Arzneimittelsicherheit
Arzneimittelsicherheitsnetz auf hohem Niveau weiter verbessern
Statement von Cornelia Yzer
Statement von Dr. Dr. Andreas Barner
Berlin (VFA). "Es darf jetzt nicht dazu kommen, dass Patienten Arzneimittel, die sie dringend brauchen, aufgrund von Verunsicherungen absetzen und damit ihre Gesundheit gefährden", warnte heute die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer. "Für die forschenden Arzneimittelhersteller haben Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität ihrer Produkte stets oberste Priorität. Gleichzeitig sehen wir uns immer wieder in der Pflicht, darauf hinzuweisen, dass es den hohen Nutzen des Arzneimittels nicht ohne Risiko geben kann. Der Nutzen muss aber im Einzelfall das Risiko eindeutig übersteigen", betonte Yzer.
Die Hauptgeschäftsführerin verwies darauf, dass die VFA-Mitgliedsunter-nehmen - die rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes repräsentieren - über ein weltweites Risk-Management verfügen, um Arzneimittelrisiken möglichst frühzeitig zu erfassen und die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. "Diese Sicherheitssysteme unserer Unternehmen werden einer ständigen Prüfung unterzogen. Dies muss auch für das gesamte System und alle daran Beteiligten gelten."
Mit Blick auf eine Verbesserung des gesamten Arzneimittelsicherheitsnetzes sprach sich Yzer für eine Überprüfung des Frühwarnsystems aus und kündigte dabei die Mitwirkung des Verbandes an. Die VFA-Hauptge-schäftsführerin erwartet Fortschritte vor allem durch ein einheitliches Frühwarnsystem in Europa: "Eine europäische Pharmakovigilanz-Datenbank, die Nebenwirkungen zusammenfasst, muss jetzt zügig eingerichtet werden." Des weiteren sollten die nationalen Zulassungsbehörden - dem Beispiel der europäischen Behörde EMEA folgend - nach der Zulassung eines Arzneimittels einen öffentlichen Bewertungsbericht erstellen und im Internet zugänglich machen. Der VFA tritt darüber hinaus für die Einrichtung einer europaweiten pharmakoepidemiologischen Datenbank ein. "Damit", so Yzer, "stünde eine valide Quelle zur Verfügung, um Risikomeldungen über Arzneimittel einordnen zu können."
"Der Patient steht für uns im Mittelpunkt. Das gilt für die Therapie genau-
so wie für die Information", betonte die Hauptgeschäftsführerin. Die jetzt erhobene Forderung, Patienten-Vertreter in das System der Arzneimittelsicherheit einzubeziehen, sollte nach Ansicht des VFA vorurteilsfrei geprüft werden. Yzer verwies darauf, dass die forschenden Arzneimittelhersteller maßgeblich daran mitgewirkt hätten, dass die Packungsbeilagen für Medikamente künftig besser verständlich sind und eine noch größere Anwendungssicherheit für die Patienten bieten: "Unser Ziel ist, die Packungsbeilage konsequent an den Informations-Bedürfnissen der Patienten auszurichten."
Dr. Andreas Barner, Mitglied der Unternehmensleitung der Boehringer Ingelheim GmbH, Unternehmensbereich Pharma-Forschung, Entwicklung und Medizin, unterstrich, dass sich für die Patienten Arzneimittel täglich millionenfach bewähren. Die Sterblichkeit durch Krankheiten ist in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 40 Prozent gesunken. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland hat sich in den vergangenen 25 Jahren um rund zehn Prozent erhöht. "Dazu haben Arzneimittelinnovationen einen wesentlichen Beitrag geleistet", sagte Barner und verwies auf Therapiedurchbrüche durch Arzneimittelinnovationen. Durch diese Innovationen können bisher unbehandelbare Krankheiten therapiert, das Wirkungsspektrum erweitert oder eine bessere Verträglichkeit wegen eines günstigeren Nebenwirkungsprofils erreicht werden.
Barner verdeutlichte, dass seltene Nebenwirkungen erst nach der Zulassung entdeckt werden können, wenn Tausende, Hunderttausende oder Millionen von Patienten das neue Arzneimittel anwenden. Er rechnete vor, dass seltene Risiken - obwohl in den klinischen Prüfungen der Phase III ein Arzneimittel an bis zu 10.000 Patienten geprüft wird - erst im breiten Einsatz aufgrund individueller Dispositionen erkennbar werden. Sonst müssten bei einer Nebenwirkungsinzidenz von 1:100.000 mindestens 300.000 Patienten in die klinischen Studien einbezogen werden, um die Nebenwirkung bereits zum Zeitpunkt der Zulassung erfassen und einordnen zu können.
"Arzneimittel kommen nach einem langjährigen, zielgerichteten Forschungsprozess auf den Markt. Sie sind sorgfältig erforscht, geprüft und einem behördlichen Zulassungsverfahren unterzogen, bevor sie dem Patienten zur Verfügung stehen", erläuterte Barner und verwies darauf, dass bis zur Zulassung durchschnittlich zehn bis zwölf Jahre vergehen und rund 500 Millionen Dollar investiert werden. In Deutschland wenden die VFA-Mitgliedsfirmen jährlich 6,2 Milliarden für die Forschung auf - das sind 17 Millionen DM pro Tag.
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Der VFA hat die wichtigsten Informationen über die Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln und die Überwachung der Arzneimittelsicherheit nach der Zulassung als Hintergrund-Papiere aufbereitet. Sie können im Internet unter https://www.vfa.de/extern/d/presse/index.html unter dem Stichwort "Spezial Arzneimittelsicherheit" abgerufen oder als Fax- bzw. Mail-Version bei der VFA-Pressestelle, Tel.: 0 30/2 06 04-208, Fax: 0 30/2 06 04-209, E-Mail: f.ehret@vfa.de, bestellt werden.
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Pressekonferenz
"Unsere Arzneimittel sind sicher - der Verunsicherung der Patienten entgegentreten"
des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V.
Berlin, 24. August 2001
Cornelia Yzer
Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller
Das System der Arzneimittelsicherheit wird derzeit von vielen hinterfragt. Die Schlagzeilen haben in dieser Woche wieder abgenommen. Doch bei vielen Patienten bleibt Verunsicherung zurück. Zwar sehen nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "dimap" 51 Prozent der Deutschen jetzt keinen Grund, an ihrem Arzneimittelgebrauch etwas zu ändern. Doch wenn es um Arzneimittel geht, reicht uns diese Mehrheit nicht aus. Es darf nicht dazu kommen, dass Patienten Arzneimittel, die sie dringend brauchen, aufgrund von Verunsicherungen absetzen und damit ihre Gesundheit gefährden.
Für die forschenden Arzneimittelhersteller haben Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität ihrer Produkte oberste Priorität. Gleichzeitig sehen wir uns immer wieder in der Pflicht, darauf hinzuweisen, dass es den hohen Nutzen des Arzneimittels nicht ohne Risiko geben kann. Der Nutzen muss aber im Einzelfall das Risiko eindeutig übersteigen. Dem muss Rechnung getragen werden bei der Entwicklung, der Zulassung, der individuellen Therapieentscheidung und Anwendung sowie bei der Überwachung der Arzneimittel.
Arzneimittel beweisen Tag für Tag ihren Nutzen
Arzneimittel bewähren sich täglich millionenfach. Sie sind erfolgreich: Die Sterblichkeit durch Krankheiten ist in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 40 Prozent gesunken. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland hat sich in den vergangenen 25 Jahren um rund zehn Prozent erhöht. Dazu haben Arzneimittelinnovationen einen wesentlichen Beitrag geleistet.
Arzneimittelinnovationen bringen Therapiedurchbrüche, mit denen bisher unbehandelbare Krankheiten therapiert werden können, eine Verbreiterung des Wirkungsspektrums oder eine bessere Verträglichkeit wegen eines günstigeren Nebenwirkungsprofils.
Hierzu einige Beispiele:
An Multipler Sklerose sind in Deutschland rund 120.000 Menschen erkrankt. Mit Interferonen konnte erst vor kurzem ein deutlicher Therapiefortschritt erreicht werden. Die Anzahl der Krankheitsschübe kann damit um die Hälfte vermindert werden, ebenso deren Schwere und Dauer. Das erspart vielen Betroffenen ein jahrelanges Leben im Rollstuhl und viele Aufenthalte im Krankenhaus.
Im Fall von Hepatitis C, bei der davon ausgegangen wird, dass es bis zu 800.000 Infizierte - die Dunkelziffer ist hoch - in Deutschland gibt, lag früher mit der alleinigen Interferontherapie die Ansprechrate bei einem Prozent. Die Einführung einer Kombinationstherapie brachte bereits eine Verbesserung auf 10 bis 30 Prozent. Mit der Therapiekombination mit einem neuentwickelten Langzeitinterferon können jetzt 50 bis 70 Prozent der Infizierten virusfrei leben.
Zur Behandlung von Dickdarmkrebs steht seit Anfang 2001 ein oral wirksames Arzneimittel gegen metastasierenden Dickdarmkrebs - der jährlich in Deutschland zu 55.000 Neuerkrankungen und 30.000 Todesfällen führt - zur Verfügung. Dieses Arzneimittel ist im Unterschied zu bereits vorhandenen Therapien oral wirksam, besser verträglich und reduziert dadurch stationäre Behandlungen wegen schwerer Nebenwirkungen.
Bei Migräne, an der mindestens 5,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden, konnte durch Einführung der Triptane eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden. Dadurch ist eine effektivere und schnellere Behandlung bei deutlich gesenkten Nebenwirkungen im Vergleich zur früheren Behandlung mit Mutterkornalkaloiden möglich.
Und ausdrücklich möchte ich hier auch die Statine nennen: Schlaganfälle sind nach Herzerkrankungen und Krebs die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für Behinderungen. Jährlich erleiden 280.000 Menschen einen Herzinfarkt, der bei 35 Prozent von ihnen zum Tode führt. Einer der wichtigsten Risikofaktoren für diese beiden Erkrankungen ist ein erhöhter Cholesterinspiegel, der in den meisten Fällen nicht ausreichend durch entsprechende Diät gesenkt werden kann. Durch die Behandlung mit Statinen kann die Gesamtmortalität um 30 Prozent gesenkt werden.
Diese wenigen Beispiele beweisen, dass der schnelle Zugang zu Innovationen für den Patienten gewährleistet sein muss, damit die neue Therapiechance ihm nicht verschlossen bleibt.
Die breite Anwendung eines Arzneimittels führt immer wieder zu neuen Erkenntnissen
Die breite Anwendung von Arzneimitteln führt immer wieder zu neuen Erkenntnissen, die zum Zeitpunkt der Zulassung nicht bekannt sein konnten. Diese können sowohl auf der Nutzen- als auch auf der Risikoseite auftreten.
Ein unbestrittener zusätzlicher Nutzen hat sich zum Beispiel erst Jahre nach der Zulassung bei ACE-Hemmern gezeigt. Diese wurden ursprünglich als Mittel gegen Bluthochdruck entwickelt. Auf Grund neuer Erkenntnisse Jahre nach ihrer Markteinführung konnten sie als Mittel zur Behandlung von Herzinsuffienz weiterentwickelt werden.
Seltene Risiken werden - obwohl in den klinischen Prüfungen der Phase III ein Arzneimittel an bis zu 10.000 Patienten geprüft wird - erst im breiten Einsatz aufgrund individueller Dispositionen erkennbar. Bei einer Nebenwirkungsinzidenz von 1:100.000 müssten mindestens 300.000 Patienten in die klinischen Studien einbezogen werden, um die Nebenwirkung bereits zum Zeitpunkt der Zulassung statistisch erfassen und einordnen zu können. Und selbst dann würde noch gelten, dass die genetische Disposition eines Einzelnen die globalen Studienergebnisse für diesen in ihr Gegenteil verkehren können.
Wir brauchen ein einheitliches Frühwarnsystem in Europa
Das Wissen um diese Fakten erfordert ein hocheffizientes Arzneimittel-Sicherheitssystem. Unsere Mitgliedsunternehmen verfügen über ein solches weltweites Risk-Management, um Arzneimittelrisiken möglichst frühzeitig zu erfassen und Konsequenzen daraus zu ziehen. Herr Dr. Barner wird Ihnen dieses engmaschige Netz gleich näher erläutern.
So wie unsere Unternehmen ihre Sicherheitssysteme einer ständigen Prüfung unterziehen, muss dies auch für das gesamte Arzneimittel-Sicherheitssystem und alle daran Beteiligten gelten. Verbesserungen sollten aufgrund des globalen Einsatzes der Produkte zumindest im europäischen Rahmen erfolgen. Nationale Alleingänge können nur noch wenig bewirken.
Wir sind bereit, bei der geplanten Überprüfung des Frühwarnsystems mitzuwirken. Aus unserer Sicht haben dabei folgende Punkte Priorität:
- Wir brauchen ein einheitliches Frühwarnsystem in Europa: eine europäische Pharmakovigilanz-Datenbank, in der Nebenwirkungen zusammen gefasst werden, muss jetzt zügig eingerichtet werden.
- Dem Beispiel der europäischen Zulassungsbehörde EMEA folgend, sollten auch die nationalen Zulassungsbehörden nach der Zulassung eines Arzneimittels einen öffentlichen Bewertungsbericht erstellen und im Internet zugänglich machen.Die jetzt erhobene Forderung, Patienten-Vertreter in das System der Arzneimittelsicherheit einzubeziehen, sollte nach unserer Ansicht vorurteilsfrei geprüft werden.
- Wir treten für die Einrichtung einer europaweiten pharmakoepidemiologischen Datenbank ein. Damit stünde eine valide Quelle zur Verfügung, um Risikomeldungen über Arzneimittel einordnen zu können.
Der Patient steht für uns im Mittelpunkt: Das gilt für die Therapie genauso wie für die Information. So haben wir maßgeblich daran mitgewirkt, dass die Packungsbeilagen künftig besser verständlich sind und eine noch größere Anwendungssicherheit für die Patienten bieten. Unser Ziel ist, die Packungsbeilage konsequent an den Informations-Bedürfnissen der Patienten auszurichten.
Unsere Vision ist die maßgeschneiderte Medizin
Lassen Sie mich noch einen kurzen Blick in die Zukunft werfen:
Mit der Vision einer maßgeschneiderten Medizin investieren die forschenden Arzneimittelhersteller derzeit in das neue Forschungsgebiet Pharmakogenetik, um Medikamente mit besserem Nutzen-Risiko-Verhältnis zu entwickeln. Mit genetischen Markern soll es möglich sein, die Wirksamkeit und/oder Verträglichkeit eines Arzneimittels bei einem bestimmten Patienten präziser vorauszusagen.
Diesen Weg zeigt ein neues Brustkrebsmittel auf, das im August 2000 zugelassen worden ist. Es wird erst nach einem Test eingesetzt, mit dessen Hilfe zielgenau die 30 Prozent der Patientinnen ermittelt werden, bei denen dieses neue Arzneimittel wirksam ist. Dieses neue Medikament verlängert die Überlebensrate um 40 Prozent.
Innovationen sind entscheidend für die moderne Medizin von heute. Diese Erfolgsgeschichte der Arzneimittel wollen wir auch morgen fortsetzen. Darauf können sich die Patienten verlassen.
Pressekonferenz
"Unsere Arzneimittel sind sicher - der Verunsicherung der Patienten entgegentreten"
des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e. V.
Berlin, 24. August 2001
Dr. Dr. Andreas Barner
Mitglied der Unternehmensleitung der Boehringer Ingelheim GmbH,
Unternehmensbereich Pharma-Forschung, Entwicklung und Medizin
Arzneimittel sind hochkomplexe Produkte, die in die vielfältigen und fein aufeinander abgestimmten Stoffwechselreaktionen des menschlichen Körpers eingreifen. Sie sind sorgfältig erforscht, geprüft und einem behördlichen Zulassungsverfahren unterzogen, bevor sie dem Patienten zur Verfügung stehen.
Ein detailliertes System von Verfahrensvorschriften und genau definierter Handlungsanweisungen trägt dazu bei, dass die Sicherheit von Arzneimitteln auch auf dem Markt ständig und sorgfältig überwacht wird. In erster Linie sind die Arzneimittelhersteller für diese Sicherheit verantwortlich.
Diese Verantwortung übernehmen sie bereits an dem Tag, an dem die Forschung an einem neuen Medikament beginnt.
Arzneimittel sind das Ergebnis eines langjährigen, zielgerichteten Forschungsprozesses, der bis zur Zulassung durchschnittlich 10 bis 12 Jahre dauert und 500 Mio Dollar kostet unter Einschluss der Forschungsprojekte, die nicht zum Erfolg führen. In Deutschland wenden die VFA-Mitgliedsfirmen 17 Mio DM täglich für die Forschung auf. Dies sind 6,2 Mrd DM im Jahr.
Etwa 4 bis 6 Jahre nach Beginn des Entwicklungsprozesses, in dem an Tieren die pharmakologischen und die toxikologischen Wirkungen sowie der Transport und Abbau untersucht wurde, und nach einem zustimmenden Votum der Ethikkommission kann die Phase I der klinischen Prüfung mit 60 bis 80 gesunden Probanden beginnen. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits von ursprünglich 5.000 Prüfsubstanzen lediglich noch 12 übrig geblieben. In dieser Phase I der klinischen Prüfung geht es darum, die Verträglichkeit des Prüfpräparates nachzuweisen und herauszufinden, wie es sich im Körper verteilt, wie es um- und abgebaut und ausgeschieden wird.
Dabei wird jedes unerwünschte Ereignis, vom harmlosen Schnupfen bis zur schwerwiegenden Nebenwirkung, protokolliert und von Arzneimittelsicherheitsexperten bewertet. Sind Zusammenhänge mit der Testsubstanz nicht sicher auszuschließen, wird das unerwünschte Ereignis in die Sicherheitsdokumentation aufgenommen und in den folgenden Phasen der klinischen Prüfung an größeren Patientenzahlen weiter untersucht.
Alle Einzelbewertungen bilden dann die Grundlage für eine während der klinischen Prüfung ständig fortzuschreibende Nutzen-Risiko-Abwägung: Übersteigt der zu erwartende therapeutische Nutzen die Risiken der Substanz tatsächlich in einem solchen Maße, dass es ärztlich vertretbar ist, die Probanden diesen Risiken auszusetzen? Im Zweifelsfall muss die klinische Prüfung abgebrochen werden: Über die Hälfte der Kandidaten fallen in diesem Stadium durch.
Nach erfolgreichem Abschluss der Phase I-Studien folgen Phase II-Prüfungen an 100 bis 500 Patienten. Dabei wird geklärt, ob das Prüfpräparat wirksam ist und welche Nebenwirkungen und welche Wechselwirkungen es mit anderen Medikamenten gibt, die die Patienten noch einnehmen müssen. Außerdem wird untersucht, wie sich Leber- und/oder Nierenfunktionsstörungen auf Abbau und Ausscheidung des Wirkstoffs auswirken.
In Phase III wird das Prüfmedikament an bis zu 10.000 Patienten, meist in verschiedenen Ländern geprüft. Dadurch sollen genetische Unterschiede und solche bei den Lebens- und Essgewohnheiten und dem Alter miterfasst werden.
Danach werden die ausgewerteten und zusammengestellten Unterlagen bei der Zulassungsbehörde eingereicht. Dort findet eine Prüfung der umfangreichen Dokumentation und schließlich eine abschließende, behördliche Nutzen-Risiko-Abwägung statt. Die Zulassung wird erteilt, wenn das Arzneimittel ausreichend geprüft wurde, eine angemessene Qualität aufweist, die therapeutische Wirksamkeit nachgewiesen wurde und kein Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein vertretbares Maß hinausgehen.
Die Behörde kann die Zulassung mit bestimmten Auflagen verbinden. Diese können von Anwendungsbeobachtungen über weitere klinische Prüfungen bis zu toxikologischen Studien reichen. Letzteres ist aber nur der Fall bei Arzneimitteln gegen schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankungen, für die bisher keine Behandlungsmöglichkeiten bestanden. Dies zeigt das Dilemma, vor dem wir alle stehen: Von den 30.000 bekannten Krankheiten sind derzeit nur rund 10.000 adäquat therapierbar. Daraus ist der hohe Bedarf an Innovationen ersichtlich.
Alle zugelassenen Arzneimittel dürfen nur mit einer Packungsbeilage in den Verkehr gebracht werden. Darin müssen u. a. die Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen, Warnhinweise, Wechselwirkungen, Nebenwirkungen sowie eine genaue Dosierungsanleitung mit Art, Menge und Dauer der Anwendung aufgeführt werden.
Den Ärzten und Apothekern werden detailliertere Informationen in den sogenannten Fachinformationen zur Verfügung gestellt.
Nach der Zulassung wenden Tausende, Hunderttausende oder Millionen von Patienten das neue Arzneimittel an. Wenn bislang nicht erkannte Nebenwirkungen existieren, werden sie jetzt auftreten. In einem solchen Fall muss das Arzneimittelsicherheitsnetz greifen. An diesem sind die Firmen, Behörden Ärzte, Apotheker und Patienten beteiligt.
Im Jahr 2000 waren dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 150.000 Nebenwirkungsmeldungen gemeldet worden. In diesem Meldesystem sind die Arzneimittelhersteller eine tragende Säule. Sie selbst liefern den überwiegenden Teil dieser Meldungen. Die VFA-Firmen verfügen über ein global organisiertes Risikomanagementsystem. Neben den Arzneimittelsicherheitsexperten spielt darin der Stufenplanbeauftragte eine ganz wesentliche Rolle. Dieser bewertet die eingehenden Meldungen und koordiniert die notwendigen Maßnahmen. Er ist persönlich für die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Anzeigepflichten gegenüber den Behörden verantwortlich. Ihm obliegt die Bewertung der eingehenden Spontanmeldungen. Bei Verdacht auf schwerwiegende Neben- oder Wechselwirkungen sind innerhalb von 15 Tagen die Behörden zu informieren. Darüber hinaus müssen alle eingegangenen Nebenwirkungsmeldungen in einem Periodic Safety Update Report (PSUR) in den ersten beiden Jahren nach der Zulassung alle 6 Monate, danach 3 Jahre lang jährlich und anschließend alle 5 Jahre gemeldet werden.
Die Behörde hat diese Meldungen zentral zu erfassen und jedem Einzelfall nachzugehen und die notwendigen Maßnahmen zu veranlassen. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation, der Zulassungsbehörden anderer Länder, den Arzneimittelkommissionen und weiteren Stellen.
Bei der Möglichkeit schwerer Arzneimittelrisiken handeln die Experten in Deutschland nach einem im Arzneimittelgesetz festgelegten Stufenplan. In der Stufe I dieses Verfahrens werden die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer aufgefordert, zu dem vermuteten Arzneimittelrisiko weitere Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie werden im nationalen und internationalen Austausch ausgewertet.
Erhärtet sich während des Informationsaustausches oder aufgrund anderer Daten der Verdacht auf ein gesundheitliches Risiko, wird die Stufe II eingeleitet. Bei akuten Risiken können die Maßnahmen bis zum Ruhen bzw. dem Widerruf der Zulassung und dem Rückruf des Arzneimittels reichen.
Um Meldungen über Nebenwirkungen frühzeitig zur Verfügung zu haben, ist es natürlich wünschenswert, dass möglichst viele Nebenwirkungen dem Hersteller gemeldet werden und die forschende Arzneimittelindustrie ist dezidiert daran interessiert, zusammen mit der Ärzteschaft die behandelnden Ärzte zu ermutigen, Nebenwirkungen zu melden.
Ebenso wie nach der Zulassung seltene Risiken besser erfasst werden können, werden nach der Zulassung die Präparate auch bezüglich ihres Nutzens weiter charakterisiert: so wurde beispielsweise für die ACE-Hemmer gezeigt, dass sie nicht nur den Blutdruck senken, sondern die Sterblichkeit bei Herzinsuffizienz deutlich reduzieren; so wurde für die Lipidsenker gezeigt, dass sie nicht nur die Lipide senken, sondern auch die Sterblichkeit bei Patienten nach Herzinfarkt oder koronarer Herzerkrankung deutlich reduzieren. So wurde ebenfalls gezeigt, dass die TNF-alpha Antikörper nicht nur die Symptome der Entzündung der rheumatischen Arthritis beeinflussen, sondern auch die Gelenkdestruktionen verhindern können. Um diese zusätzlichen Nutzenaspekte zu zeigen und herauszuarbeiten sind häufig langjährige große und teuere klinische Studien erforderlich. So beginnt beispielsweise derzeit eine 30.000 Patientenstudie (OnTarget), die - weltweit durchgeführt - zum Ziel hat, zu zeigen, dass Angiotensin2-Antagonisten kombiniert mit ACE-Inhibitoren in einer entsprechenden Risikopopulation lebensverlängernd wirksam sind und besser wirksam sind als die ACE-Inhibitoren oder Angiotensin2-Antagonisten alleine.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Nutzen und Risiken der Arzneimittel sehr gut beschrieben sind, dass ein verstärktes Bewusstsein der Patienten, der Öffentlichkeit und der behandelnden Ärzte über die Risiken wichtig ist, und dass die forschende Arzneimittelindustrie alles daransetzt, sicherzustellen, dass Risiken, auch die seltenen, rasch erkannt werden und vor allem, dass der Nutzen ihrer Medikamente die Risiken bei weitem überwiegt.
- Dem Beispiel der europäischen Zulassungsbehörde EMEA folgend, sollten auch die nationalen Zulassungsbehörden nach der Zulassung eines Arzneimittels einen öffentlichen Bewertungsbericht erstellen und im Internet zugänglich machen.
Unsere Mitglieder und ihre Standorte
Die Mitglieder des vfa repräsentieren mehr als zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 102.000 Mitarbeiter:innen.
Rund 21.000 davon sind für die Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln tätig. Allein in Deutschland investieren die forschenden Pharma-Unternehmen jährlich 9,6 Mrd. Euro in die Arzneimittelforschung für neue und bessere Medikamente. Dies entspricht etwa 42 Millionen Euro pro Arbeitstag.