Workshop der DGKJ und des VFA
Industrie und Ärzte bereiten Entwicklung von mehr Medikamenten für Kinder vor
Gemeinsame Presseerklärung von DGKJ und VFA zu "EG-Verordnung zu Kinderarzneimitteln - worauf müssen wir uns einstellen?" - Workshop der DGKJ und des VFA am 10. November 2005 in Berlin
(Berlin, 10.11.2005) Kinderärzte und Vertreter von Pharmaunternehmen, Krankenkassen, Elternvereinigungen und dem Gesundheitsministerium sind heute in Berlin zusammengekommen, um die konkrete Umsetzung einer europäischen Verordnung vorzubereiten, mit der künftig die verstärkte Erprobung von Arzneimitteln für Kinder gefordert und gefördert werden soll. Der Workshop mit dem Titel "EG-Verordnung zu Kinderarzneimitteln - worauf müssen wir uns einstellen?" wird gemeinsam organisiert vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin e.V. (DGKJ).
Von der DGKJ und vielen weiteren nationalen und europäischen pädiatrischen Fachgesellschaften sowie von den forschenden Arzneimittelherstellern wird der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Professor Hannsjörg W. Seyberth, Vorsitzender der Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter (KASK) der DGKJ und Gründungsmitglied des European Network for Drug Investigation in Children (ENDIC) der ESDP (Europäische Gesellschaft für pädiatrische Pharmakologie), mahnt schon seit Jahrzehnten zusammen mit seinen nationalen und europäischen Kollegen einschneidende Verbesserungen in der Arzneimittelsicherheit bei Kindern an. Auf fruchtbaren Boden ist das bisher bei der Europäischen Zulassungsbehörde EMEA gefallen, die schon vor vier Jahren eine spezielle Expertengruppe für Kinderarzneimittel (PEG) eingerichtet hat. Seither hat diese Gruppe, unterstützt durch die Arzneimittelkommission der DGKJ und ENDIC, mehrere Bedarfsanalysen vorgenommen und zur Kommentierung ins Internet gestellt. Auch eine Reihe von Leitlinien und Empfehlungen zur Arzneimittelprüfung und -anwendung vor allem in der Neugeborenenmedizin sind bereits auf der EMEA-Website erschienen. Die Europäische Kommission hat bei der Abfassung des Verordnungsentwurfs für Kinderarzneimittel deshalb unter anderem auf die Expertise der EMEA-Expertengruppe zurückgegriffen.
Fast zehn Jahre zuvor hatten die USA unter dem Druck der mächtigen American Academy of Pediatrics (AAP) die ersten Gesetze für bessere Kinderarzneimittel bereits verabschiedet und umgesetzt. Jetzt unternehmen einige europäische Staaten, allen voran Großbritannien, große Anstrengungen, eine führende Rolle in der sehr innovationsstimulierenden Entwicklungsarbeit der pharmazeutischen Forschung in Europa zu übernehmen. "Dem gegenüber haben wir in der deutschen Hochschulmedizin und klinischen Forschung gravierende Struktur- und Finanzprobleme, die verhindern, dass den nun besonders geforderten Universitätskinderkliniken die hierfür notwendigen Valenzen für professionelle klinische Arzneimittelprüfungen gemäß dem gültigen Arzneimittelgesetz (AMG) zur Verfügung gestellt werden", erklärte Professor Hannsjörg W. Seyberth und stellte weiter fest: "In dieser schwierigen Situation sollte jetzt zumindest der Schulterschluss mit allen Beteiligten und Verantwortlichen in unserem Land gesucht werden. Nur gemeinsam wird es uns gelingen, dieser internationalen Herausforderung zur Entwicklung besserer Kinderarzneimittel zu folgen. Es ist zu hoffen, dass dieser Workshop als überfälliger Einstieg in einen längerfristigen Prozess des Sich-Kennenlernens, des Gedankenaustauschs und später der Kooperation betrachtet werden kann."
Noch haben Europäisches Parlament und der europäische Gesundheits-Ministerrat die Verordnung, die für mehr zugelassene Medikamente für Kinder und Jugendliche sorgen soll, nicht endgültig verabschiedet. "Doch die Zeit drängt, denn die Kinderapotheke hat gerade auch bei schwerwiegenden Krankheiten wie Krebs, Rheuma oder Stoffwechselerkrankungen viel zu große Lücken", erklärte Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA). "Die Zahl der kindgerechten Arzneimittel, die forschende Arzneimittelhersteller auf den Markt bringen - heute 20 bis 25 jährlich - muss erheblich gesteigert werden. Dazu müssen Wissenschaft und Industrie an einem Strang ziehen, und der gesetzliche Rahmen muss stimmen."
Die geplante Verordnung sieht vor, dass Unternehmen verpflichtet werden, neue Arzneimittel auch für Kinder und Jugendliche zu entwickeln, wenn die betreffende Krankheit auch bei Minderjährigen auftritt. Unternehmen erhalten für ihren Mehraufwand einen Ausgleich in Form einer sechsmonatigen Verlängerung ihrer Marktexklusivität. Dazu erläuterte Yzer: "Kinderstudien sind wesentlich aufwändiger als Studien für Erwachsene, zumal häufig getrennte Studien für mehrere Altersgruppen durchgeführt werden müssen. Mit der EU-Regelung erhalten die Unternehmen den notwendigen Ausgleich, der in den USA seit mehr als einem Jahrzehnt selbstverständlich ist. Dadurch sind in den Vereinigten Staaten zahlreiche Projekte für Kinder angestoßen worden. Gut, dass Europa jetzt nachzieht!"
Wann die Verordnung genau verabschiedet wird, ist noch ungewiss. Die EG-Gesundheitsminister werden voraussichtlich am 8. oder 9. Dezember 2005 über den Entwurf entscheiden. Laut Zeitplan der EU soll die Verordnung dann im Oktober oder November 2006 verabschiedet und unmittelbar gültig werden. Allerdings kann die praktische Arbeit erst beginnen, wenn der in der Verordnung vorgesehene Ausschuss für Kinderarzneimittel bei der europäischen Zulassungsagentur EMEA eingerichtet ist, was nach dem Wunsch des EU-Parlaments und der Kommission binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des Verordnung geschehen soll. Der Ausschuss entscheidet, für welche Altersgruppen ein Hersteller sein Medikament entwickeln muss und ob Studien mit Kindern zeitgleich oder nach den Studien mit Erwachsenen durchgeführt werden müssen.
Bericht zum Symposium
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft der gesamten Pädiatrie in Deutschland. Mit über 12.700 Mitgliedern ist sie die größte wissenschaftliche Fachgesellschaft der deutschen Kinder- und Jugendärzte.
Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) ist der Wirtschaftsverband der forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 39 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des VFA repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 86.000 Mitarbeiter, darunter mehr als 14.500 in Forschung und Entwicklung.
Die Pressekonferenzen des VFA - ab sofort auch im Internet. Mehr dazu unter: https://www.vfa.de/onlinepk