#MacroScopePharma 10/23
Der Economic Policy Brief des vfa
Herbstprognose: Aufschwung unter erheblichen Risiken
Die Weltwirtschaft überwindet die Nachwirkungen der Pandemie und der Energiekrise. Deutschland hat dagegen Schwierigkeiten, nicht zuletzt, weil die energieintensive Industrie hierzulande von der Gasknappheit härter getroffen war. Deutsche Exporte leiden besonders unter der weltweiten Investitionsflaute. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Zentralbanken entschlossener als in der Vergangenheit die Zinsen angehoben hatten. Deswegen bleibt das Risiko, dass die dämpfenden Effekte tiefgreifender ausfallen als allgemein erwartet. Hinzu kommt, dass die Probleme der chinesischen Wirtschaft die deutschen Exporteure vergleichsweise hart treffen. Die wieder steigende Kaufkraft der Verbraucher:innen hingegen stützt im kommenden Jahr die deutsche Konjunktur.Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist angespannt. Sowohl die konjunkturellen Aussichten als auch die mittelfristigen Wachstumsperspektiven sind trüb. Vor allem bei den Perspektiven muss die Wirtschaftspolitik ansetzten. Sicher eine große Aufgabe, bei der sie sich nicht von kurzfristigen Erwägungen ablenken lassen sollte: Der Umbau der wirtschaftlichen Struktur, des Kapitalstocks und die notwendige Steigerung der Produktivität sind angesichts zunehmend feindlicher Konkurrenz im Bereich von Technologien und bei Rohstoffen immer dringlicher. Die schwierige konjunkturelle Lage Deutschlands erschwert dies zusätzlich, zumal andere Wirtschafts- räume geringere Probleme haben.
Weltwirtschaft übersteht Inflationsschock weitgehend unbeschadet
Die Weltwirtschaft ist überraschend stabil durch die Krisen der vergangenen Jahre gekommen. Die Zinsanhebungen der Zentralbanken führen die hohen Inflationsraten bislang ohne allzu große realwirtschaftliche Kosten langsam zurück. Vor allem die Investitionen – und dort insbesondere die stark auf die gestiegenen Zinsen reagierenden Bauinvestitionen – haben die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamt. Auf die Arbeitsmärkte in fortgeschrittenen Volkswirtschaften hat sich dies jedoch kaum ausgewirkt, Beschäftigung und Löhne steigen spürbar – auch vor dem Hintergrund zunehmender Knappheiten auf dem Arbeitsmarkt im Zuge des nun einsetzenden demografischen Wandels in vielen Ländern.
Während die US-Wirtschaft kräftig und besser als bislang erwartet zulegt, entwickelt sich diese im Euroraum vergleichsweise schwach. Das gilt vor allem für die deutsche Wirtschaft. Die Energiekrise hat zu höheren Energiepreisen und schärferen real- wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Mit gesunkenen Energiepreisen und einer bevorstehenden zinspolitischen Wende dürfte die Konjunktur auch hier etwas Fahrt aufnehmen. Die meisten Schwellenländer haben sich ebenfalls robust entwickelt. Lediglich die chinesische Wirtschaft schwächelt. Dies liegt an strukturellen und somit langwierigen Problemen im dortigen Immobiliensektor und birgt das Risiko noch höherer Nachfrageeinbußen als sie sich ohnehin schon abzeichnen.
Deutschland schüttelt Krisen allmählich ab
Deutschland steckt als einziges Industrieland in einer Rezession. Dies liegt am produzierenden Gewerbe, das in besonderem Maße von der Energiekrise, hohen Zinsen und der globalen Investitionsflaute betroffen ist.
Da die Zentralbanken weltweit ihre Zinsen wohl in absehbarer Zeit senken, zumindest aber nicht weiter erhöhen werden und die Auftragsbücher in vielen Branchen noch gut gefüllt sind, basiert die vorliegende Prognose auf einem optimistischen Szenario. Die Industrie nimmt danach im kommenden Jahr rasch Fahrt auf (Tabelle 1)(1)
. Aktuelle Indikatoren deuten auf eine in diesem Jahr zunächst weiter schwache Entwicklung hin: Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im dritten Quartal deutlich geschrumpft (Abbildung 1) und auch für den Jahresdurchschnitt ergibt sich ein Rückgang um 0,7 Prozent.
Die hohe Inflation kühlt mit den – zumindest im Vergleich zum vergangenen Jahr – deutlich geringeren Energiepreisen merklich ab. Die Inflationsrate beträgt in diesem Jahr voraussichtlich noch 6,1 Prozent (Tabelle 2), sinkt aber bereits im kommenden Jahr auf 2,6 Prozent. Bei gleichzeitig kräftig wachsenden Löhnen kehrt die Kaufkraft der Verbraucherinnen und Verbraucher zurück. Mit anziehendem Konsum und einem schwungvolleren Welthandel kommen die Triebfedern der deutschen Wirtschaft wieder in Gang und führen im kommenden Jahr voraussichtlich zu einem Wachstum von 1,2 Prozent.
Die positiven Effekte des Wachstumschancengesetzes sind dabei berücksichtigt. Sie fallen aber kaum ins Gewicht: Sie heben das Wachstum im kommenden Jahr um knapp 0,1 Prozentpunkte an, wie die Simu- lation der Maßnahmen in der vergangenen Ausgabe(2)
aufgezeigt hat.
Industrie zehrt von nach wie vor gut gefüllten Auftragsbüchern
Derzeit lasten mehrere Faktoren auf der heimischen Industrie – sie betreffen indes die Branchen unterschiedlich.
Die hohen Preise für Energie, insbesondere Erdgas, haben Teile der energieintensiven Produktion weniger rentabel gemacht. Sie wurde deshalb seit Beginn des Ukrainekrieges massiv heruntergefahren – zuletzt lag sie rund 16 Prozent unter dem Niveau des Jahresbeginns 2022.
Weltweite Verwerfungen durch die Corona-Pandemie haben die Lieferketten nachhaltig gestört(3)
und fehlende Vorleistungen haben vielfach zu Produktionsunterbrechungen geführt. Die Automobilindustrie gehörte zu den hiervon am stärksten betroffenen Branchen (vgl. MacroScope Facts). Diese Probleme lösen sich nun weiter auf. Die Branche ist zudem einem Umbruch in der Antriebstechnologie ausgesetzt, der bereits vor der Pandemie die heimische Fertigung gedämpft hatte.
Als Exportnation mit starker Spezialisierung bei hochwertigen Investitionsgütern ist die deutsche Industrie einer weltweit schwächeren Investitionsgüternachfrage besonders stark ausgesetzt. Dies ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass die Zentralbanken die Leitzinsen weltweit in großer Geschwindigkeit erhöht haben. Dies dürfte die Investitionen global bis in
das kommende Jahr hinein erheblich belasten und trifft vor allen Dingen die Investitionsgüterhersteller Deutschlands stark.
Ein weiterer gravierender Hemmschuh für die Nach- frage nach deutschen Produkten dürfte die schwache chinesische Konjunktur sein. Gerade für Investitionsgüter ist China zu einem der bedeutendsten Absatz- märkte geworden. Die dortigen Probleme schlagen deshalb auch und gerade hierzulande spürbar auf – nicht zuletzt im Maschinenbau, aber auch in der Automobilindustrie, für die China einer der wichtigsten Märkte ist: jeweils ein knappes Zehntel der jeweiligen Exporte gehen dorthin.
Die energieintensiven Branchen dürften ihre Talfahrt wegen der Normalisierung auf den Energiemärkten beendet haben, vor allem weil sich mit der chemischen Industrie der größte dieser fünf Industriezweige stabilisieren dürfte. Zuletzt legte deren Produktion um knapp ein Prozent zu, in der chemischen Industrie – wie auch in der Metallerzeugung – gab es gar einen Zuwachs von knapp zwei Prozent. Sowohl die Auftragseingänge als auch das ifo-Geschäftsklima und dessen wichtigste Komponenten sind gestiegen – mehrheitlich erwarten die Unternehmen nun wieder eine steigende Produktion für die kommenden Monate. Unterstellt wird, dass diese im kommenden Jahr schrittweise hochgefahren wird, wegen der dauerhaft höheren Gaspreise aber dennoch nur auf ein Niveau, das rund ein Zehntel geringer ausfällt als vor der Energiekrise (Abbildung 2).
Mit der bevorstehenden Zinswende(4) dürfte sich die Investitionstätigkeit weltweit beleben und die deutschen Ausfuhren nach und nach ankurbeln. Ein Risiko ist indes, dass die Zinssenkungen später oder verhaltener ausfallen und entsprechend erst später bzw. in geringerem Ausmaß in Nachfrageimpulse münden oder gar die restriktivere geldpolitische Marschrichtung seit vergangenem Sommer noch länger belastet. Im dritten Quartal dürfte der Maschinenbau indes hart von der Nachfrageflaute getroffen gewesen sein – die Produktion lag im Juli/August (aktuellere Zahlen liegen erst kommenden Monat vor) um 2,3 Prozent niedriger als im Vorquartal und sowohl die Auftragseingänge als auch die Ergebnisse des ifo-Konjunkturtests sprechen für weitere Rückgänge. Auch die Ausfuhren von Maschinen lagen in realer Rechnung niedriger als ein Jahr zuvor – im Durchschnitt von Juli/August sogar um 5,7 Prozent. Erst ab dem Jahreswechsel dürfte es im Maschinen- bau allmählich aufwärts gehen.
Die Engpässe in den Lieferketten der Automobilindustrie haben sich zu einem guten Teil abgebaut(5)
, völlig austariert ist die Situation aber noch immer nicht. Zuletzt dürfte auch das Hochwasser in Slowenien die Lieferungen wichtiger Vorleistungsgüter behindert haben. Auch deswegen könnte der Einbruch der Kfz-Produktion im Juli, der maßgeblich den unüblich frühen Werksferien(6)
geschuldet sein dürfte, im August nur zum Teil aufgeholt werden. Unterm Strich dürfte die Kfz-Produktion im dritten Quartal um mehr als vier Prozent eingebrochen sein. Durch das kräftige Produktionsplus im August und weil die Produktion – ausweislich der wieder deutlich positiven ifo-Produktionserwartungen – zunächst weiter zulegen dürfte, ergibt sich für das laufende Quartal ein merklicher Schub um knapp fünf Prozent. Damit liegt die Produktion zum Jahreswechsel spürbar über dem abflachenden Trend, den die Branche 2018 eingeschlagen hatte. Die Auftragsbestände sind aber nach wie vor groß, so dass die Aktivität auf diesem hohem Niveau bis in das kommende Jahr gehalten werden dürfte. Gegen weitere Zuwächse spricht auch, dass die neu verzeichneten Aufträge seit geraumer Zeit rückläufig sind und nicht zuletzt die Schwäche der chinesischen Wirtschaft die Exporte bremst.
Die Produktion der Pharmaindustrie steigt im Verlauf verhalten, wie im Folgenden weiter ausgeführt wird (vgl. Abbildung 3, oben). Zusammen machen die hier betrachteten Wirtschaftszweige über die Hälfte der Industrieproduktion bzw. der industriellen Wertschöpfung aus (57 bzw. 54 Prozent).
Alles in allem ist die Produktion im verarbeitenden Gewerbe im dritten Quartal voraussichtlich deutlich zurückgegangen, wird aber wohl bereits im Schlussquartal 2023 wieder ausgeweitet (hervorgehobene Linie in Abbildung 2) – bis Mitte des Jahres 2024 gar mit leicht zunehmenden Raten. Für die Wertschöpfung ergeben sich vergleichbare Raten (vgl. Tabelle 1).
Für die Bauwirtschaft, die nicht nur unter hohen Vorleistungskosten leidet, sondern auch unter den hohen Zinsen und der im Zuge dessen weggebrochenen Immobiliennachfrage, zeichnen sich bis ins kommende Jahr Rückgänge bei der Wertschöpfung ab.
In den vergangenen Quartalen hatte die hohe Inflation die Kaufkraft beschnitten, parallel dazu brach die Wertschöpfung im Handel ein. Jüngst gab diese auch im Gastgewerbe deutlich nach. Hier hat sich die Stimmung unter den Unternehmen zuletzt eingetrübt. Im Handel ist das Bild gemischt: So gaben die Einzelhandelsumsätze im August deutlich nach, die Großhandels- und vor allem die Kfz-Umsätze stiegen dagegen. Für die beiden Letzteren liegen aber nur Zahlen bis Juli vor und auch hier bleibt die Stimmung trüb. Impulse vom privaten Konsum schieben die Aktivität in diesen Bereichen erst nach und nach an. Insgesamt ergeben sich für die Wertschöpfung und das Bruttoinlandsprodukt(7)
die in Tabelle 1 ausgewiesenen Zuwächse.
Demografie begrenzt Beschäftigungsaufbau, Konsum kommt langsam in Gang
Der Beschäftigungsaufbau hat sich in diesem Jahr fortgesetzt, aber mit der schwachen Konjunktur deutlich an Tempo verloren. Dies wird sich voraussichtlich auch bis zum Jahresende fortsetzen. Ab dem kommenden Frühjahr aber, mit der anziehenden wirtschaftlichen Aktivität, dürften die Neueinstellungen wieder größer ausfallen. Immer größere Probleme bereitet dabei der Fachkräftemangel. Auch deshalb dürften die Löhne stärker steigen. Diese legen derzeit vor allem wegen der hohen Inflation zu. Alles in allem steigen Lohnsumme und verfügbare Einkommen der Haushalte kräftig, angesichts sinkender Inflation verzeichnen sie sogar real leichte Kaufkraftzuwächse. Dazu beigetragen hat unter anderem auch die Inflationsausgleichsprämie. Die realen Einkommenszuwächse beleben den Konsum der privaten Haushalte, wobei dies erst im kommenden Jahr spürbar der Fall sein dürfte.
Die realen Warenexporte lagen zuletzt gut anderthalb Prozent niedriger als im zweiten Quartal. Angesichts der deutlich eingetrübten Exporterwartungen im verarbeitenden Gewerbe dürfte sich dies zumindest bis zum Auftakt des Schlussquartals fortgesetzt haben und die Ausfuhren sind wohl – im Gleichschritt mit der rückläufigen Industrieproduktion – im dritten Quartal deutlich gesunken. Auch im Schlussquartal dürften sie kaum merklich zulegen. Vor dem Hintergrund eines sich etwas belebenden Welthandels sind verhaltene Zuwächse ab dem Jahreswechsel zu erwarten.
Pharmaindustrie setzt Normalisierung nach Corona-Pandemie fort
Die Produktion in der Pharmaindustrie bewegt sich – wenn auch unter starken Schwankungen im Monatsverlauf – auf dem im Frühjahr erwarteten Niveau. Gleichzeitig wurde die Produktion für das vergangene Jahr nach unten revidiert, die Fallhöhe ist also geringer. Vor allem deshalb sinkt die Produktion im Jahresdurchschnitt 2023 mit – 1,4 Prozent etwas weniger als bislang erwartet (Frühjahrsprognose: – 1,7 Prozent). Für das kommende Jahr prognostizieren wir unverändert ein Plus bei der Produktion von zwei Prozent.
Dabei verharrten die Inlandsumsätze in etwa auf dem Vorkrisenniveau, auf das sie Ende vergangenen Jahres zurückgefallen waren. Zuvor hatten sie gut anderthalb Jahre lang – angeschoben durch die Impfstoffproduktion – um mehr als ein Viertel darüber gelegen. Im Vorjahresvergleich bewegen sie sich damit nun um gut zwanzig Prozent niedriger. Bei verhaltenen Zuwächsen pendeln sie sich im kommenden Jahr rund zweieinhalb Prozent über dem Niveau dieses Jahres ein (Abbildung 3 unten).
Diese Normalisierung hatte sich zunächst auch für die Auslandsumsätze abgezeichnet, die Anfang des Jahres auf den Vorkrisentrend zu sinken begannen. Seit April sind sie aber wieder in die Höhe geschnellt und haben erst im August geringfügig nachgegeben. Aktuell spielen Ausfuhren von Impfstoff noch eine wichtige Rolle. Ohne eine Impfwelle in den kommenden Monaten dürften sie sich im Folgenden aber analog zu den Inlandsumsätzen normalisieren – und damit wieder auf den Aufwärtstrend von vor der Pandemie einschwenken. Dieses Jahr übersteigen sie das ohnehin hohe Vorjahresniveau um sieben Prozent; entsprechend fallen sie im kommenden Jahr leicht, um ein Prozent.
Weil die Auslandsumsätze zwischenzeitlich einen neuen Schub bekommen haben, entwickeln sich die Umsätze insgesamt mit einem Rückgang um (real) 2,9 Prozent besser als bislang erwartet und verblei- ben im Jahr 2024 auf dem erreichten Niveau. Bei weiterhin sehr moderaten Preissteigerungen von rund drei Prozent in diesem und einem Prozent im kommenden Jahr belaufen sich die nominalen Umsätze der pharmazeutischen Industrie nach 58,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 59,0 Milliarden Euro in diesem Jahr und auf 59,8 Milliarden Euro im kommenden Jahr.
Die Investitionen dürften im vergangenen Jahr deutlich, um knapp sechs Prozent eingebrochen sein. Die starken Preissteigerungen bei Vorleistungen haben die Pharmaindustrie empfindlich getroffen: Viele Vorprodukte hatten sich stark verteuert, ohne dass die Unternehmen die gestiegenen Kosten – anders als dies in den übrigen Branchen der Fall war – weiter- reichen konnten. Allein das hatte die Finanzierungsspielräume eingeengt. Erschwerend kommen seit dem Jahreswechsel die Einschnitte aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hinzu. Dies verschlechtert aber nicht nur die finanziellen Spielräume für dringend erforderliche Investitionen, sondern vor allem die entscheidenden Rahmenbedingungen. In der Folge erodiert die Qualität des Sach- und Forschungskapitals: Trotz verhaltener Anstiege bei den Investitionen um ein bzw. drei Prozent in diesem bzw. im kommenden Jahr bleiben die Aufwendungen für neue Ausrüstungen sowie für Forschung & Entwicklung weit hinter dem in den Vorjahren erreichten Niveau zurück – und das, obwohl Produktion und Beschäftigung seit geraumer Zeit merklich zulegen.
Zeit für wirtschaftspolitische Impulse
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist unter dem Strich nicht gut. Weder die konjunkturellen Aus- sichten noch die mittelfristigen Perspektiven für die wirtschaftliche Entwicklung geben Anlass zu Optimismus. Allerdings können richtige wirtschaftspolitische Entscheidungen dieses Bild schnell ändern. Vor allem die Gestaltung des vor uns liegenden Strukturwandels eröffnet die Chance, die innovativen Hightech-Bereiche am Standort auszubauen und damit Verluste an anderer Stelle zu kompensieren.
Hierzu bedarf es allerdings konsequenter Schritte, die Investitionen in Hightechproduktionsanlagen und die Entwicklung von Hightechprodukten attraktiv machen. Beschleunigt werden kann dies, wenn die Skalierung neuer industrieller Wertschöpfungsnetzwerke aktiv unterstützt wird – durch den Abbau von Bürokratie, den Zugang zu Daten und digitalen Dienstleistungen aber auch die finanzielle Unterstützung von Investitionsvorhaben oder der dafür notwendigen öffentlichen Infrastruktur.
Das Wachstumschancengesetz knüpft hier bereits an den richtigen Stellen an. Dieses ist angesichts seines vergleichsweise geringen Umfangs nur ein erster Schritt. Für die pharmazeutische Industrie gilt dar- über hinaus, dass innovative Therapien auch in die Anwendung in Deutschland kommen müssen, damit diese hier entwickelt und ihre Produktion aufgebaut wird. Werden hier und für andere innovative Bereiche der Industrie die Rahmenbedingungen verbessert, dann hellen sich auch die Wachstumsperspektiven für den Standort auf.
MacroScope Facts
Die Lieferengpässe haben sich mittlerweile zurückgebildet. In den am stärksten betroffen Branchen sind die Probleme aber noch nicht ganz verschwunden. In der Pharmaindustrie war die Verknappung von Vorleistungen vor allem seit dem Ausbruch der Energiekrise ein Problem, beeinträchtigt die Produktion derzeit aber kaum noch.
(1) Dies steht im Einklang mit jüngst veröffentlichten Prognosen, bspw. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2023): Kaufkraft kehrt zurück – Politische Unsicherheit hoch, online verfügbar, IMF (2023), World Economic Outlook: Navigating Global Divergences, online verfügbar oder die Pressemitteilung zur Herbstprojektion der Bundesregierung, online verfügbar.
(2) MacroScope Pharma Economic Policy Brief #09/23 (2023), Simulation des Wachstumschancengesetzes: Richtung stimmt, Effekte zu gering, online verfügbar.
(3) MacroScope Pharma Economic Policy Brief #01/23 (2023), Gestörte Lieferketten: Normalisierung absehbar – China bleibt ein Risiko, online verfügbar.
(4) Vgl. zu den geldpolitischen Rahmenbedingungen die Gemeinschaftsdiagnose (ibid.)
(5) Vgl. das vfa-Dashboard, online verfügbar.
(6) Vgl. zu diesen Effekten auch die Gemeinschaftsdiagnose (ibid.), Seite 52 ff.
(7) Vgl. zu Unterschieden in den Raten dieser beiden Größen die Gemeinschaftsdiagnose (ibid.), Kasten 2.2.