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Europäisches HTA braucht Weichenstellung im AMNOG

Die europäische HTA-Bewertung von neuen Arzneimitteln wird ab 2025 parallel zur Zulassung stattfinden. Damit sollen europaweit die Verfügbarkeit von neuen Therapien verbessert, die Verfahren effizienter gestaltet und der Innovationsstandort Europa gestärkt werden. Dafür müssen nun auch im AMNOG, dem deutschen System der Nutzenbewertung, die richtigen Weichen gestellt werden. Es bedarf ergänzender nationaler Regelungen, welche eine bestmögliche Verzahnung europäischer und nationaler Prozesse, die optimale Nutzung der Ergebnisse und Planungssicherheit für Unternehmen sicherstellen.

Flughafenmitarbeiter mit zwei farbigen Stäben wartet darauf, ein Flugzeug auf dem Vorfeld einzuweisen.

Vorfahrt für europäische Bewertungen

Für die Erhöhung der Effizienz und der Qualität des zukünftigen HTAs braucht es klare Vorfahrtsregeln für die europäischen Ergebnisse der Nutzenbewertung im AMNOG. Durch die Bündelung der Kompetenzen der nationalen HTA-Agenturen auf europäischer Ebene und die Beteiligung von IQWIG und G-BA wird ein Höchstmaß an Qualität der Ergebnisse der europäischen Nutzenbewertung sichergestellt. Um Doppelarbeit auf nationaler und EU-Ebene und den damit verbundenen bürokratischen Aufwand zu reduzieren, müssen die Ergebnisse der europäischen Bewertung im AMNOG umfassend genutzt werden.

Der vfa schlägt deshalb vor, eine verpflichtende Verwendung und Übernahme der gemeinsamen europäischen Arbeitsergebnisse im nationalen Prozess festzulegen. Die Übernahme der Ergebnisse reduziert Doppelarbeit und kann dazu beitragen, Divergenzen bei der klinischen Bewertung innovativer Therapien in Europa abzubauen. Eine erhöhte Effizienz unterstützt die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors.

Überprüfung der nationalen Anforderungen an Analysen

Für die Erhöhung der Effizienz und die Reduzierung des bürokratischen Aufwands im europäischen HTA braucht es eine Überprüfung der nationalen Anforderungen an Auswertungen und Analysen im AMNOG. Diese Anforderungen sind in ihrer Breite bzw. Tiefe derzeit außerordentlich umfangreich, übersteigen das Maß in anderen europäischen Systemen und bergen das Risiko weitreichender nationaler klinischer Zusatzanalysen in Ergänzung zum europäischen HTA-Bewertungsbericht. Es bestehen begründete Zweifel an der Notwendigkeit einiger Teile dieser Analysen für den deutschen AMNOG Prozess, insbesondere bezogen auf den Erkenntniswert von Subgruppen- und bestimmten Arzneimittelsicherheits-Analysen. (1) (2)

Der vfa schlägt deshalb vor, die AMNOG Regelungen zu Anforderungen an Analysen und Auswertungen auf deren Notwendigkeit zu überprüfen und diese in Ausrichtung an europäischen Leitlinien festzulegen. So kann eine bürokratieärmere und effizientere HTA-Bewertung ohne Qualitätsverlust erreicht werden, die zur Stärkung des Innovationsstandorts Europa beiträgt.

Stärkung der nationalen Beratungen

Für ein optimales Zusammenspiel von AMNOG mit dem europäischen Bewertungsprozess müssen die nationalen G-BA-Beratungen der Hersteller gestärkt werden. Hersteller benötigen zusätzliche Beratungen zu nationalen klinischen Zusatzanalysen, die bei Bedarf als Ergänzung zur europäischen Nutzenbewertung angefordert werden können. Der G-BA entscheidet über diese Zusatzanalysen vor dem Hintergrund des europäischen Bewertungsumfangs. Die nötige Gewissheit für Hersteller sollte im Rahmen zeitgerechter Beratungsangebote sichergestellt werden. Die Forderungen sollten sich auf notwendige Analysen beschränken, wie z. B. auf neue Erkenntnisse.

Der vfa schlägt deshalb vor, die AMNOG Regelungen zur Beratung bezüglich nationaler Zusatzanalysen zu stärken, die ergänzend zum europäischen Bewertungsumfang vorgelegt werden sollen. Das unterstützt ein optimales Ineinandergreifen der Prozesse, bietet für den Hersteller Planungssicherheit und gewährleistet so weiterhin eine nationale Bewertung von höchster Qualität.

Absicherung des schnellen Marktzugangs

Zur Absicherung des schnellen Zugangs zu innovativen Arzneimitteln braucht es ein präzises Ineinandergreifen europäischer und nationaler Verfahrensschritte. Eine Herausforderung für den bisherigen schnellen Start des AMNOG Prozesses mit vorhandener Zulassung stellt der Zeitpunkt des Vorliegens des europäischen HTA-Bewertungsberichts dar. Dieser wird erst 30 Tage nach Zulassung gebilligt und gilt erst nach der verfahrenstechnischen Prüfung der EU-Kommission innerhalb von weiteren 10 Tagen als angenommen. Dies birgt die Gefahr einer Verzögerung der Marktzugangsmöglichkeit und damit einer Verfügbarkeitslücke für Innovationen in diesem Zeitraum. Eine solche Verzögerung würde jedoch den formulierten Zielsetzungen der europäischen Bewertung widersprechen, den Wettbewerb behindern und letztendlich zu Lasten der Patient:innen gehen.

Der vfa schlägt deshalb vor, die AMNOG Regelung bezüglich ihrer schnellen Marktzugangsmöglichkeit mit Vorliegen der Zulassung abzusichern. Das stellt sicher, dass Patientinnen und Patienten auch zukünftig von einer schnellstmöglichen Verfügbarkeit von Innovationen profitieren können.

Passgenaue Verzahnung der Orphan Drug Regelung

Zur Sicherstellung des Zugangs zu Arzneimitteln zur Behandlung seltener Erkrankungen (Orphan Drugs) in Deutschland müssen AMNOG und europäischer Bewertungsprozess unter Beachtung der bestehenden deutschen Orphan Drug Regelung passgenau verzahnt werden. Diese Regelung leistet einen wichtigen Beitrag zur europäischen Förderung der Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten bei seltenen Erkrankungen und stellt die schnelle Verfügbarkeit dieser Innovationen in der deutschen Versorgung sicher.

Der vfa schlägt deshalb vor, die Orphan Drug Regelung im AMNOG zu stärken und festzulegen, dass auch im Kontext der europäischen Nutzenbewertung, der Zusatznutzen für Arzneimittel gegen seltene Leiden als belegt gilt und Nachweise gegenüber einer Vergleichstherapie im nationalen Prozess erst nach der Überschreitung der Umsatzschwelle von 30 Mio. Euro erbracht werden müssen. Mit diesen Festlegungen kann auch zukünftig der schnelle Zugang von Patientinnen und Patienten zu neuen Orphan Drugs in Deutschland gesichert werden.

Fazit

Mit dem Start der europäischen HTA-Bewertung müssen AMNOG Prozesse und Methoden „europatauglich“ ausgestaltet werden. Dabei sollten die Ziele der EU-Verordnung zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Innovationen, der Minderung des bürokratischen Aufwands und der Erhöhung der HTA-Qualität handlungsleitend sein. Die Verzahnung europäischer und nationaler Prozesse sollte ohne Verzögerung der Marktzugangsmöglichkeiten umgesetzt werden. Von der Umsetzung dieser Handlungsempfehlungen können Patient:innen, Gesundheitssystem und der Standort Europa profitieren.

Referenzen