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Nutzen von Gesundheitsdaten für Forschung und Patienten

In diesem Jahr wird das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) in Kraft treten. Es ist ein im Koalitionsvertrag festgehaltenes Vorhaben, mit dem Ziel, die Patientenversorgung durch die gemeinwohlorientierte Nutzung von Daten zu verbessern. Auch die pharmazeutische Industrie wird Zugang zu diesen Daten erhalten. Fakt ist: Für die Patient:innen ergeben sich zahlreiche Vorteile, wenn die Industrie mittels moderner Technologien die Gesundheitsversorgung stärkt.

Ärztin sitzt mit Kittel am Schreibtisch. In ihrer Brille spiegelt sich das Licht des Tablets auf das sie schaut. Vor ihr ein Laptop und Papier auf einem Klemmbrett.

Derzeit kann die pharmazeutische Industrie pseudonymisierte und randomisierte Gesundheitsdaten in der Regel nicht nutzen. Durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz wird sich dies ändern. Gerade im Bereich der Arzneimittelentwicklung würden sich bisher ungenutzte Potentiale eröffnen – KI-Anwendungen zur Musterkennung und allgemein datengetriebene Erkenntnisgewinne sind nur zwei mögliche Bereiche. Denn: Gesundheitsdaten sind die Grundlage jeder medizinischen Innovation.

Was sind Gesundheits- bzw. Versorgungsdaten?

Der Begriff Gesundheitsdaten umfasst alle personenbezogenen Gesundheitsdaten, die im Zuge der Gesundheitsforschung und -versorgung anfallen (von klinischen Studien, über Prävention bis hin zu Daten aus Fitness-Trackern). Oftmals wird auch das Wort Versorgungsdaten verwendet. Hierbei handelt sich allerdings um Daten aus der klinischen Praxis. Sie fallen dort an, wo Patient:innen versorgt werden.

Die Daten umfassen unter anderem

  • Diagnosen (ICD-Schlüssel als auch Ergebnisse bildgebender Verfahren)
  • Rezeptdaten (verschriebenen Medikamente, die Dauer und die Häufigkeit der Einnahme)
  • Therapieverordnungen (Psychotherapie oder Rehabilitationsmaßnahmen)
  • Impfstatus

Sind Gesundheitsdaten und Patientendaten identisch?

Während Gesundheitsdaten eine breite und allgemeine Kategorie darstellen, die eine Vielzahl von Informationen über den Gesundheitszustand einer Person umfassen kann, beziehen sich Patientendaten spezifisch auf die medizinischen Daten, die in einem klinischen Umfeld gesammelt werden, um die medizinische Versorgung und Behandlung zu unterstützen. Patientendaten könnten somit als eine Art Unterkategorie der Gesundheitsdaten mit einem spezifischen Fokus auf die medizinische Anwendung angesehen werden.

Bei den Patientendaten gibt es grob zwei Datenfelder: Stammdaten (u.a. Patientennummer, Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Telefonnummer, Anschrift, Versicherungsstatus und -nummer, Krankenkasse) und Behandlungsdaten (u.a. Diagnose, Untersuchungsergebnisse, Therapiemaßnahmen).

Was unterscheidet Daten von Informationen und Wissen?

Grob kann man Daten als einzelne Zeichen zusammenfassen, deren Relevanz nur durch den zugehörigen Kontext klar wird. Liegen Daten verknüpft vor, so spricht man von Informationen. Als Wissen wiederum bezeichnet man gesammelte Informationen.

Für die Nutzung von Gesundheitsdaten bedeutet das: Nur durch das intelligente Verknüpfen großer Datenmengen lässt sich am Ende nützliches Wissen für die Entwicklung neuer Arzneimittel ableiten. Durch die Art und Weise wie Daten erfasst werden, wird die Datenqualität maßgeblich mitbestimmt.

Nutzen von Gesundheitsdaten für die Forschung

Datennutzung wird mit fortschreitender Digitalisierung immer wichtiger. Um europaweit den Anschluss nicht zu verlieren, bedarf es zur Stärkung des Forschungsstandortes Deutschland einer Berücksichtigung der pharmazeutischen Industrie im geplanten Gesetz.

Damit die Forschung ein Antragsrecht zur Nutzung der anonymisierten und pseudonymisierten Gesundheitsdaten erhält, ist eine Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich. Nutzer:innen haben zudem das Recht, dieser Nutzung ihrer Daten zu widersprechen.

Wie profitieren Patienten von der Nutzung ihrer Gesundheitsdaten?

Klinische Studien könnten durch die Nutzung von qualitativ hochwertigen Daten beschleunigt werden. Das kommt auch Patient:innen zugute, da innovative Medikamente schneller zur Verfügung stünden. Nachfolgende Beispiele zeigen die konkreten Vorteile auf:

  • Kontrollgruppen könnten aus Datensätzen (Digitalen Zwillingen) anstatt aus Proband:innen bestehen. Synthetische Kontrollarme benötigen lediglich historische Patientendaten.
  • Das Studiendesign könnte durch die Nutzung hochwertiger Daten problemorientierter ausgestaltet werden. Bisher gewählte Endpunkte könnten überdacht und besser gewählt werden.
  • Durch ein KI-gestütztes Studienmanagement könnten die Unternehmen auf Risiken und Eventualitäten besser vorbereitet sein (bspw. Studienabbrüche).
  • Risiken für Proband:innen könnten minimiert werden. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Nebenwirkungen oder Interaktionen könnte vorab noch zielgenauer ermittelt und Folgeentscheidungen daran angepasst werden.
  • Die Versorgung von Patient:innen kann verbessert werden. Durch die Einbeziehung von randomisierten und anonymisierten Daten können zukünftig passgenauere Therapien entwickelt werden.
  • Durch das Zusammenspiel der vorangestellten Punkte kann die allgemeine Patientensicherheit erhöht werden.

Pharmazeutischen Bedarf ermitteln

Durch die Nutzung von Gesundheitsdaten könnten pharmazeutische Unternehmen agiler und zielgerichteter auf den realen pharmazeutischen Bedarf reagieren. Bei den folgenden Punkten kann die Datennutzung unterstützen:

  • Entdeckung noch unbekannter (seltener) Erkrankungen
  • Therapieerfolge einzelner Behandlungen in der Praxis ermitteln
  • Herausforderungen von Ärzt:innen und Patient:innen in einzelnen Indikationsgebieten (vor allem bei chronischen Erkrankungen) identifizieren
  • Nebenwirkungen und Interaktionen erkennen und Maßnahmen einleiten

Datenschutz und Datenqualität

Um das Gesundheitsdatennutzungsgesetz zielorientiert umsetzen zu können bedarf es zukunftsorientierter datenschutzrechtliche Weiterentwicklungen. Persönlicher Datenschutz und innovative Gesundheitsforschung müssen dabei stets gemeinsam gedacht werden, weil die persönliche Gesundheit von modernen technischen Lösungen abhängig ist. Schon so manche einfache Maßnahme, wie beispielsweise eine Reduzierung der 17 Landesdatenschutzbehörden kann enorme Erleichterungen entwickeln und Nutzen stiften.

Ein wesentlicher Schritt hin zu einer hochwertigen Datenqualität ist dabei die grundsätzliche Verfügbarkeit von Daten. Eine inhaltlich als auch technisch interoperable Forschungsdateninfrastruktur muss daher zügig aufgebaut werden. Nur so können Daten zukünftig in ausreichender Qualität und Menge herangezogen und zielführend genutzt werden.

Wie können Patient:innen der Nutzung Ihrer Daten zustimmen?

Zunächst ist die ePA als Opt-Out konzipiert. Sprich: Initial stimmen Patient*innen der Nutzung ihrer Daten zu Forschungszwecken zu. Allerdings können sie auch von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Ein Widerspruch kann direkt in der ePA-App oder über die Ombudsstellen der Krankenkassen erfolgen.

Datenbereitstellung und FAIR-Regeln

Um Daten optimal nutzen zu können, sollten die FAIR-Regeln beachtet werden. Das Akronym steht für

Findable (Auffindbar)
Accessible (zugänglich)
Interoperable (interoperabel)
Reusable (wiederverwendbar).

Doppelte Erhebungen oder Mehrfacharbeit könnten durch die FAIR-Regeln beispielsweise vermieden werden. Mit der Zeit würde sich durch Rückmeldungen von anderen Forschenden die Datenqualität verbessern. Das Prinzip von „Federated Data Networks“ bietet für die Vernetzung von Daten eine Grundlage.

Welche Rolle spielen Gesundheitsdaten im AMNOG?