Standortpolitik
VFA-Mitgliederversammlung / Kritik an der Gesundheitspolitik
Statement von Patrick Schwarz-Schütte
Berlin (VFA). Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Patrick Schwarz-Schütte, hat heute anlässlich der Mitgliederversammlung des Verbandes in Berlin eine grundlegende Reform des deutschen Gesundheitswesens gefordert. Dabei plädierte Schwarz-Schütte insbesondere für mehr Freiheit der Patienten bei der Ausgestaltung und Wahl ihrer Versicherungsleistungen, beim Zugang zu Innovationen und bei der Information über Therapiemöglichkeiten. "Wir brauchen mehr Wettbewerb und weniger Staat - für das Gesundheitswesen, die Forschung und den Standort Deutschland", sagte der VFA-Vorsitzende. Er mahnte zudem einen besseren Zugang zu Innovationen durch eine schnellere Zulassung, wettbewerbliche Preise sowie die gesicherte Finanzierung einer modernen Arzneimitteltherapie an.
Schlechte Noten vergab Schwarz-Schütte an die rot-grüne Bundesregierung: Im Gesundheitswesen habe es keine wirkliche Reform gegeben. Die Patienten stünden schlechter da als zuvor. "Und der Streit um sattsam bekannte Probleme sowie der Verschiebebahnhof zwischen den sozialen Sicherungssystemen stehen auch wieder auf der Tagesordnung", kritisierte der VFA-Vorstandsvorsitzende.
Während Wissenschaft und Arzneimittelforschung auf der Überholspur kräftig beschleunigten, befinde sich die Gesundheitspolitik weiterhin in der Sackgasse. Schwarz-Schütte: "Das ist ungesund - nicht nur für das System, sondern vor allem für den Patienten." Eine Zwei-Klassen-Medizin und die fehlende Absicherung einer optimalen Patientenversorgung an 365 Tagen im Jahr seien nicht mehr wegzudiskutieren. Es gebe erhebliche Defizite in der Arzneimittelversorgung in Deutschland. Der Budgetdruck auf die Ärzte halte unverändert an. Die Meldungen über ausgeschöpfte Budgets häuften sich alljährlich mit Beginn des letzten Quartals - den Patienten würden Arzneimittel vorenthalten. Patientenverbände beklagten die fatalen Folgen für die Betroffenen. Das Dilemma der Budgetierung sei offensichtlich. Die Politik aber schaue weg und bezeichne die Budgets allenfalls als Second-Best-Lösung. "Das alles zusammengenommen hat das Vertrauen der Bevölkerung in die Gesundheitspolitik nachhaltig erschüttert", bilanzierte der VFA-Vorsitzende.
Gleichzeitig werde über Parteigrenzen hinweg der Ruf nach grundlegenden Weichenstellungen immer lauter. Schwarz-Schütte: "Was derzeit - wenn auch noch verzagt - zu hören ist, geht durchaus in die Richtung, die wir schon seit längerem einfordern. Offensichtlich setzt sich nun auch im Gesundheitswesen langsam die Erkenntnis durch, dass mehr Wettbewerb im System vor allem dessen Effizienz erhöhen kann und Wettbewerb immer auch Wettbewerb um die beste Qualität der Versorgung ist."
Schwarz-Schütte bedauerte, dass der Bundeskanzler die Zukunft des Gesundheitswesens mit interessanten Ansätzen in einem Aufsatz zwar gestreift, danach aber nicht vertieft habe. Vielleicht komme aber durch die jüngsten Initiativen von Bündnis 90/Die Grünen - etwa mit den Vorschlägen zur stärkeren Nutzung wettbewerblicher Strukturen, zur Überprüfung des Leistungskataloges oder zur Verbreiterung der Einnahmeseite - "das schwerfällige System in neues Fahrwasser". Für den VFA gehe die Forderung nach einer zukunftsfähigen Wettbewerbsordnung im Gesundheitswesen einher mit der längst überfälligen Neuabgrenzung von Solidarität und Eigenverantwortung, unterstrich der Vorstandsvorsitzende abschließend.
Im VFA sind 35 weltweit führende forschende Arzneimittelhersteller zusammengeschlossen. Gemeinsam mit ihren über 60 Tochter- und Schwesterfirmen beschäftigen sie in Deutschland mehr als 76.000 Mitarbeiter. Die Mitglieder des VFA repräsentieren mehr als zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes.
Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:
Marc Rath
Tel. 0 30/2 06 04-203
Fax 0 30/2 06 04-209
Sie können die Pressemitteilungen des VFA jetzt auch im E-Mail-Abonnement beziehen. Auf den Internetseiten des VFA https://www.vfa.de finden Sie unter der Rubrik "Presse" einen Link "E-Mail-Abonnement". Klicken Sie darauf und folgen Sie den weiteren Anweisungen. Sie werden dann zukünftig über alle VFA-Pressemitteilungen per E-Mail informiert.
Pressekonferenz
VFA-Mitgliederversammlung
des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V.
Berlin, 06. Dezember 2000
Patrick Schwarz-Schütte
Vorstandsvorsitzender des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller
Wir stehen kurz vor dem Ende des Jahres Eins der sogenannten Gesundheitsreform 2000. Die Bilanz ist ernüchternd: Es gab keine wirklichen Weichenstellungen und keine Reform des Gesundheitswesens in diesem Land. Und vor allem: Die Patienten stehen schlechter da als zuvor. Stattdessen steht der Streit um sattsam bekannte Probleme wieder auf der Tagesordnung: Wie geht es weiter mit dem Risikostrukturausgleich? Wie viel Wettbewerb darf es zwischen den Kassen geben? Und mit der Kürzung der Krankenkassenbeiträge von Arbeitslosen und der Abwälzung von Ausgaben aus der Rentenversicherung auf die Gesetzliche Krankenversicherung feiert auch der Verschiebebahnhof innerhalb der sozialen Sicherungssysteme wieder fröhliche Urständ.
Während Wissenschaft und Arzneimittelforschung auf der Überholspur kräftig beschleunigen, befindet sich die Gesundheitspolitik weiterhin in der Sackgasse. Das ist ungesund - nicht nur für das System, sondern vor allem für den Patienten. Eine Zwei-Klassen-Medizin und die fehlende Absicherung einer optimalen Patientenversorgung an 365 Tagen im Jahr sind nicht mehr wegzudiskutieren. Es gibt erhebliche Defizite in der Arzneimittelversorgung in Deutschland. Patientenverbände beklagen die fatalen Folgen für die Betroffenen. Der Budgetdruck auf die Ärzte hält unvermindert an. Das Dilemma der Budgetierung ist offensichtlich. Die Politik aber schaut weg und bezeichnet die Budgets allenfalls als Second-Best-Lösung. Das alles zusammengenommen hat das Vertrauen der Bevölkerung in die Gesundheitspolitik nachhaltig erschüttert.
Mehr Wettbewerb erhöht Effizienz und Qualität
Gleichzeitig wird über Parteigrenzen hinweg der Ruf nach grundlegenden Weichenstellungen immer lauter. Was derzeit - wenn auch noch verzagt - zu hören ist, geht durchaus in die Richtung, die wir schon seit längerem einfordern. Offensichtlich setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass mehr Wettbewerb im System vor allem dessen Effizienz erhöhen kann und Wettbewerb immer auch Wettbewerb um die beste Qualität der Versorgung ist. Diese Vorteile gilt es endlich auch im Gesundheitswesen zu nutzen.
Für uns geht die Forderung nach einer zukunftsfähigen Wettbewerbsordnung im Gesundheitswesen einher mit der längst überfälligen Neuabgrenzung von Solidarität und Eigenverantwortung. Der Bundeskanzler hat das Thema im Frühjahr einmal kurz gestreift - leider hat er es bisher nicht vertieft. Vielleicht kommt aber durch die jüngsten Initiativen von Bündnis 90/Die Grünen - zum Beispiel mit den Vorschlägen zur stärkeren Nutzung wettbewerblicher Strukturen, zur Überprüfung des Leistungskataloges oder zur Verbreiterung der Einnahmeseite - das schwerfällige System in neues Fahrwasser.
Wir rechnen mit einem neuen Reform-Anlauf allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode. Im Arzneimittelbereich geht es aus unserer Sicht dann insbesondere um folgende Schwerpunkte:
- Mehr Freiheit für den Patienten - bei der Ausgestaltung und Wahl seiner Versicherungsleistungen, beim Zugang zu Innovationen und bei der Information über Therapiemöglichkeiten
- Mehr Wettbewerb, weniger Staat - für das Gesundheitswesen, die Forschung und den Standort DeutschlandDass eine nächste Reform endlich auch die Einnahmeseite der GKV neu regeln oder die unsägliche sektorale Budgetierung beenden muss - um nur zwei weitere Punkte zu nennen -, versteht sich von selbst.
- Besserer Zugang zu Innovationen - durch eine schnellere Zulassung, wettbewerbliche Preise sowie die Absicherung der Finanzierung einer modernen Arzneimitteltherapie
Biotechnologie ist eine unverzichtbare Schlüsseltechnologie
Ich komme nun zur Biotechnologie, dem Thema unserer heutigen Mitgliederversammlung. Mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms und der Diskussion um die Bedeutung von Patenten ist die Biotechnologie in diesem Jahr auf der politischen Agenda weit nach oben gerückt. Bei den forschenden Arzneimittelherstellern steht sie dort schon seit langem. Die Biotechnologie ist für uns eine unverzichtbare Schlüsseltechnologie bei der Suche nach neuen und besseren Medikamenten. Und für Millionen von Patienten ist sie bereits seit Jahren unverzichtbarer Bestandteil ihrer Therapie.
Deshalb wollen wir die Chancen der Biotechnologie weiter nutzen - im VFA wie in den Unternehmen zukünftig stärker in Partnerschaft mit jungen Biotech-Unternehmen. Deshalb werden wir den VFA für junge Biotech-Unternehmen öffnen. Alleine seit Mitte der 90-er Jahre hat sich die Zahl der Kern-Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland vervierfacht. Heute sind es annährend 300. Viele von ihnen kooperieren eng mit den global tätigen forschenden Arzneimittelherstellern. Es gibt eine Vielzahl gemeinsamer Interessen. Unter einem Dach vereint sind wir starke Partner, um die gemeinsame Interessenvertretung bei der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Biotechnologie in Deutschland zu stärken.
Wenn wir bei der Biotechnologie von einer unverzichtbaren Schlüsseltechnologie sprechen, meinen wir nicht nur das wissenschaftliche Werkzeug, sondern vor allem auch den Nutzen der Biotechnologie für den Patienten. Für Millionen Menschen ist sie bereits unverzichtbar - zum Beispiel bei Diabetes, Krebs, Multipler Sklerose oder der Bluterkrankheit. Insgesamt sind heute 68 gentechnisch hergestellte Medikamente in Deutschland zugelassen. Diese überwältigenden Fortschritte haben viel zum Verständnis und zur Akzeptanz der Biotechnologie in der Medizin beigetragen:- 61 Prozent der Bevölkerung würden laut EMNID ohne größere Bedenken gentechnologisch hergestellte Arzneimittel einnehmen.
- Bei der Krebstherapie erwarten 62 Prozent der Befragten entscheidende Fortschritte durch den Einsatz gentechnisch hergestellter Arzneimittel.Diese Akzeptanz ist enorm wichtig: Sie motiviert unsere Forscher und stärkt damit unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Und sie fördert die Chancen für innovative Therapien und die hochwertige Versorgung der Patienten in Deutschland.
- Und 64 Prozent sehen in der Gentechnologie einen wichtigen High-Tech-Bereich für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Die deutsche Spitzenposition muss weiter ausgebaut werden
In Europa stieg der Anteil biotechnologisch hergestellter Wirkstoffe bei den Neuzulassungen 1999 auf über 30 Prozent an, im Jahr davor lag er noch bei 13 Prozent. Experten halten es für realistisch, dass bis 2018 die Hälfte der chemisch-synthetischen Arzneimittel durch biotechnologische Produkte ersetzt sein wird.
An dieser Entwicklung sind die forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland maßgeblich beteiligt: 1999 stiegen unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich um 7,1 Prozent, die Zahl der Beschäftigten in diesem Sektor legte um 4,3 Prozent zu. Mehr als die Hälfte der Hauptforschungsaktivitäten konzentrieren sich auf die Behandlung von Krebs. Weitere Schwerpunkte sind Infektionskrankheiten, neurologische Erkrankungen, Herz-Kreislaufsystem sowie Immun- und Atemwegserkrankungen. Das Ergebnis: Die Zahl der Patentanmeldungen aus Deutschland ist im Bereich Biotechnologie im vergangenen Jahr um 36 Prozent auf 176 gestiegen.
Für die Arzneimittelentwicklung und -herstellung gilt: In Zukunft wird überhaupt kein neues Medikament mehr auf den Markt kommen, an dessen Entwicklung die molekulare Biotechnologie nicht beteiligt war.
Sie ist unverzichtbar für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Branche wie auch des Standortes Deutschland. Deutschland steht in Europa mittlerweile an der Spitze - was die Anzahl von Biotechnologie-Unternehmen und deren Neugründungen betrifft. In Bezug auf die Größe und Reife der Unternehmen besteht jedoch nach wie vor Aufholbedarf zu Großbritannien und den mit großem Abstand führenden USA.
Deutschland steht innerhalb Europas auch an der Spitze, was die Zahl der Kompetenzzen-tren für Biotechnologie angeht. Das Konzept der miteinander konkurrierenden BioRegionen hat sich ausgezahlt. Dies ist ein unschätzbarer Standortvorteil sowohl für Big Pharma als auch für Start-ups. Gerade letztere können sich in einer einzigartigen Wissenschaftslandschaft ansiedeln.
Die Biotechnologie ist Garant für den therapeutischen Fortschritt
Wir haben in Deutschland die Menschen, das Wissen und das Kapital, um alle Möglichkei-ten der Biotechnologie für die Patienten zu nutzen. Die Herausforderungen sind nach wie vor gewaltig. Zwei Drittel aller bekannten Krankheiten sind bisher nicht adäquat therapier-bar. Für den dringend notwendigen therapeutischen Fortschritt reichen die traditionellen Ansätze nicht mehr aus. Wir befinden uns in einer Phase der pharmazeutischen Forschung, in der wir mit Hilfe der Biotechnologie zunehmend die Wirkung unserer Medikamente bis ins molekulare Detail hinein verstehen. Dank der Gentechnik können Arzneimittel heute noch schneller erforscht und entwickelt werden. Das alles sind Weichenstellungen pro Patient, pro Innovation und Qualität, pro Wettbewerbsfähigkeit.
Die Patienten wissen um diese Chancen. Sie fordern, dass wir sie ergreifen. Gleichzeitig stehen wir in der Pflicht, alle Risiken zu minimieren - wo immer wir das können. Auch das zeichnet die Qualität von Innovationen aus.
Biotechnologische Erfindungen brauchen einen verlässlichen Rechtsschutz
Innovative Arzneimittel brauchen vor allem den notwendigen Patentschutz. Das gilt auch für biotechnologische Erfindungen - denn sie sind die Basis für die Mehrzahl der Arzneimittel der Zukunft. Ich begrüße es daher nachdrücklich, dass das Bundeskabinett die weitgehend wortgetreue Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie in deutsches Recht beschlossen hat.
Vollkommen unverständlich aber ist, dass das Kabinett - und in der vergangenen Woche auch der Bundesrat - zugleich eine Initiative zur Änderung dieser Richtlinie in Brüssel angekündigt haben. Das ist nicht nur widersprüchlich, das schafft vor allem nicht die notwendige Planungssicherheit für forschende Unternehmen - ob Big Pharma oder Start-up - am Pharmastandort Deutschland.
Seit Mitte der 80-er Jahre hat eine mehr als zehnjährige Diskussion auf EU-Ebene den Patentschutz für diese neue Technologie auf den Prüfstand gestellt. Mit dem eindeutigen Ergebnis, dass das Patentrecht nicht neu geschrieben, sondern modernisiert werden muss. Über zehn Jahre haben das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Ministerrat einschließlich aller nachgeordneten Gremien und Ausschüsse die auch heute noch relevanten Fragen der Patentierung biotechnologischer Erfindungen - sei es den Stoffschutz, die ethischen Belange und forschungsrelevante Fragen - mit dem Ergebnis der vorliegenden Richtlinie erörtert.
Die EU-Biopatenrichtlinie hat damals auch in Deutschland die parlamentarischen Gremien mit großer parteiübergreifender Zustimmung durchlaufen. Und das aus gutem Grund: Denn nach diesem langen Prozess war es endlich gelungen, die Patentierung biotechnologischer Erfindungen europaweit zu harmonisieren. Alle Fragen, die diese Technologie aufwirft - auch die ethischen - wurden berücksichtigt. Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, einer Revision das Wort zu reden, bevor überhaupt erste Erfahrungen mit der Umsetzung in den Mitgliedstaaten gemacht wurden. Die Unternehmen brauchen Rechts- und Planungssicherheit, und die Menschen in unserem Land brauchen ein Gefühl der Sicherheit im Umgang mit der Biotechnologie.
Es geht um "Patente für das Leben"
Mit der am Montag Abend verabschiedeten Stellungnahme der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" zum Gesetzentwurf der Bundesregierung wird die Umsetzung der Biopatentrichtlinie in Deutschland sogar grundsätzlich in Frage stellt.
In der Enquete haben sich Gentechnik-Gegner durchgesetzt, die einseitig den Nutzen der Patentierung biotechnologischer Erfindungen verschweigen, genauso wie sie die internationalen Patentregelungen und die Ergebnisse der Anhörung der Patentrechtsexperten in der Enquete ignorieren. Stattdessen werden Probleme in den Vordergrund gestellt, die im Sinne der Autoren durch die Richtlinie bereits hinreichend geklärt sind - offensichtlich alles, um eine Stimmung zu erzeugen, die ein Ziel hat: Gentechnik zu brandmarken.
Ich sage: Die Regelungen, die die Enquete vorschlägt, verstoßen gegen internationales Patentrecht, sie würden Deutschland im Verhältnis zu anderen Industrienationen isolieren und den forschenden Arzneimittelherstellern jeden Anreiz nehmen, die hohen und risikoreichen Investitionen in biotechnologische Entwicklungen vorzunehmen. Damit gefährden die Vorschläge der Kommission massiv den dringend notwendigen therapeutischen Fortschritt mit Hilfe biotechnologischer Erfindungen und gentechnisch hergestellter Arzneimittel.
Wer zudem, wie die Enquete-Kommission, Interessenkonflikte zwischen etablierten Arzneimittelherstellern und jungen Biotech-Unternehmen konstruiert, bedient Vorurteile, die mit der Realität nichts zu tun haben. Auch die jungen Biotech-Firmen sind essentiell auf einen effektiven Patentschutz angewiesen. Erst vor Kurzem hat sich die deutsche Industrievereinigung Biotechnologie, die mehr als 160 überwiegend kleine und mittlere Biotech-Unternehmen vertritt, für die Biopatentrichtlinie sowie ihre zügige und wortlaut orientierte Umsetzung stark gemacht.
Mit der Biopatentrichtlinie geht es im Kern um "Patente für das Leben". Anstatt Mythen zu bilden oder Horrorszenarien in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen, gilt es auch hier, die Chancen der Biotechnologie verantwortungsvoll auszugestalten.
Gleichzeitig müssen wir die Tabus beim Namen nennen. Aus Respekt vor dem Leben und der Würde des Menschen haben wir Grenzen gesetzt:- Wir sind gegen das Klonen von menschlichen Individuen. Denn wir wollen nicht den veränderten Menschen, sondern wir wollen dem einzelnen Menschen ganz konkret helfen.Wir können Antworten auf die neuen Fragen geben
- Wir sind gegen die Keimbahntherapie. Denn wir wollen eben keine Designerbiologie betreiben und bestimmen können, welches Gen sich weitervererben soll.
Dies sind klare moralische Grundsätze im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland. Aber nicht immer ist diese Klarheit von heute auf morgen möglich. Ein Beispiel: In den USA ist es im Kampf gegen schwere Leiden erlaubt, embryonale Stammzellen zu gewinnen und mit ihnen zu forschen. In Großbritannien gibt es entsprechende politische Vorschläge. In Deutschland verbietet das deutsche Embryonenschutzgesetz die Gewinnung von embryonalen Stammzellen. Die Forschung an von Embryonen abgeleiteten, importierten Stammzellkulturen ist jedoch möglich.
Wir stehen zu dem hohen Schutzniveau für Embryonen, wie es das Embryonenschutzgesetz festschreibt. Aber wir stehen auch vor einem Dilemma: Möglicherweise werden im Ausland in gar nicht so ferner Zukunft Medikamente mit Methoden entwickelt, die nach deutscher Rechtsauffassung die Menschenwürde verletzen. Sollen diese Medikamente Patienten in Deutschland vorenthalten werden? Oder müssen wir diese Präparate importieren, weil wir den öffentlichen Druck gar nicht aushalten? Damit hätte Deutschland ethisch wenig gewonnen, wirtschaftlich jedoch wahrscheinlich etliches verspielt. Welchem Ethos sollen wir uns als Global Player denn nun verpflichtet fühlen?
Hier ist eine offene - auch ergebnisoffene - gesellschaftliche Debatte notwendig. Nur so lässt sich der notwendige Konsens finden. Ich bin davon überzeugt, dass der Konsens bereits heute breiter ist, als in der Öffentlichkeit häufig dargestellt. Ich stimme Bundesforschungsministerin Bulmahn ausdrücklich zu, die sagt: "Die wichtigsten ethischen Grenzen sind in der Tat schon gezogen. Es kann also nur um eine Präzisierung in einzelnen Punkten gehen, um eine vorsichtige Anpassung an den wissenschaftlichen Fortschritt."
Wir fangen dabei nicht bei Null an. Mit unserem bewährten Wertesystem können wir auch die Antworten auf die neue Fragen finden.
- Bei der Krebstherapie erwarten 62 Prozent der Befragten entscheidende Fortschritte durch den Einsatz gentechnisch hergestellter Arzneimittel.
- Mehr Wettbewerb, weniger Staat - für das Gesundheitswesen, die Forschung und den Standort Deutschland
Unsere Mitglieder und ihre Standorte
Die Mitglieder des vfa repräsentieren mehr als zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 102.000 Mitarbeiter:innen.
Rund 21.000 davon sind für die Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln tätig. Allein in Deutschland investieren die forschenden Pharma-Unternehmen jährlich 9,6 Mrd. Euro in die Arzneimittelforschung für neue und bessere Medikamente. Dies entspricht etwa 42 Millionen Euro pro Arbeitstag.