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Orphan Drug-Regelung im AMNOG funktioniert!

Der vfa-Faktencheck zur IQWiG-Analyse „Preis‐ und Kostenentwicklung von Orphan Drugs“.

Draufsicht. Viele kleine Personen, die eine Pfeilform bilden. An der Spitze ein Mensch alleine.

Das IQWiG hat am 20.2.2024 sein Arbeitspapier zum Thema „Preis‐ und Kostenentwicklung von Orphan Drugs“ veröffentlicht. Darin untersucht das Institut den Einfluss von Folgebewertungen der Orphan Drugs nach der Überschreitung der gesetzlichen Umsatzschwelle auf die Preise dieser Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen. Der vfa hat sich mit zwei der wesentlichen Aussagen der Analyse auseinandergesetzt.

Aussage 1:
Das IQWiG behauptet: „[…], dass das umfassende Ziel des AMNOG, den Preis eines Arzneimittels unter anderem am Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie auszurichten, erst mit einer zeitlichen Verzögerung durch die nachgelagerte reguläre Nutzenbewertung erreicht wird.“

Genau das Gegenteil ist der Fall. Die IQWiG-Analyse zeigt, dass es nach dem Markteintritt zu deutlichen Preissenkungen bei Orphan Drugs und damit zu direkten Einsparungen für die GKV kommt. Die Orphan Drug-Regelung im AMNOG funktioniert also bestens von Anfang an, und zwar genau so, wie sie es tun sollte. Zugleich wird den Orphan Drugs damit ein ungehinderter Zugang zur Versorgung in Deutschland ermöglicht.

Aussage 2:
Das IQWiG behauptet: „[…], dass die Mehrzahl der betrachteten Orphan Drugs sowohl eine Preisreduktion im Rahmen einer eingeschränkten Bewertung als auch eine zusätzliche Preisreduktion im Rahmen einer nachgelagerten regulären Nutzenbewertung aufweist.“

Für die betrachteten Orphan Drugs kommt es laut der IQWiG-Analyse zu einer Preisreduktion nach der ersten Nutzenbewertung bei Markteintritt. Diese Aussage stützt ein signifikanter Effekt mit deutlichen und konsistenten Preissenkungen zu diesem Zeitpunkt. Nach der Überschreitung der Umsatzschwelle erweisen sich die Preissenkungen hingegen als nicht mehr signifikant, so die Daten der Analyse. Anders als behauptet, sind also nachgelagerte reguläre Nutzenbewertungen hinsichtlich ihres Potenzials einer Preisreduktion weniger bedeutsam. In der Tat zeigt die Analyse, dass auch Preisaufschläge nach den nachgelagerten Nutzenbewertungen möglich sind und deshalb das Potenzial zur Preisreduktion gesenkt wird. Das AMNOG funktioniert auch an dieser Stelle: fair und evidenzbasiert.

Gesamteinordnung

Die Versorgung mit neuen Medikamenten bei seltenen Erkrankungen war in Deutschland bis zuletzt vorbildlich. Nach der neuesten Analyse des europäischen Pharmaverbands (EFPIA) belegt Deutschland mit 90 Prozent den ersten Platz bei der Verfügbarkeit von Orphan Drugs. Diese Bilanz ist jedoch kein Zufall. Beim AMNOG-Verfahren wurde von Beginn an die Notwendigkeit mitgedacht, die besondere Situation bei Orphan Drugs zu berücksichtigen. Diese Medikamente müssen bereits im Rahmen der Zulassung zeigen, dass sie einen signifikanten Nutzen gegenüber Therapiealternativen – sofern überhaupt vorhanden – haben, um den Status eines Orphan Drugs zu erlangen. Ihr Zusatznutzen gilt daher im AMNOG als belegt. Der G-BA prüft in diesen Fällen allerdings, wie hoch der Zusatznutzen ist. Auf dieser Grundlage finden dann – wie bei anderen Medikamenten – die Erstattungsbetragsverhandlungen statt. Die AMNOG-Regelung ist somit eine logische Umsetzung der EU-Verordnung und stellt zugleich einen reibungslosen und schnellen Zugang der Orphan Drugs hierzulande sicher.

Diese speziellen AMNOG-Vorgaben gelten, bis die Medikamente innerhalb von 12 Monaten einen Umsatz von 30 Mio. Euro erzielen. Sobald ein Orphan Drug diese Schwelle überschreitet, wird es rechtlich wie alle anderen Arzneimittel behandelt und stellt sich einer erneuten Nutzenbewertung und Erstattungsbetragsverhandlung. Ein Großteil (80 Prozent) der Orphan-Drug-Umsätze unterliegt damit bereits einer regulären AMNOG-Bewertung.

Die Orphan Drug-Regelung wurde erst kürzlich mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) erneut verschärft, indem unter anderem die Umsatzschwelle von 50 Mio. Euro auf 30 Mio. Euro abgesenkt wurde. Die vorliegende IQWiG-Analyse verdeutlicht nun, dass die Orphan Drug-Regelung bereits von Anfang an bestens funktioniert hat. Das GKV-FinStG setzt somit unnötig die bislang gute Versorgung der Patient:innen in Deutschland aufs Spiel und verschärft zugleich die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen.