Biotechnologie
Forschende Arzneimittelhersteller warnen vor Fundamental-Debatte
Berlin (VFA). "Gentechnisch hergestellte Arzneimittel sind Meilensteine für die Medizin. Sie bieten vor allem bessere, gezieltere und sichere Behandlungsmöglichkeiten. Ihr therapeutischer Nutzen ist unbestritten, und sie genießen zu Recht eine hohe Akzeptanz bei Patienten und Ärzten", erklärte heute die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, in Berlin. Vor der Bundestags-Debatte zur Gentechnik am Donnerstag unterstrich die VFA-Hauptgeschäftsführerin: "Bei der Suche nach neuen und besseren Medikamenten hat sich die Biotechnologie in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einer unverzichtbaren Schlüsseltechnologie entwickelt." Die forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland seien daran maßgeblich beteiligt. "Der Biotech-Standort Deutschland hat nach seinem Dornröschenschlaf bis in die 90-er Jahre deutlich an Fahrt gewonnen und ist in die Spitzengruppe aufgerückt. Diese positive Entwicklung darf jetzt nicht gefährdet werden."
Yzer mahnte, dass die derzeitige Diskussion um neue Forschungsgebiete der Biotechnologie nicht in eine Fundamental-Debatte abdriften dürfe. Streitpunkte wie die Forschung mit embryonalen Stammzellen oder die Präimplantationsdiagnostik (PID) behandelten wissenschaftliche Optionen, die zu recht in allen Teilen der Gesellschaft diskutiert würden. Der Kern der biotechnologischen Forschung und Entwicklung sei davon zur Zeit nicht betroffen. "Diese ethischen Fragen dürfen daher nicht mit dem bewährten Einsatz der Biotechnologie für die Erforschung und Herstellung innovativer Arzneimittel in einen Zusammenhang gestellt werden", bekräftigte die VFA-Hauptgeschäftsführerin. "Gentechnisch hergestellte Medikamente sind für Millionen von Patienten in Deutschland bereits unverzichtbar - zum Beispiel bei Diabetes, Krebs, Multipler Sklerose oder der Bluterkrankheit."
Seit Mitte der siebziger Jahre bestimmt die Gentechnik in einer rasanten Entwicklung die Arzneimittelforschung. 1982 wurde mit Insulin das erste gentechnisch hergestellte Medikament in Deutschland zugelassen. Yzer: "Heute sind es bereits 80 dieser Arzneimittel mit 60 verschiedenen Wirkstoffen." Die Biotechnologie ermöglicht die Herstellung von natürlich vorkommenden Substanzen, die als Arzneimittel verwendet werden können. Damit können Wirkstoffe, die bisher nur unter sehr großem Aufwand und in kleiner Menge hergestellt werden konnten, in nahezu unbegrenzter Menge zur Verfügung gestellt werden:
- Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Humaninsulin. Bevor es gentechnisch hergestellt werden konnte, waren Diabetiker auf Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen von Schlachttieren (Rindern und Schweinen) angewiesen. Da dieses nicht mit dem menschlichen körpereigenen Insulin identisch ist, konnte es bei längerer Anwendung zu Abwehrreaktionen des Körpers kommen. Gentechnisch hergestelltes Humaninsulin provoziert diese Nebenwirkungen nicht.
- Ein weiteres Beispiel sind Blutgerinnungsfaktoren. Diese können zwar aus Blutplasma isoliert werden - problematisch bei diesem Verfahren ist jedoch das Angewiesensein auf Blutplasmaspenden und die aufwendige Kontrolle der Spenden auf mögliche Infektionserreger (z. B. HIV, Hepatitis). Gentechnisch hergestellte Blutgerinnungsfaktoren stellen nicht nur die Versorgung der Bluterkranken sicher, ohne auf Blutplasmaspenden angewiesen zu sein, sondern verhindern auch die Übertragung von Infektionserregern.
- Zur Behandlung der Gaucher-Krankheit, die sich unter anderem in einem starken Anschwellen von Leber und Milz äußert, benötigt man das Enzym Glucocerebrosidase. Dieses wurde bislang aus Plazenten gewonnen. Zur Versorgung eines Patienten wurden bis zu 20.000 Plazenten verbraucht. Dank Gentechnik kann die Versorgung mit diesem wichtigen Medikament ohne Rückgriff auf Plazenten sichergestellt werden.
- Bei der Herstellung von Impfstoffen bietet die Gentechnik enorme Vorteile, da auf den Umgang mit Erregern bei der Herstellung oder als Bestandteil des Impfstoffes selbst verzichtet werden kann. Gentechnisch hergestellte Impfstoffe gibt es z. B. gegen Hepatitis B, aber auch gegen Keuchhusten und Pneumokokken-Infektionen.
- Im Kampf gegen Multiple Sklerose und Krebs stellen biotechnisch produzierte Arzneimittel entscheidende Werkzeuge dar. Hier kommen gentechnisch hergestellte Interferone und gentechnisch modifizierte monoklonale Antikörper zum Einsatz.Die VFA-Hauptgeschäftsführerin verwies darauf, dass bereits heute kaum ein Medikament erforscht wird, bei dessen Entwicklung nicht zu irgendeinem Zeitpunkt biotechnologische Methoden genutzt werden:
- Bei der Verhinderung der Abstoßung von transplantierten Organen können gentechnisch humanisierte monoklonale Antikörper ebenfalls hilfreiche Dienste leisten.
- Dank Gentechnik wird die Entdeckung der molekularen Ursachen von Krankheiten beschleunigt. Mit diesen Kenntnissen können Tests entwickelt werden, mit denen spezielle Maschinen Millionen Substanzen auf spezifische Wirkungen untersuchen können.
- Durch Gentechnik in Kombination mit moderner Computertechnologie können neue Medikamente im sogenannten drug-design-Verfahren wie am Zeichentisch entworfen werden. Die langwierige Suche nach neuen Leitsubstanzen für innovative Therapien kann so erheblich effizienter gestaltet werden."Heute stellt niemand mehr die gentechnische Produktion von Arzneimitteln ethisch in Frage", bekräftigte Yzer. "Die Entwicklung der Wissenschaft ist rasant. Wir alle werden immer wieder über die neuen Möglichkeiten zu entscheiden haben. Ich bin mir sicher: Mit unserem bewährten Wertesystem können wir auch die Antworten auf die neuen Fragen finden." Die Herausforderungen seien weiterhin groß. "Zwei Drittel aller bekannten Krankheiten sind bisher nicht adäquat therapierbar. Im Interesse der Patienten müssen wir die Chancen der Biotechnologie weiterhin verantwortungsvoll nutzen", betonte die VFA-Hauptgeschäftsführerin abschließend.
- Mit Hilfe sogenannter DNA-Chips wird es bald nicht nur möglich sein, bestimmte ererbte Erkrankungen festzustellen, sondern auch zu analysieren, ob es genetische Faktoren gibt, die zu einer Unverträglichkeit bestimmter Arzneimittel beitragen. Mit diesem Wissen wird es möglich, auch bereits vorhandene Arzneimittel noch gezielter als bisher einzusetzen.
Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:
Marc Rath
Tel.: 0 30/2 06 04-203
Fax: 0 30/2 06 04-209
- Durch Gentechnik in Kombination mit moderner Computertechnologie können neue Medikamente im sogenannten drug-design-Verfahren wie am Zeichentisch entworfen werden. Die langwierige Suche nach neuen Leitsubstanzen für innovative Therapien kann so erheblich effizienter gestaltet werden.
- Im Kampf gegen Multiple Sklerose und Krebs stellen biotechnisch produzierte Arzneimittel entscheidende Werkzeuge dar. Hier kommen gentechnisch hergestellte Interferone und gentechnisch modifizierte monoklonale Antikörper zum Einsatz.
- Bei der Herstellung von Impfstoffen bietet die Gentechnik enorme Vorteile, da auf den Umgang mit Erregern bei der Herstellung oder als Bestandteil des Impfstoffes selbst verzichtet werden kann. Gentechnisch hergestellte Impfstoffe gibt es z. B. gegen Hepatitis B, aber auch gegen Keuchhusten und Pneumokokken-Infektionen.
- Zur Behandlung der Gaucher-Krankheit, die sich unter anderem in einem starken Anschwellen von Leber und Milz äußert, benötigt man das Enzym Glucocerebrosidase. Dieses wurde bislang aus Plazenten gewonnen. Zur Versorgung eines Patienten wurden bis zu 20.000 Plazenten verbraucht. Dank Gentechnik kann die Versorgung mit diesem wichtigen Medikament ohne Rückgriff auf Plazenten sichergestellt werden.
Unsere Mitglieder und ihre Standorte
Die Mitglieder des vfa repräsentieren mehr als zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 102.000 Mitarbeiter:innen.
Rund 21.000 davon sind für die Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln tätig. Allein in Deutschland investieren die forschenden Pharma-Unternehmen jährlich 9,6 Mrd. Euro in die Arzneimittelforschung für neue und bessere Medikamente. Dies entspricht etwa 42 Millionen Euro pro Arbeitstag. - Ein weiteres Beispiel sind Blutgerinnungsfaktoren. Diese können zwar aus Blutplasma isoliert werden - problematisch bei diesem Verfahren ist jedoch das Angewiesensein auf Blutplasmaspenden und die aufwendige Kontrolle der Spenden auf mögliche Infektionserreger (z. B. HIV, Hepatitis). Gentechnisch hergestellte Blutgerinnungsfaktoren stellen nicht nur die Versorgung der Bluterkranken sicher, ohne auf Blutplasmaspenden angewiesen zu sein, sondern verhindern auch die Übertragung von Infektionserregern.