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Deutschland verliert bei klinischen Studien weiter an Boden

Seit Jahren gibt es einen Trend zu immer weniger klinischen Arzneimittelstudien in Deutschland, die von Pharmaunternehmen veranlasst wurden. 2023 waren es noch einmal weniger als zuvor. Das Medizinforschungsgesetz soll das ändern.

Ärztin spricht mit Patient und hält ein Tablet in der Hand.

War Deutschland im Jahr 2016 mit dem Start von 641 von Pharmafirmen veranlassten klinischen Studien noch weltweite Nummer 2 nach den USA, steht es 2023 Clinicaltrials.gov zufolge mit 519 solchen Studien hinter den USA, China und Spanien und nur knapp vor UK und Kanada. Damit zeigt sich Deutschland zwar weiterhin als Land, das für forschende Pharma-Unternehmen einen hohen Stellenwert als Studienstandort hat; doch insgesamt sinkt seine Bedeutung.

Wie die Ländervergleichsgrafik zeigt, ist die Bedeutung von Ländern wie Kanada, Australien und Südkorea für das internationale Studiengeschehen von 2022 auf 2023 weiter gewachsen. In den meisten EU-Ländern hingegen wurden 2023 von Unternehmen weniger klinische Studien initiiert als im Jahr davor – auch im studienstärksten EU-Land Spanien. Das dürfte nicht zuletzt mit den weiterhin nicht behobenen Problemen mit dem zentralen EU-Studienportal CTIS zusammenhängen, bei dem die Studienanträge eingereicht werden müssen. Viele Anwender berichten schon seit längerem von massiven Problemen damit, die nur durch personalintensive Workarounds überwunden werden können.

Deutschland hat es gegen diesen Trend immerhin geschafft, das Niveau von 2022 (524 Studien) annährend zu halten (519 Studien im Jahr 2023). Dass Deutschland dabei aber sein Potenzial für die Durchführung klinischer Studien definitiv nicht ausschöpft, zeigt folgende Grafik zum Anteil der Studienteilnehmer:innen an der Gesamtbevölkerung in Ländern Europas im Jahr 2021 (hier sind auch von akademischen Einrichtungen veranlasste Studien berücksichtigt). Deutschland belegt hier einen der hinteren Plätze.



Wo Studien von Pharma-Unternehmen in Deutschland durchgeführt werden

Die folgende Grafik zeigt die 30 deutschen Städte, in denen 2022 laut Clinicaltrials.gov die meisten von Unternehmen veranlassten klinischen Studien durchgeführt wurden (eine Auswertung für 2023 folgt im Dezember 2024).

Statische Standortkarte Mitwirkung an klinischen Studien

Die Grafik lässt sich auch als pdf herunterladen.


Berlin führt mit Abstand die Reihe der studienstarken Städte an. Anders als in einigen Nachbarländern konzentriert sich das Studien-Engagement nicht auf wenige Städte; vielmehr sind medizininische Einrichtungen in weiten Teilen der Republik beteiligt. Das hilft den Interessierten, weil sie wohnortnäher Angebote zur Beteiligung finden. Die Organisation der Studien wird allerdings nicht einfacher, wenn sich die Teilnehmenden auf viele Einrichtungen verteilen, statt in wenigen großen Kliniken behandelt zu werden. Hier könnte es helfen, wenn sich Kliniken für Studien zu Netzwerken zusammenschließen, die organisatorisch als ein mitwirkender Partner agieren.

Die Verteilung auf verschiedene Krankheitsgebiete

Zur Verteilung der von Unternehmen in Deutschland veranlassten klinischen Studien auf die verschiedenen Krankheitsgebiete liegen Ergebnisse für das Jahr 2022 vor; auch sie beruhen auf einer Auswertung von Clinicaltrials.gov. Die höchste Zahl von Studien entfiel in diesem Jahr (wie schon in etlichen vorangegangenen) auf die Therapien verschiedener Krebserkrankungen. Mit weitem Abstand folgt das Therapiegebiet der immunologischen Krankheiten, zu dem sowohl allergische Erkrankungen wie auch Autoimmunkrankheiten gehören. Die weitere Aufteilung ist dem nachfolgenden Diagramm zu entnehmen. 11 der 2022 begonnenen Studien betrafen Covid-19-Infektionen oder durch diese verursachte medizinische Komplikationen.