ergebnis Ihrer Studie inte­ressiert, wenden Sie sich am besten an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt aus der Studie.
Allerdings dauert es in der Regel viele Monate, bis die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht sind; manchmal sogar Jahre.

Genetische Begleituntersuchungen

Jeder Mensch ist einzigartig – auch wenn es darum geht, ob ein Medikament bei ihm wirkt und ob er es verträgt. Vieles hat einen Einfluss darauf, bei­spielsweise wie jemand lebt oder wie funktionstüchtig Leber und Nieren sind. Aber auch die Erbanlagen – die Gene – spielen eine Rolle.

„Pharmakogenetik“ heißt die wissenschaftliche Disziplin, die untersucht, wie Erbanlagen die Reaktion auf bestimmte Arzneimittel beeinflussen. Pharmakogenetische Analysen – oft auch einfach genetische Analysen genannt – sind heutzutage ein Bestandteil vieler klinischer Studien. Natürlich wird man Ihnen sagen, ob das auch für die Studie gilt, für die Sie sich inte­ressieren.

Gene sind wie eine Bedienungsanleitung, in der jede Zelle ständig nachliest, wann und wie sie verschiedene Proteine (auch Eiweiße genannt) herstellen soll. Die menschliche Erbinformation besteht aus einer Abfolge von circa drei Milliarden Bausteinen, die in wissenschaftlichen Texten mit den Buchstaben A,C,G und T dargestellt werden. Über 99,9 Prozent der Erbinformation sind bei allen Menschen gleich; das heißt aber, dass wir uns dennoch an ungefähr 3 Millionen Stellen in der Erbinformation von anderen Menschen unterschei­den können. Unterschiede in einem Gen führen zu Unterschieden bei einem Protein. Und das wiederum führt zu einem Unterschied im Körperbau, in einem Lebensvorgang oder auch bei der Reaktion auf ein bestimmtes Arzneimittel. Manchmal genügt schon eine Abweichung in nur einem ein­zigen Buchstaben für einen wesentlichen Unterschied.

Gene beeinflussen die Wirksamkeit und Verträglichkeit

Betrachten wir als Beispiel das Gen für ein Protein mit dem Namen „Cyto­chrom P450 2D6“, kurz CYP2D6. Dieses Gen kommt in der Menschheit in rund 70 Varianten vor, von denen mindestens 16 dazu führen, dass das entsprechende Protein überhaupt nicht oder nicht funktionstüchtig gebildet wird (siehe Abbildung S. 24). Ausgerechnet dieses Protein spielt aber eine Schlüsselrolle dabei, etliche Arzneimittel­-Wirkstoffe im Körper abzubauen und auszuscheiden.

Wer über Gene verfügt, mit denen das CYP2D6-­Protein nicht gebildet werden kann, behält die Wirkstoffe lange im Körper, bis sie wieder abgebaut und ausgeschieden sind. Die Wirkstoffmengen aus mehreren Medikamenteneinnahmen sammeln sich im Körper an, und das kann zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Für Europäer liegt die Wahrscheinlichkeit für eine solche Variation im Erbgut bei 5 bis 10 Prozent.

Umgekehrt läuft der Wirkstoffabbau durch CYP2D6 bei rund 3 Prozent aller Europäer besonders schnell, denn eine Besonderheit in ihrem Erbgut sorgt dafür, dass sie besonders viel CYP2D6­-Protein bilden. Eine normale Medika­mentendosis wird dann so schnell abgebaut, dass der Wirkstoff keine oder nur geringe Wirkung entfalten kann.

Gehört ein Medikament zu denen, die CYP2D6 abbaut, kann noch vor der Verordnung mit Hilfe einer Unter­suchung der CYP2D6-­Gene festgestellt werden, ob der oder die Erkrankte das Medikament in normaler Dosis, in erhöhter Dosis oder aber lieber gar nicht bekommen sollte. Im letzten Fall würde ein anderes Medikament verordnet.

Auch Krebszellen haben Veränderungen in den Buchstaben ihrer Gene – Fachleute sprechen von Mutationen. Viele Krebsmedikamente wirken nur, wenn bei den Krebszellen eine ganz bestimmte Mutation eingetreten ist. Andere wirken nur solange, wie eine bestimmte Mutation noch nicht ein­getreten ist; tritt diese irgendwann doch noch auf, verlieren die Mittel ihre Wirkung. Deshalb ist es oft nötig, bestimmte Gene in den Tumorzellen einer Patientin oder eines Patienten zu untersuchen, ehe das geeignete Medika­ment ausgewählt werden kann.

Um einen solchen Test zu entwickeln, muss man aber erst einmal die Gene finden, von denen es abhängt, ob sich ein Medikament im Einzelfall einsetzen lässt oder nicht. Genau dazu können genetische Begleituntersuchungen bei Studien dienen. In anderen Fällen soll mit ihnen herausgefunden werden, ob bestimmte Gene eine Rolle dabei spielen, dass jemand für eine bestimmte Krankheit anfällig ist oder dafür, dass bei ihm oder ihr eine Krankheit anders verläuft als bei den meisten anderen Erkrankten.

Die Untersuchungen werden in der Regel an ohnehin erforder­lichen Blutproben durchgeführt, oder im Fall von Krebs an einigen Zellen aus dem Tumor.

Einwilligung nötig

Sie werden ausdrücklich darüber informiert, wenn bei Ihrer Studie eine genetische Begleitunter­suchung vorgesehen ist. Bei manchen Studien können Sie dann wählen, ob Sie an der Studie mit oder ohne diese Begleituntersuchungen teilnehmen wollen. Bei anderen Studien ist die Begleituntersuchung fester Bestandteil, und Sie Entscheiden zwischen einer Teilnahme und dem Verzicht darauf. Wichtig ist in jedem Fall: Niemand darf Gene von Ihnen untersuchen, ohne Ihre Einwilligung dazu zu haben!

Genutzt werden dürfen Ihre genetischen Daten auch nur zu den Forschungs­zwecken, denen Sie zugestimmt haben und nur von denjenigen, denen Sie das mit Ihrer Einwilligung gestattet haben. Auch hier haben Sie wieder das Recht, jederzeit Ihre Einwilligung zurückzunehmen.

Ablauf genetischer Untersuchungen

Wenn Sie mitmachen, dann wird auf dem Gefäß mit der Blut-­ oder Zellprobe nicht Ihr Name, sondern eine Nummer oder ein Strich­-Code angegeben. Für alle anderen außer Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sind Ihre genetischen Daten also anonym. Der übrige Teil Ihrer Studiendaten wird getrennt und unabhängig davon verschlüsselt. Auf die Vertraulichkeit und den Schutz der genetischen Daten wird, wie bei allen anderen klinischen Daten aus der Studie auch, streng geachtet.

Es kann für die Untersuchung erforderlich sein, genetische Daten mit ande­ren Studiendaten (z. B. Blutuntersuchungswerten, EKG­-Ergebnissen, dem Krankheitsverlauf) zu vergleichen. Das geschieht durch Fachleute, denen Ihre Daten ohne Namensangabe übermittelt wurden. Diese interessiert ohnehin nicht der Einzelfall, sondern nur, was sich aus der Betrachtung der Daten von Hunderten oder Tausenden von Teilnehmern ergibt.

Die Daten und Proben werden nach Abschluss der geplanten Analysen noch mindestens 15 Jahre lang gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Daten­schutzes sicher verwahrt. Danach kann die sichere Verwahrung fortgesetzt werden, oder die Daten und Proben werden vernichtet.

Die Studienergebnisse werden später ausschließlich in einer Form veröffentlicht, die keinen Rückschluss auf einzelne Personen zulässt.

Ansonsten haben nur noch die Arzneimittelbehörden das Recht, die Daten der Begleituntersuchungen anzusehen, wenn das der Sicherheit der Teil­nehmerinnen und
Teilnehmer oder der Qualität der zu entwickelnden Medikamente dient. Auch in diesem Fall gilt aber, dass sie die Einzeldaten streng vertraulich behandeln müssen.

Wer beantwortet weitere Fragen?

Dieser Text kann klinische Studien nur recht allgemein darstellen. Für weitere Fragen ist Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr Arzt der erste Ansprechpartner.
Dafür ein paar Empfehlungen:

  • Notieren Sie sich alle Fragen, die Sie nach dem Durchlesen der Patienten­information noch haben.
  • Stimmen Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem Arzt einen Gesprächs­termin ab, damit das Gespräch nicht zwischen Tür und Angel stattfindet.
  • Wenn Sie möchten, bringen Sie eine Person Ihres Vertrauens zu diesem Gespräch mit.
  • Nehmen Sie sich Papier und Stift mit, um beim Gespräch Informa­tionen zu notieren.
  • Falls Sie etwas nicht verstehen, fragen Sie sofort nach. Es ist Ihr Recht, alles verständlich erläutert zu bekommen!

Weitere Ansprechpartner finden Sie bei folgenden Einrichtungen:

  • dem Auftraggeber der Studie – welche Firma oder welche Forschungs­einrichtung das ist und wen Sie dort kontaktieren können, steht im Auf­klärungsschreiben zur Studie.
  • bei den für jedermann eingerichteten Kontaktstellen zu klinischen Studien beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) (Tel. 0228 207-­4318; ct@bfarm.de) und beim Paul­-Ehrlich­-Institut (PEI) (Tel. 06103 77 18 10; klinpruefung@pei.de).
  • bei Patientenorganisationen, die sich mit Ihrer Krankheit beschäftigen.
  • Eine Reihe davon sind bei www.nakos.de und www.vfa-patientenportal.de aufgelistet.

Merkblatt: Fragen, die Sie der Ärztin oder dem Arzt vielleicht stellen wollen

Was soll bei der Studie herausgefunden werden?

Wie aufwendig ist für mich die Teilnahme?

Welche Vorteile, welche Nachteile kann mir die Studienteilnahme bringen?

Woran merke ich, dass das Medikament, das in der Studie erprobt wird, bei mir wirksam ist?

Wie hat das Medikament in früheren klinischen Studien abgeschnitten?

Welche Nebenwirkungen sind bei dem Medikament bereits bekannt?

Wer wird mich während der Studie betreuen?
Wen kann ich im Notfall oder bei Fragen anrufen?

Welche Einschränkungen muss ich zu Beginn oder während der klinischen Studie hinnehmen (z. B. keine Schwangerschaft, kein Alkohol)?

Wie kann ich nach der Studie weiterbehandelt werden?
Kann ich mit dem gleichen Medikament weiterbehandelt werden?

Muss ich nach Abschluss meiner Behandlung noch ein paar Mal zu Nachuntersuchungen zum Arzt kommen?

Was geschieht mit meinen persönlichen Daten?
Wer kann sie sehen, wer nicht?

Kann ich später die Ergebnisse der Studie bekommen und (wenn die Studie verblindet war) erfahren, mit welchem Medikament ich behandelt wurde?