Gesundheitsreformpläne unzureichend
Yzer: Statt Qualität droht Standardmedizin
Mainz (VFA). "Qualitätsmängel, Versorgungsdefizite und mangelnde Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens sind offenkundig. Deshalb brauchen wir eine Neuausrichtung, die den Wettbewerb um die beste Qualität zulässt", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, heute in Mainz. Der jetzt vorliegende Entwurf für das Gesetz zur Modernisierung des Gesundheitswesens (GMG) hingegen "setzt erneut auf Reglementierung und Standardisierung, also auf den systematischen Ausschluss von Qualitätswettbewerb. Die Patienten werden bevormundet. Nur wer sich durch vorgegebene Programme gängeln und leiten lässt, hat die Chance auf niedrigere Beiträge. Wer dagegen Eigenverantwortung übernimmt und auf Selbstbestimmung besteht, wird mit höheren Zuzahlungen bestraft", so Yzer.
Zwar gebe es im GMG auch vernünftige Ansätze, die von den forschenden Arzneimittelherstellern mitgetragen würden, beispielsweise die Befreiung der Gesetzlichen Krankenversicherung von einem Teil der versicherungsfremden Leistungen sowie die Herausnahme nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog und die Einführung einer Preisabstandsklausel für Reimporte. Insgesamt jedoch sei eine echte Reform vertagt worden. Yzer: "Der Gesetzentwurf ist eine Aneinanderreihung altbekannter, aber nie erfolgreicher Kostendämpfungsmaßnahmen."
Als Beispiel für den Weg in die Einheitsversorgung nannte Yzer die geplante Kosten-Nutzen-Bewertung für innovative Arzneimittel durch ein neues Zentralinstitut, für dessen Bewertung der Nutzen für die überwiegende Zahl der Patienten ausschlaggebend sein soll. Zudem bestehe die Gefahr, dass Patienten auf innovative lebenswichtige Arzneimittel lange Zeit warten müssten. "In Großbritannien hat eine entsprechende Behörde - das Institut NICE - zu Verzögerungen von mindestens einem Jahr geführt," so Yzer, "in einem Fall waren es sogar 30 Monate."
Daneben hätte ein solches Institut verheerende Standortkonsequenzen, da die Ergebnisse jahrelanger Forschungsanstrengungen ausgebremst würden. Yzer: "Eine solche Erstattungshürde würde die Patentlaufzeit weiter verkürzen, den Patentschutz aushöhlen und die Attraktivität Deutschlands gegenüber ausländischen Standorten verringern."
Kritik übte die VFA-Hauptgeschäftsführerin auch an der innovationsfeindlichen Ausgestaltung des Gesetzesentwurfes zur Positivliste: "Mit der Positivliste wird Innovationen, die bei schweren Erkrankungen wirken, die rote Karte gezeigt, während dubiose Mittel, wie Schweinezahn und Potenzholz aufgenommen wurden und grünes Licht bekommen."
Die VFA-Hauptgeschäftsführerin präsentierte auf dem VFA-Forum "Den Stillstand beenden - das System neu gestalten" im Kurfürstlichen Schloss in Mainz vor Entscheidungsträgern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft aus Rheinland-Pfalz das Konzept der forschenden Arzneimittelhersteller für eine umfassende Gesundheitsreform. Yzer betonte: "Wir wollen einen eindeutigen Kontrapunkt zu Systemkonservierung und zum Reglementierungstrend setzen." Das VFA-Konzept setze daher auf die Stärkung der Solidarität, mehr Wahlfreiheiten durch Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, den qualitätsfördernden Wettbewerb und eine Neugestaltung des Finanzierungssystems. "Mit unserem Konzept wollen wir dafür sorgen, dass hochwertige Versorgungsalternativen an die Stelle mittelmäßiger Einheitsversorgung treten", unterstrich die VFA-Hauptgeschäftsführerin.
Als zentrales Element für ein zukunftsfähiges Gesundheitswesen schlägt der VFA eine allgemeine Krankenversicherungspflicht für alle Bürger vor. "Niemand darf ohne Versicherungsschutz sein", erklärte Yzer. Das Reformkonzept sieht des Weiteren vor, zur Stärkung des Solidarprinzips die sozialen Umverteilungsaufgaben auf den Staat und das Steuersystem zu konzentrieren. "Das Solidarprinzip wird gestärkt, wenn alle Steuerzahler diese Aufgaben finanzieren und nicht nur die GKV-Beitragszahler." Gleichzeitig könne so die gesetzliche Krankenversicherung von versicherungsfremden Leistungen befreit werden.
Neben dem Solidarprinzip will der VFA Selbstbestimmung und Eigenverantwortung stärken. "Wir wollen es den Versicherten ermöglichen, individuelle, auf ihre persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Versorgungsangebote in Anspruch zu nehmen", sagte Yzer. Wahlangebote für die Versicherten erforderten zugleich mehr Wettbewerb unter den Krankenversicherern und Leistungserbringern. Yzer: "Nur ein funktionierender Wettbewerb auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungsanbieter garantiert allen Patienten eine hochwertige Gesundheitsversorgung." Des Weiteren ist nach Auffassung der forschenden Arzneimittelhersteller eine Reform des bestehenden Finanzierungssystems unausweichlich. So müsse der GKV-Beitrag vom Beschäftigungsverhältnis entkoppelt werden und den Charakter eines Versicherungsbeitrages bekommen.
Yzer abschließend: "Dem deutschen Gesundheitswesen ist mit punktuellen Reformen nicht zu helfen. Es muss umfassend reformiert werden."
Im VFA haben sich 44 weltweit führende Pharmaunternehmen zusammengeschlossen, die innovative Medikamente erforschen und entwickeln. Sie beschäftigen einschließlich ihrer Tochterfirmen in Deutschland mehr als 80.000 Mitarbeiter und repräsentieren mehr als zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes. Aus Rheinland-Pfalz gehört Boehringer-Ingelheim dem VFA an.
Das VFA-Reformkonzept kann im Internet herunter geladen werden unter . Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an: Marc Rath.