Elektronische Patientenakte: in der aktuellen Umsetzung nur eine Übergangslösung
- ePA bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück
- Keine zukunftsfähige Architektur
- Nächster Schritt: vernetzte "Datenumwelt Gesundheit"
Morgen startet die elektronische Patientenakte (ePA) offiziell bundesweit – ein längst überfälliger Schritt. Aus Sicht des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) ist dies zwar ein wichtiger Meilenstein; das tatsächliche Potenzial digitaler Gesundheitsdaten ist jedoch viel größer.
„Mit der heutigen Einführung erreichen wir einen Stand, der bereits seit Jahren diskutiert wurde und längst hätte umgesetzt werden können. Gleichzeitig hinken wir den Möglichkeiten moderner, datengetriebener Versorgung und Forschung weiter hinterher – auch im internationalen Vergleich“, sagt Dennis Geisthardt, Leiter des digital.hub im vfa.
„Bislang sehe ich Minimallösungen, die mit vielen Worten inszeniert werden, aber keiner integrierten Strategie folgen. Im Ergebnis entsteht eine Collage aus Insellösungen – aber keine funktionierende Gesamtstruktur. Jetzt braucht es einen Perspektivwechsel: Daten müssen sinnvoll verknüpft statt nur abgelegt und einsortiert werden“, so Geisthardt weiter.
Hintergrund
Die ePA ist derzeit vor allem auf den Versorgungsalltag beschränkt, aber selbst dort wenig effizient. Denn: Sie baut nach wie vor überwiegend auf dokumentenbasierten Prozessen auf und bleibt für nachgelagerte Versorgungseffekte (z.B. Vermeidung von Komplikationen oder Folgekosten) hinter ihrem Potenzial zurück. Sie muss deshalb zügig weiterentwickelt werden: von einem teilweise dokumentenbasierten System hin zu einer modernen, durchgehend datenbankgestützten Infrastruktur. Nur so kann sie zu einem zentralen Baustein einer ganzheitlichen „Datenumwelt Gesundheit“ werden, in der Versorgung, Forschung und Innovation intelligent miteinander verzahnt sind. Forschungsdaten, Registerinformationen und Versorgungsergebnisse müssen über interoperable Schnittstellen zusammengeführt werden können – datenschutzkonform, transparent und nachvollziehbar – aber vor allem mehrwertorientiert.
In Deutschland existieren derzeit über 400 medizinische Register, die weitgehend isoliert voneinander arbeiten. Eine registerübergreifende Forschung ist so kaum möglich. Der vfa fordert daher eine konsequente Weiterentwicklung der rechtlichen, technischen und strukturellen Rahmenbedingungen: Dazu gehören ein funktionierendes Forschungspseudonym für alle Patient:innen, verpflichtende Interoperabilitätsstandards und eine leistungsfähige Infrastruktur (etwa über eine Gesundheitsdaten-Architektur in Europa und ein arbeitendes Forschungsdatenzentrum). Gesetzliche Regelungen müssen ganzheitlich gedacht werden und kompatible Rahmenbedingungen herstellen. Das betrifft die nationale Umsetzung europäischer Projekte wie AI Act und European Health Data Space sowie die geplanten Gesetze zu Registern, Forschungsdaten und die Novelle des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes.
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 46 weltweit führenden Herstellern und ihren rund 90 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa stehen für mehr als die Hälfte des deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 100.000 Mitarbeiter:innen.
Rund 20.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
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