GKV
VFA legt Ergebnisse einer repräsentativen Emnid-Umfrage vor
Statement von Cornelia Yzer
"Das Vertrauen der Patienten in das deutsche Gesundheitssystem ist erschüttert." Dieses Fazit zog Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), heute bei der Vorstellung der Ergebnisse einer Repräsentativ-Umfrage von insgesamt 1.891 Personen des Meinungsforschungs-Instituts TNS Emnid. "Wenn 66 Prozent der Bevölkerung der Auffassung sind, dass es in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin gibt sowie 63 Prozent der Kassenpatienten und 67 Prozent der Privatversicherten glauben, dass Kassenpatienten alles in allem eine schlechtere Gesundheitsversorgung erhalten, ist das ein klarer Vertrauensschwund in die gesundheitliche Versorgung", sagte Yzer.
Die VFA-Hauptgeschäftsführerin verwies darauf, dass diese Zahlen noch dramatischer ausgefallen seien, wenn sich die von Arzneimittelablehnungen betroffenen Patienten äußern. Sie bewerten das Gesundheitssystem in Deutschland in allen abgefragten Punkten signifikant schlechter. Von ihnen betonen sogar 84 Prozent, dass die Zwei-Klassen-Medizin ein Kennzeichen des deutschen Gesundheitssystems ist. Yzer: "Der Kredit des einstmals guten Rufes des deutschen Gesundheitssystems ist zumindest bei den Opfern des Arzneimittelbudgets praktisch aufgebraucht."
Die Meinung der Bevölkerung über die Arzneimittelbudgets ist nach der Emnid-Befragung eindeutig: 69 Prozent der Befragten halten das Arzneimittelbudget für gefährlich, da es zur Unterversorgung des Patienten führt. Von 59 Prozent wird es bestenfalls als vorübergehende Maßnahme geduldet, und nur 34 Prozent der Befragten meinen, dass es absolut notwendig ist, da es keine Finanzierungsalternative gibt. Bei den in den letzten zwölf Monaten von Arzneimittelablehnungen Betroffenen schlagen sich die Befürchtungen über negative Budget-Folgen noch deutlicher nieder: 84 Prozent von ihnen fürchten die Unterversorgung unter den Bedingungen des Budgets.
"In dieser drastischen Einschätzung hat das Arzneimittelbudget keine Zukunft", bekräftigte die VFA-Hauptgeschäftsführerin. Bei der Umfrage sprachen sich 64 Prozent dafür aus, dass das Arzneimittelbudget abgeschafft werden soll.
Bei der Frage nach Einschränkungen der medizinischen Versorgung gaben 9,3 Prozent der gesetzlich Versicherten an, dass bei ihnen in den vergangenen zwölf Monaten die Verordnung eines Arzneimittels abgelehnt oder verschoben wurde. Bei den Privatversicherten beträgt dieser Anteil dagegen nur 1,9 Prozent. Yzer: "Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Verordnung von Arzneimitteln bei den gesetzlich Versicherten stärker eingeschränkt wird als bei den Privatversicherten." Hochgerechnet bedeutet dies: In Deutschland werden pro Jahr bei ca. 3,5 Millionen der gesetzlich Versicherten ab 18 Jahren Arzneimittelverordnungen abgelehnt oder verschoben.
Besonders hoch ist demnach die Wahrscheinlichkeit von Arzneimittelablehnungen bei chronisch Kranken: 14,6 Prozent haben innerhalb der letzten zwölf Monate erlebt, dass der Arzt Arzneimittel ablehnte oder die Verordnung aufschob. Insgesamt ist es bei 13,2 Prozent der gesetzlich versicherten Patienten, die innerhalb der letzten zwölf Monate einen Arzt aufgesucht hatten, schon einmal oder mehrmals vorgekommen, dass Gesundheitsleistungen (Verordnungen, Untersuchungen, Behandlungen) abgelehnt oder verschoben wurden. Bei chronisch Kranken beträgt der Anteil abgelehnter Gesundheitsleistungen sogar 19 Prozent der Patienten.
In der Umfrage wurden auch die Folgen und Gründe von Arzneimittelablehnungen ergründet. Danach nennen 59 Prozent der befragten gesetzlich Versicherten, bei denen Arzneimittel abgelehnt worden sind, das Arzneimittelbudget oder die Arzneimittelkosten als Grund für die Ablehnung. Bei 84 Prozent der Betroffenen wurde das abgelehnte beziehungsweise verschobene Arzneimittel bislang verordnet. 44 Prozent gaben an, durch die Verweigerung der Verordnung gesundheitliche Nachteile gehabt zu haben.
"Wer diese Ergebnisse näher betrachtet und vor deren möglichen, beziehungsweise tatsächlichen Folgen in unserem Gesundheitssystem nicht die Augen verschließt, der muss manche in diesen Tagen geführte Diskussion um Einsparpotenziale in der Arzneimittelversorgung als Geisterdebatte empfinden", erklärte die VFA-Hauptgeschäftsführerin. Sie erwarte, dass nach diesen Ergebnissen die Diskussion um Arzneimittelbudgets eine neue Qualität bekomme. Es könne heute nicht mehr ernsthaft geleugnet werden,
dass das Arzneimittelbudget eine Hauptursache für Unterversorgung ist: "Ein Festhalten am Budget führt nicht nur zur Rationierung in der Arzneimittelversorgung in Deutschland, sondern zementiert auch eine Zwei-Klassen-Medizin."
Diese Situation schlage sich auch in der Bewertung der Gesundheitspolitik nieder. Sie bekommt in der Umfrage durchweg schlechte Noten. "Regierung und Opposition haben hier nach Auffassung der Bevölkerung offensichtlich das Klassenziel verfehlt", kommentierte die VFA-Hauptgeschäftsführerin die Werte. Danach meinen nur etwas über 50 Prozent der Befragten, der derzeitigen Regierung seien die Probleme bei der Finanzierung des Gesundheitssystems bewusst. Dass sie von ihr gelöst werden, trauen der Regierung nur ganze 43 Prozent zu. Noch weniger sehen diese Kompetenz indes bei der Opposition, von der nur 35 Prozent erwarten, dass sie sich in der Regierungsverantwortung stärker für die Gesundheitspolitik engagiert als die derzeitige Regierung.
"Dass der Patient Gesundheitssystem nicht nur eine Kur braucht, sondern umfassend therapiert werden muss, ist indes für die Bevölkerung offenbar keine Frage", erklärte Yzer. So meinen rund 70 Prozent der Befragten, dass die Gesetzliche Krankenversicherung sich auf die wesentlichen und notwendigen Leistungen konzentrieren soll und zwischen den Kassen mehr Wettbewerb herrschen muss. Eine überaus breite Mehrheit ist der Ansicht, dass der Einsatz von modernen innovativen Arzneimitteln für die Behandlung chronischer und schwerer Erkrankungen notwendig ist: 89 Prozent der Befragten halten dies für unverzichtbar oder wichtig. Die Bereitschaft, bei geringfügigen Erkrankungen die Kosten für Arzneimittel selbst zu tragen, wenn dafür bei schwerwiegenden Erkrankungen alle Medikamente erstattet werden, die einer modernen und qualitativ hochwertigen Medizin entsprechen, besteht bei 85 Prozent der Befragten. Yzer: "Diese Antworten kommen einem Auftrag zu einer gründlichen Reform des Gesundheitswesens gleich."
Zu diesem Thema gibt es zwei Grafiken - "Gesundheitssystem in der Ver-trauenskrise" (Nr. 3051100) und "Patienten beklagen gesundheitliche Nach- teile" (Nr. 3041100) - zum honorarfreien Abdruck als Datei (s/w oder farbig) bei imu-infografik, Tel. 0201/ 8403011, E-Mail: imuinfo@aol.com
Die komplette Dokumentation der Umfrage-Ergebnisse stellt Ihnen der VFA gerne zur Verfügung. Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:
Marc Rath
Tel. 0 30/2 06 04-203
Fax 0 30/2 06 04-209
Pressekonferenz
Ergebnisse der Emnid-Umfrage "Auswirkungen der Budgetierung auf die Arzneimittelversorgung und das Vertrauen in das Gesundheitssystem"
des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V.
Berlin, 20. November 2000
Cornelia Yzer
Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller
Der VFA hat das Thema Unterversorgung und die Auswirkungen des Arzneimittelbudgets in diesem Sommer vielfach beleuchtet. Unsere Dokumentation "Defizite in der Arzneimittelversorgung in Deutschland" hat eine große Resonanz erzeugt. Zu Recht: Die Arzneimittelbudgets sind zu einer Dauerbelastung für die Patienten geworden.
Wir haben uns daher entschlossen, diese Diskussion nicht nur den Fachkreisen zu überlassen, sondern über eine repräsentative Befragung die Meinung der Menschen auf der Straße zu erfahren. Ziel der Umfrage war es, herauszufinden, wie die Bevölkerung das Gesundheitssystem und die Gesundheitspolitik unter Budgetbedingungen bewertet und natürlich auch wie die Menschen die Arzneimittelbudgets beurteilen.
Bevor ich Ihnen die wesentlichen Ergebnisse vorstellen werde, möchte kurz einige Bemerkungen zu der Repräsentativ-Befragung machen:
Das Meinungsforschungs-Institut TNS Emnid hat im Auftrag des VFA 1.891 Interviews ausgewertet, die in der Zeit vom 29. September bis 9. Oktober 2000 durchgeführt worden sind. Zum Themenspektrum gehören insbesondere Fragen, die Aufschluss über das Vertrauen in das Gesundheitssystem und Einstellungen zum Arzneimittelbudget geben sollten. Die Emnid-Interviewer erkundeten aber auch den allgemeinen Gesundheitszustand ihrer Gesprächspartner und hakten nach, wenn Arzneimittelverordnungen abgelehnt worden sind. Dies halte ich für einen ganz besonderen Wert an dieser Umfrage: Sie vermittelt uns nicht nur einen allgemeinen Überblick über Befindlichkeiten im und zum Gesundheitssystem, sondern enthält auch repräsentative Aussagen derjenigen, die von Restriktionen betroffen sind.
Die wichtigsten Ergebnisse:
Das Vertrauen der Patienten in das deutsche Gesundheitssystem ist erschüttert:
- 66 Prozent der Befragten stimmen zu, dass es in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin gibt.Diese Zahlen fallen noch dramatischer aus, wenn sich die von Arzneimittelablehnungen betroffenen Patienten äußern. Sie bewerten das Gesundheitssystem in Deutschland in allen abgefragten Punkten signifikant schlechter. Während insgesamt lediglich 61 Prozent aller Befragten der Aussage zustimmen "Das Gesundheitssystem in Deutschland sichert für alle den Zugang zum medizinisch-technischen Fortschritt", sehen dies gerade mal 43 Prozent derer so, bei denen in den vergangenen zwölf Monaten ein Arzneimittel abgelehnt worden ist. Von ihnen betonen sogar 84 Prozent, dass die Zwei-Klassen-Medizin ein Kennzeichen des deutschen Gesundheitssystems ist. Unter den von Arzneimittelablehnungen Betroffenen meinen nur 45 Prozent, dass das Gesundheitssystem in Deutschland alles in allem zukunftsfähig ist.
- 63 Prozent der Kassenpatienten und 67 Prozent der Privatversicherten glauben, dass Kassenpatienten alles in allem eine schlechtere Gesundheitsversorgung erhalten.
Diese Äußerungen belegen einen klaren Vertrauensschwund in die gesundheitliche Versorgung, wenn Arzneimittel abgelehnt werden. Der Kredit des einstmals guten Rufes des deutschen Gesundheitssystems ist zumindest bei den Opfern des Budgets praktisch aufgebraucht.
Doch nicht nur das: Regierung und Opposition haben nach Auffassung der Wähler offensichtlich das Klassenziel verfehlt. Die Gesundheitspolitik bekommt in der Umfrage durchweg schlechte Noten:- nur etwas über 50 Prozent der Befragten meint, der derzeitigen Regierung seien die Probleme bei der Finanzierung des Gesundheitssystems bewusst,
- dass sie von ihr gelöst werden, trauen der Regierung nur ganze 43 Prozent zu,Das geringste Vertrauen in die politisch Verantwortlichen haben wiederum jene Personen, die schon einmal von Arzneimittelablehnungen persönlich betroffen waren. Von diesen Personen schreiben nur 35 Prozent der derzeitigen Regierung ein Bewusstsein für die Lösung der Finanzierungsprobleme zu. Ebenfalls nur 35 Prozent glauben, dass sich die Opposition für die Gesundheitspolitik stärker engagieren würde. Das sind deutliche Kennziffern für ein dramatisches Misstrauen.
- noch weniger sehen diese Kompetenz indes bei der Opposition, der nur magere 35 Prozent zutrauen, sich in der Regierungsverantwortung stärker für die Gesundheitspolitik zu engagieren als die derzeitige Regierung.
Dass der Patient Gesundheitssystem nicht nur eine Kur braucht, sondern umfassend therapiert werden muss, ist indes für die Bevölkerung offenbar keine Frage. Vielmehr kommen ihre Antworten einem Auftrag zu einer gründlichen Reform des Gesundheitswesens gleich:- Dass die GKV sich auf die wesentlichen und notwendigen Leistungen konzentrieren soll und zwischen den Kassen mehr Wettbewerb herrschen muss, meinen rund 70 Prozent der Befragten.
- Höhere Einnahmen der Krankenkassen durch Steigerung der Beiträge oder höhere Zuzahlungen werden dagegen deutlich abgelehnt. Hierfür gibt es nur rund zehn Prozent Zustimmung.
- Eine überaus breite Mehrheit ist der Ansicht, dass der Einsatz von modernen innovativen Arzneimitteln für die Behandlung chronischer und schwerer Erkrankungen notwendig ist: 89 Prozent der Befragten halten dies für unverzichtbar oder wichtig - und zwar unabhängig vom Versichertenstatus und unabhängig vom Gesundheitszustand.Das Fazit: Maßnahmen, die zu pauschalen finanziellen Belastungen der Patienten führen, werden in der Bevölkerung abgelehnt, Maßnahmen zur Kosteneinsparung werden mitgetragen, wenn sie die Qualität verbessern.
- Die Bereitschaft, bei geringfügigen Erkrankungen die Kosten für Arzneimittel selbst zu tragen, wenn dafür bei schwerwiegenden Erkrankungen alle Medikamente erstattet werden, die einer modernen und qualitativ hochwertigen Medizin entsprechen, besteht bei 85 Prozent der Befragten.
Ich komme nun zum vielzitierten Reizthema Arzneimittelbudget. Die Meinung der Bevölkerung ist eindeutig: 69 Prozent der Befragten halten das Arzneimittelbudget für gefährlich, da es zur Unterversorgung des Patienten führt. Von 59 Prozent wird es bestenfalls als vorübergehende Maßnahme geduldet, und nur 34 Prozent der Befragten meinen, dass es absolut notwendig ist, da es keine Finanzierungsalternative gibt. Bei den von Arzneimittelablehnungen Betroffenen schlagen sich die Befürchtungen über negative Budget-Folgen noch deutlicher nieder: 84 Prozent von ihnen fürchten die Unterversorgung unter den Bedingungen des Budgets.
In dieser drastischen Einschätzung hat das Arzneimittelbudget keine Zukunft: Tatsächlich sind 64 Prozent der Befragten der Meinung, dass das Arzneimittelbudget abgeschafft werden sollte. Die "Opfer des Arzneimittelbudgets", also Personen, die in den letzten 12 Monaten von Arzneimittelablehnungen betroffen waren, sind mit 78 Prozent signifikant häufiger für eine Abschaffung als Personen ohne diese Erfahrung, von denen aber auch nahezu Zweidrittel ein Ende der Budgets begrüßen würde.
In der vorliegenden Befragung hat Emnid den Gesundheitszustand der Bevölkerung und die Erfahrungen beim Arztbesuch erfragt:- Nach Selbsteinstufung sind 18 Prozent der Befragten krank: 5 Prozent fühlen sich behandlungsbedürftig, 13 Prozent leiden an einer chronischen Erkrankung.Um das Ausmaß möglicher Einschränkungen der medizinischen Versorgung quantitativ abschätzen zu können, hat Emnid bei der Patientenbefragung ermittelt, in welchem Umfang Gesundheitsleistungen abgelehnt oder verschoben werden, aus welchen Gründen dies geschieht, und welche Folgen dies für die Befragten hat:
- In ärztlicher Behandlung waren in den letzten zwölf Monaten 65 Prozent der Befragten
- Von den gesetzlich Versicherten, die in den letzten 12 Monaten in ärztlicher Behandlung waren - also 65 Prozent der Interviewten - kam es bei 9,3 Prozent in diesem Zeitraum vor, dass die Verordnung eines Arzneimittels abgelehnt oder verschoben wurde.Da die vorliegenden Daten auf einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe beruhen, lässt sich das Ausmaß der Arzneimitteleinschränkungen bei den gesetzlich Versicherten durch eine Hochrechnung genauer abschätzen. Das Ergebnis dieser Berechnung: In Deutschland werden pro Jahr bei ca. 3,5 Millionen der gesetzlich Versicherten ab 18 Jahren Arzneimittelverordnungen abgelehnt oder verschoben (Formel: 58 Mio. gesetzlich Versicherte ab 18 Jahren x 65% mit Arztbesuch x 9,3% Ablehnung oder Verschiebung von Arzneimittelverordnungen).
- Bei den Privatversicherten beträgt dieser Anteil dagegen nur 1,9 Prozent. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Verordnung von Arzneimitteln bei den gesetzlich Versicherten stärker eingeschränkt wird als bei den Privatversicherten.
- Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit von Arzneimittelablehnungen bei chronisch Kranken: 14,6 Prozent haben innerhalb der letzten zwölf Monate erlebt, dass der Arzt Arzneimittel ablehnte oder die Verordnung aufschob.In der Umfrage wurden auch die Folgen und Gründe von Arzneimittelablehnungen ergründet. Ich möchte hierbei drei Aspekte hervorheben:
- Insgesamt ist es bei 13,2 Prozent der gesetzlich versicherten Patienten mit Arztbesuch innerhalb von zwölf Monaten schon einmal oder mehrmals vorgekommen, dass Gesundheitsleistungen (Verordnungen, Untersuchungen, Behandlungen) abgelehnt oder verschoben wurden. Bei chronisch Kranken beträgt der Anteil abgelehnter Gesundheitsleistungen sogar 19 Prozent der Patienten. Das ist also fast jeder fünfte.
- 59 Prozent befragten gesetzlich Versicherten, bei denen Arzneimittel abgelehnt worden sind, nennen das Arzneimittelbudget oder die Arzneimittelkosten als Grund für die Ablehnung.
- Bei 84 Prozent der Befragten wurde das abgelehnte bzw. verschobene Arzneimittel bislang verordnet.Einsparpotenziale werden in diesen Tagen gerne zitiert. In zumeist variierenden Größen wird mit ihnen jongliert, um so die Möglichkeiten der Arzneimittelversorgung in Deutschland schön zu rechnen.
- 44 Prozent der Betroffenen gaben an, durch die Verweigerung der Verordnung gesundheitliche Nachteile gehabt zu haben.
Wer diese Emnid-Ergebnisse jedoch näher betrachtet und vor deren möglichen, beziehungsweise tatsächlichen Folgen in unserem Gesundheitssystem nicht die Augen verschließt, der muss manche in diesen Tagen geführte Diskussion als Geisterdebatte empfinden. Doch im Gesundheitswesen hat eine Ausblendung der Wirklichkeit besonders reale, weil fatale Folgen - nämlich mitunter einschneidende Konsequenzen für die lebenswichtige Versorgung der Patienten. Ich meine, nach dieser Befragung muss die Diskussion um Arzneimittelbudgets auch eine neue Qualität bekommen.
Eines kann heute nicht mehr ernsthaft geleugnet werden - das Arzneimittelbudget ist eine Hauptursache für Unterversorgung. Ein Festhalten am Budget führt nicht nur zur Rationierung in der Arzneimittelversorgung in Deutschland, sondern zementiert auch eine Zwei-Klassen-Medizin.
Patienten und Ärzte sind Leidtragende der Budgets. Die Budgets behindern eine moderne Therapie nach dem Stand der Wissenschaft. Die finanziellen Limitierungen führen zur Rationierung. Arzneimittelinnovationen können nicht mehr hinreichend berücksichtigt und eingesetzt werden. Sie werden verzögert, eingeschränkt oder gar nicht verschrieben. Der Arzt steht in dem Konflikt zwischen dem Sozialrecht und dem Strafrecht. In diesem Konflikt wird er von der Politik allein gelassen.
Der politischen Verantwortung für die dramatischen Auswirkungen des Budgets und damit für die Qualität der Arzneimittelversorgung in Deutschland kann sich niemand dadurch entziehen, indem auf vermeintlich vorhandene Einsparpotenziale verwiesen und gefordert wird, zunächst Rationalisierungsreserven zu erschließen, bevor über eine Abschaffung oder Erhöhung der Arzneimittelbudgets nachgedacht werden könne.
Tatsächlich sind die Einsparpotenziale bei der Verordnung so genannter umstrittener Arzneimittel, bei der Verordnung von Generika und bei der Verordnung von so genannten Me-too-Präparaten mittlerweile jedoch weitgehend ausgeschöpft oder aber nur theoretischer Natur.
Kurzum: Wer sinnvolle und effiziente Gesundheitspolitik machen will, muss also die Budgets abschaffen und durch angemessene Richtgrößen ersetzen. Beide Instrumente zusammen klingen nicht. Doch die Richtgrößen müssen bedarfsgerecht und praktikabel sein. Das heißt:- Die Arzneimittelausgaben müssen kalkulierbar sein. Die Messlatte für die Ausgaben ist der tatsächliche Bedarf. Also nicht die momentane Finanzsituation der Kassen oder die Grundlohnsumme.
- Die Arzneimittelverordnung muss entsprechend dem medizinischen Bedarf sowie dem wissenschaftlichen Fortschritt gewährleistet sein. Dies sind die entscheidenden Parameter und nichts anderes.Dies zusammengenommen entspricht flexiblen, indikationsorientierten Richtgrößen mit deutlich höheren Regressgrenzen. Damit kommen wir auf den richtigen Weg, um eine moderne Arzneimittelversorgung sicher zu stellen.
- Das Instrument muss im laufenden Jahr sowohl steuerbar als auch modifizierbar sein, um unvorhergesehenen Entwicklungen - wie etwa einer Grippewelle - Rechnung tragen zu können.
- Die Arzneimittelverordnung muss entsprechend dem medizinischen Bedarf sowie dem wissenschaftlichen Fortschritt gewährleistet sein. Dies sind die entscheidenden Parameter und nichts anderes.
- Bei 84 Prozent der Befragten wurde das abgelehnte bzw. verschobene Arzneimittel bislang verordnet.
- Eine überaus breite Mehrheit ist der Ansicht, dass der Einsatz von modernen innovativen Arzneimitteln für die Behandlung chronischer und schwerer Erkrankungen notwendig ist: 89 Prozent der Befragten halten dies für unverzichtbar oder wichtig - und zwar unabhängig vom Versichertenstatus und unabhängig vom Gesundheitszustand.
- Höhere Einnahmen der Krankenkassen durch Steigerung der Beiträge oder höhere Zuzahlungen werden dagegen deutlich abgelehnt. Hierfür gibt es nur rund zehn Prozent Zustimmung.
- dass sie von ihr gelöst werden, trauen der Regierung nur ganze 43 Prozent zu,
Unsere Mitglieder und ihre Standorte
Die Mitglieder des vfa repräsentieren mehr als zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 102.000 Mitarbeiter:innen.
Rund 21.000 davon sind für die Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln tätig. Allein in Deutschland investieren die forschenden Pharma-Unternehmen jährlich 9,6 Mrd. Euro in die Arzneimittelforschung für neue und bessere Medikamente. Dies entspricht etwa 42 Millionen Euro pro Arbeitstag.