Tarifbindung in Deutschland nimmt ab
- Nur noch 51 Prozent der Beschäftigten arbeiten tarifgebunden.
- Attraktive Arbeitsbedingungen steigern Erwerbsbeteiligung und Produktivität.
- „Gute Arbeit“ gewinnt wegen des Fachkräftemangels an Bedeutung.
Berlin (vfa). Die Tarifbindung in Deutschland geht zurück. Arbeiteten im Jahr 2010 61 Prozent der Beschäftigten tarifgebunden, waren es im Jahr 2022 nur noch 51 Prozent. Ursächlich dafür ist einerseits der steigende Anteil an kleineren Betrieben im Dienstleistungsbereich sowie bei digitalen Services und andererseits ein geringerer gewerkschaftlicher Organisationsgrad in einzelnen Branchen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung des vfa in der neuesten Ausgabe des MacroScope Pharma Economic Policy Briefs.
„Dieser Trend ist für die wirtschaftliche Entwicklung von großer Bedeutung. „Gute Arbeit“ ist eine wichtige Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Sie bestimmt die Attraktivität des Landes für die größten Talente. Funktionierende Tarifpartnerschaften sind hierfür eine wichtige Voraussetzung“, erklärt vfa-Chefvolkswirt Dr. Claus Michelsen. „Sind die Arbeitsbedingungen jedoch schlecht, die Arbeitsplatzsicherheit gering oder die Gesundheitsrisiken hoch, werden weniger Menschen erwerbstätig oder es scheiden mehr Menschen früher aus dem Erwerbsleben aus.“
In einer alternden Gesellschaft verschärft dies das Problem des Fachkräftemangels, weil das Erwerbspersonenpotenzial geringer ausgeschöpft wird und Zuwanderung ausbleibt. In Deutschland wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2030 selbst bei optimistischen Annahmen hinsichtlich der Zuwanderung erheblich sinken: von derzeit gut 63 Millionen um rund drei Millionen.
Die Tarifbindung in der Industrie ist im Gegensatz zur Gesamtlage stabil (52 Prozent), weil einige große Branchen teils kräftige Zuwächse bei der Tarifbindung verzeichnet haben. Allen voran sind dies die Automobilindustrie und der Fahrzeugbau, die Mineralölverarbeitung, die Pharma- sowie die Chemieindustrie. Pharma hat die ohnehin überdurchschnittliche Tarifabdeckung gegenüber dem Jahr 2010 erheblich ausgebaut. So liegt diese nun bei 71 Prozent nach 64 Prozent im Jahr 2010.
Michelsen: „Die Tarifbindung wächst vielfach in den Branchen, die wegen ihrer hohen Produktivität und Innovationskraft zu den Schlüsselindustrien für eine erfolgreiche Transformation des Industriestandorts zählen. Daraus folgt, dass wir zum Wohle der Gesamtwirtschaft sowohl für gute Arbeitsbedingungen als auch für die richtigen Rahmenbedingungen für die Industrie sorgen sollten.“
Die gesamte Auswertung lesen Sie im neuesten MacroScope Pharma Economic Policy Brief hier.
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 48 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 102.000 Mitarbeiter:innen. Rund 21.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
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