Zur aktuellen G-BA-Entscheidung und neuerlichen IQWiG-Begutachtung eines Orphan Drugs:
Fischer: "G-BA schafft Ordnung"
Berlin (vfa). Als "gute Nachricht für Patienten mit seltenen Erkrankungen und notwendige und richtige Entscheidung" bezeichnete die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen Birgit Fischer die heutige Entscheidung des G-BA, Orphan-Medikamente künftig unter formaljuristischen Aspekten zu bewerten. Auch werde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) künftig stets die Vergleichstherapie der Zulassungsstudien als "zweckmäßige Vergleichstherapie" im Sinne des Gesetzes zur Nutzenbewertung akzeptieren. "So schafft der G-BA Ordnung und trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung," erläutert Fischer weiter. Denn das IQWiG hatte in seinem ersten Gutachten zu einem Orphan-Medikament - also einem Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung - diesem entgegen den Feststellungen der Zulassungsbehörde und der Europäischen Kommission einen Zusatznutzen abgesprochen.
Fischer weiter: "Der G-BA hat diese Einschätzung nicht übernommen. Vielmehr ist er den Feststellungen der Zulassungsbehörden gefolgt und hat ein verheerendes erstes Signal korrigiert. Es ist notwendig und richtig, bei seltenen Erkrankungen andere Maßstäbe anzulegen, damit Menschen auf Forschungsergebnisse und Entwicklung neuer Arzneimittel hoffen können. Auch für die Firmen, die sich für neue Therapien bei seltenen Erkrankungen engagieren, ist dies ein wichtiges Signal. Sie haben für ihre Präparate meist wenig Absatz zu erwarten. Gerade darum müssen sie sich darauf verlassen können, dass ihre Präparate im Vorfeld der Erstattungsbetragsverhandlungen faire Bewertungsverfahren durchlaufen."
Im konkreten Fall dieses ersten Orphan-Medikaments hat der G-BA diesem nun einen Zusatznutzen zugesprochen, der derzeit nicht quantifizierbar sei.
Die heute verkündete Verfahrenskorrektur beruht auf dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG). Ihm zufolge gelten für die frühe Nutzenbewertung von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen - sogenannte Orphan-Medikamente - besondere Regeln. So ist ihr Zusatznutzen gegenüber den bisherigen Behandlungsmöglichkeiten ohne erneute Prüfung als gegeben anzuerkennen, da er bereits zuvor im europäischen Zulassungsverfahren festgestellt wurde. Dennoch muss der Hersteller beim G-BA für jedes neue Orphan-Medikament ein Dossier zur Nutzenbewertung einreichen, das aber keine Angaben und Belege zu Nutzen und Zusatznutzen enthalten muss.
Obwohl das AMNOG keine erneute Zusatznutzen-Evaluation vorsieht, hatte der G-BA Gutachten für zwei Orphan Drugs beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) angefordert. Das IQWiG hatte daraufhin einem Präparat jeden Zusatznutzen abgesprochen. In seinem zweiten, heute zu diesem Präparat veröffentlichten Gutachten quantifiziert das IQWiG mit Verweis auf den G-BA den Zusatznutzen des untersuchten Medikaments nicht, macht aber gleichwohl deutlich, dass es keinen Zusatznutzen sehen würde.
Zur Erläuterung:
Die erste Nutzenbewertung für ein Orphan-Medikament wurde zu einem Arzneimittel mit dem Wirkstoff Pirfenidon durchgeführt. Es dient der Behandlung bestimmter Formen der Lungenfibrose, einer lebensbedrohlichen Krankheit, bei der das Atmen erschwert und die Sauerstoffversorgung des Körpers beeinträchtigt ist. Die Patienten sind nur noch gering körperlich belastbar.
Das zweite, heute aktuell vom IQWIG veröffentlichte Gutachten bezieht sich auf ein Präparat für Patienten mit der Erbkrankheit Transthyretin-assoziierter familiärer Amyloid-Polyneuropathie. Bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung kommt es zu einer fortschreitenden Schädigung des Nervensystems und einer zunehmenden Beeinträchtigung von Organfunktionen.
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