Selbstverwaltung behindert HIV-Therapie von Kindern
- Prinzipienreiterei beschränkt das Arsenal der HIV-Therapie bei Kindern
- Vorgaben der Politik zu Kinderarzneimitteln werden ignoriert
- Kinderarzneimittel brauchen klare methodische Vorfahrtsregeln
Berlin (vfa). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute den Zusatznutzen eines zugelassenen HIV-Medikamentes für Kinder nicht anerkannt, obwohl er bereits für Erwachsene bestätigt wurde.
"Hier wird aus Prinzipienreiterei die Übertragung von Erkenntnissen aus der Therapie Erwachsener auf Kinder abgelehnt. Deshalb kommt eine wirksame HIV-Therapie nicht dort an, wo sie dringend gebraucht wird. Gegenüber betroffenen Kindern, ihren Eltern und behandelnden Ärzten ist das ein unhaltbarer Zustand", sagt vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer.
Noch im März dieses Jahres hatte sich Bundesgesundheitsminister Gröhe bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung (AM-VSG) dafür ausgesprochen, Kinderarzneimitteln bei der Nutzenbewertung keine Steine in den Weg zu legen. Genau das ist aber mit der Entscheidung des G-BA von heute geschehen. Der GBA hat einen so genannten "Evidenztransfer" (Übertragung der Nutzenbewertung von Erwachsenen auf Kinder) abgelehnt. Klare Kriterien, wann er einen Evidenztransfer zulässt und wann nicht, hat der G-BA bis heute nicht entwickelt.
"Damit haben es Kinderarzneimittel in der frühen Nutzenbewertung nach wie vor unnötig schwer", so Fischer weiter.
Die Bewertung von Arzneimitteln braucht aus Sicht des vfa klare methodische Vorfahrtsregeln für Kinder. Es kann nicht allein dem G-BA überlassen bleiben, ob und wie er sich des Themas annimmt. Der Gesetzgeber muss hier klare Vorgaben machen.
Im aktuellen Fall geht es um ein Medikament (Tivicay© mit dem Wirkstoff Dolutegravir) zur Behandlung von HIV-Infektionen für Kinder ab 6 Jahren, das selten eingesetzt wird, aber im Einzelfall von entscheidender therapeutischer Bedeutung ist.
Hintergrund: Was ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)?
Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Gremium der Selbstverwaltung und entscheidet über Erstattungsfragen im Gesundheitswesen. In ihm sitzen u.a. Krankenkassen, Ärzte und (ohne Stimmrecht) Patienten. Der vfa hat die Zusammensetzung des G-BA wiederholt als kassendominiert kritisiert.
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 42 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland mehr als 78.000 Mitarbeiter. Mehr als 16.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung. Folgen Sie uns auf Twitter: www.twitter.com/vfapharma