Veralteter Kapitalstock gefährdet Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit
- Modernitätsgrad fällt hinter anderen Volkswirtschaften zurück
- Vor allem Infrastruktur wird verschlissen
- Besondere Situation für die pharmazeutische Industrie
Berlin (vfa). Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wird durch einen veralteten Kapitalstock gefährdet. Sein Modernitätsgrad fällt deutlich hinter den in anderen Ländern zurück. Der Standort ist daher im internationalen Konkurrenzkampf mit anderen Volkswirtschaften im Nachteil.
In erster Linie wurde der öffentliche Kapitalstock über Jahre vernachlässigt. Offensichtlich wird dies im Zustand von Schulen, Brücken oder der Bahninfrastruktur. Hinzu kommt, dass auch die Maschinen und Anlagen zunehmend länger als kalkulatorisch erwartbar in der Nutzung sind. Im europäischen Vergleich schneiden Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande deutlich besser ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung des vfa für die neueste Ausgabe des MacroScope Pharma Economic Policy Briefs.
„Derzeit wird vor allem die Höhe der Energiepreise als Gefahr für die globale Konkurrenzfähigkeit des verarbeitenden Gewerbes diskutiert. Viel größere Sorge sollte uns allerdings die Tatsache bereiten, dass Deutschland bereits seit Jahren von seiner Substanz lebt“, sagt vfa-Chefvolkswirt Dr. Claus Michelsen. „Im Vergleich mit vielen anderen entwickelten Volkswirtschaften hat Deutschlands Kapitalstock in den vergangenen knapp 20 Jahren deutlich eingebüßt. Der Standort verliert an Wettbewerbsfähigkeit.“
Innerhalb der Industrie gibt es große Unterschiede. So weisen die Wirtschaftszweige Pharma, Automobil und Maschinenbau einen überdurchschnittlichen Modernitätsgrad des Kapitalstocks auf. Verglichen mit dem Jahr 1991 konnten nur wenige Industrien das Niveau halten oder gar ausbauen. Besser als im industriellen Durchschnitt haben sich die Bereiche Kfz, Pharma, Mineralölverarbeitung, EDV und die Metallverarbeitung entwickelt.
Michelsen: „Das Alter des Kapitalstocks hängt mit der wirtschaftlichen Entwicklung einer Branche eng zusammen. In der Regel ist er in den Branchen moderner, die in den vergangenen Jahren auch Wertschöpfungsanteile stabilisieren oder hinzugewinnen konnten.“
Die pharmazeutische Industrie weist eine Besonderheit auf: Während die Modernität der Anlagen bis zur Finanzkrise auf hohem Niveau verblieb, brach diese in den 2010er Jahren ein. Der Modernitätsgrad erholte sich erst seit dem Jahr 2014 wieder. Dies hängt maßgeblich mit der im Jahr 2010 beschlossenen Neuregelung bei der Vergütung von Medikamenten zusammen. „Zwangsrabatte und das Arzneimittelneuordnungsgesetz schränkten die finanziellen Spielräume für Investitionen massiv ein. Diese Beschlüsse wirken sich bis heute negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit aus“, sagt Michelsen. Er erwartet, dass die neueste Gesetzgebung mit Eingriffen in das AMNOG-Verfahren sowie dem erhöhten Herstellerrabatt ähnliche Spuren hinterlassen wird.
Was gehört zum Kapitalstock?
Zum Kapitalstock zählen Maschinen und Anlagen, die Infrastruktur sowie das vorhandene Wissen. Seine Modernität kann ermittelt werden, indem das Verhältnis von Netto- zu Bruttokapitalstock betrachtet wird: Dieses stellt den kalkulatorischen Wert von Kapitalgütern während ihrer üblichen Nutzungsdauer dem Wiederbeschaffungswert der tatsächlich in Nutzung befindlichen Kapitalgüter gegenüber.
Die gesamte Auswertung lesen Sie hier in der neuesten Ausgabe des MacroScope Pharma Economic Policy Briefs.
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 48 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland ca. 94.000 Mitarbeiter:innen. Rund 21.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
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