Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen eignen sich nicht als Experimentierfeld
- Gute Versorgung mit Medikamenten gegen seltene Erkrankungen
- Besondere Regeln in der Nutzenbewertung haben sich bewährt
- Bei Wegfall bestehender Regeln drohen große Versorgungslücken
Angesichts der wachsenden Zahl von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen (orphan drugs) und den damit verbundenen Kosten wird immer wieder die spezielle Regelung zur Nutzenbewertung für diese wichtige Arzneimittelgruppe in Frage gestellt.
Deshalb hat der vfa die renommierte Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partner beauftragt, die Auswirkungen auf die Versorgung zu ermitteln, falls orphan drugs die Nutzenbewertung nach den selben Regeln wie alle anderen Arzneimittel durchlaufen müssten:
· Wären Medikamente gegen seltene Erkrankungen in der Nutzenbewertung wie alle anderen Medikamente behandelt worden, würde heute sehr wahrscheinlich mindestens jedes zweite davon fehlen. Denn 57% der orphans zeigten ein sehr hohes Marktrücknahmerisiko, weil ihr Preisniveau sehr stark – teilweise auf Generikaniveau – gesunken wäre.
· Bei den besonders innovativen Gen- und Zelltherapien gegen seltene Erkrankungen wurde ein noch höheres Marktrücknahmerisiko von 78% festgestellt.
Dr. Ulrike Götting, Geschäftsführerin Markt und Erstattung im vfa, kommentiert die Ergebnisse der Studie so: „In einem Bereich, in dem es deutlich mehr Medikamente gegen seltene Erkrankungen braucht als wir heute haben, würde eine Angleichung bei der Nutzenbewertung das Gegenteil bewirken und zu einer starken Verminderung der Verfügbarkeit von orphans drugs führen. Das wäre geradezu paradox.“
„Medikamente gegen seltene Erkrankungen können im Übrigen oft überhaupt nicht die üblichen Kriterien der Nutzenbewertung erfüllen, weil sie aufgrund sehr kleiner Studienpopulationen andere Evidenzregeln brauchen. Deshalb hat sich die Politik ganz bewusst dafür entschieden, orphan drugs mit der erfolgten Zulassung nur einer eingeschränkten Nutzenbewertung auszusetzen. Wie unsere Studie zeigt, war diese Entscheidung richtig!“
Die Studie findet sich hier:
https://www.vfa.de/abschaffung-orphan-drug-regelung-amnog
Hintergrund: Zuletzt wurde die orphan drug-Regelung mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) aus dem Jahr 2022 verschärft. Damals wurde die Umsatzschwelle, die für den orphan drug Status relevant ist, von 50 auf 30 Mio. Euro abgesenkt. Die speziellen Regeln der Nutzenbewertung, deren Bedeutung in der aktuellen Studie untersucht wurde, blieben aber unverändert.
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 48 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 102.000 Mitarbeiter:innen. Rund 21.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
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