Pharma-Unternehmen tragen zu einer geschützten Lieferkette für Medikamente bei
Kaum ein Produkt dürfte im Verlauf seiner Herstellung mehr Kontrollen durchlaufen als ein Arzneimittel. Das gilt schon, wenn alle Herstellungsschritte beim gleichen Unternehmen ablaufen. Das gilt aber umso mehr, wenn mehrere beteiligt sind – etwa ein Zulieferer, der den Wirkstoff synthetisiert, und ein Pharma-Unternehmen, das damit dann das fertige Arzneimittel herstellt. Hier sorgt eine ganze Serie von Kontrollen dafür, dass die Qualität stimmt und sich Pharma-Unternehmen auch keine gefälschte Ware unterschieben lassen.
Immer wieder werden von Zoll und Polizei gefälschte Arzneimittel aufgegriffen. Sie enthalten keinen oder den falschen Wirkstoff, oder den richtigen Wirkstoff in falscher Konzentration, oder sie geben sich einfach als Produkte einer anderen Firma aus als der, die sie tatsächlich gemacht hat. In Deutschland finden sich solche Produkte glücklicherweise fast ausschließlich in den Lieferungen illegaler Arzneimittelhändler, die im Internet oder über manche Fitnessstudios ihre Waren vertreiben; meist, ohne dass ein Rezept vorgelegt werden müsste. Dass es solche Fälschungen nur in Einzelfällen geschafft haben, in die legale Lieferkette und damit bis zu den Apotheken oder gar zu den Patienten vorzudringen, ist zahlreichen Abwehrmaßnahmen entlang der gesamten Lieferkette zu verdanken. Diese werden von Pharma-Unternehmen, pharmazeutischen Großhändlern, Parallelimporteuren und Apotheken sowie den Arzneimittelbehörden durchgeführt.
Das Video können Sie sich hier als MP4-Datei (43 MB) herunterladen.
Einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen entlang der Lieferkette bietet das folgende Schaubild:
Eine interaktive Version dieser Infografik mit vertiefenden Informationen finden Sie unter https://schutz-vor-arzneimittelfaelschung.vfa.de/.
Ein PDF des Schaubilds sowie Bilddatei im JPG- und PNG-Format können Sie hier herunterladen. Die Verwendung ist mit Angabe der Quelle freigegeben.
Der Beitrag der Pharma-Unternehmen zur Fälschungsabwehr
Pharma-Unternehmen führen ein ganzes Bündel von Maßnahmen durch, um eventuelle Versuche abzuwehren, gefälschte Wirkstoffe oder Arzneimittel in die reguläre Lieferkette einzuschleusen: Sie überwachen ihre Zulieferer für Wirkstoffe, andere Vorprodukte und Fertigarzneimittel vor Ort. Sie prüfen die Echtheit von zugelieferten Vorprodukten und Medikamenten, Charge für Charge. Sie kontrollieren ihre eigene Produktion. Sie überprüfen, an wen sie ihre Arzneimittel liefern. Und sie dokumentieren alle Kontrollen. Zu all dem sind sie gesetzlich verpflichtet.
Zudem statten sie freiwillig bestimmte Medikamente mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen aus, beispielsweise mit einem Fluoreszenz-Marker, mit DNA-haltiger Druckfarbe oder einem Erstöffnungsschutz (etwa einem Siegel über der Lasche oder einem anderen Merkmal, durch das es nicht unbemerkt bleiben kann, wenn die Packung geöffnet wurde).
Die Arzneimittelbehörden kontrollieren wiederum die Arzneimittelhersteller und ihre Zulieferer für Wirkstoffe und Medikamente. Sie kontrollieren außerdem die Großhändler, die Apotheken und die Parallelimporteure. In der Arzneimittelproduktion nehmen die Behörden selbst Proben und lassen sich alle Ergebnisse der unternehmenseigenen Kontrollen zeigen. Beteiligt sind daran insbesondere die europäische Arzneimittelbehörde EMA, die US-amerikanische Behörde FDA, die deutschen Zulassungsbehörden BfArM und PEI und die für die jeweilige Firma zuständigen Regierungspräsidien und anderen lokalen Aufsichtsbehörden.
Aufgrund der vielen zur Qualitätssicherung installierten In-Prozess-Kontrollen in der Arzneimittelherstellung ist es für Fälscher kaum möglich, hier gefälschte Wirkstoffe oder Medikamente in die legale Lieferkette einzuschleusen.
Zulieferungen sind qualitätsgesichert
Die meisten Pharma-Unternehmen führen nicht jeden Herstellungsschritt selbst aus. Vielmehr lassen sie sich Wirkstoffe, Hilfsstoffe und manchmal sogar komplett fertig gestellte Arzneimittel von spezialisierten Zulieferern herstellen und schicken. Welche Zulieferer dafür in Betracht kommen, wird mit der Zulassung festgelegt; kein Unternehmen kann nach eigenem Ermessen zwischendurch den Lieferanten wechseln; das ist erst nach behördlicher Genehmigung möglich.
LC-MS-Gerät zur chemischen Analyse, das u.a. zur Qualitätssicherung bei zugelieferten Wirkstoffen eingesetzt wird.Jede eingehende Charge einer Zulieferung wird obligatorisch auf Echtheit, Konzentration und Reinheit kontrolliert. Typische Messmethoden zur Erstellung des „chemischen Fingerabdrucks“ von Wirkstoffen und fertigen Medikamenten sind Massenspektrometrie, verschiedene Arten von Chromatographie und Nah-Infrarot-Spektroskopie. Die Messmethoden zur Echtheits- und Qualitätsprüfung werden von den Zulassungsbehörden bei der Arzneimittelzulassung festgelegt, und es gibt ausführliche Vorschriften, wie oft und wie sie anzuwenden sind. Diese sind insbesondere im Europäischen Arzneibuch enthalten, dessen Regeln die Firmen bei der Herstellung und Prüfung von Medikamenten einhalten müssen. Die Arzneimittelbehörden überzeugen sich bei Inspektionen davon, dass diese Kontrollen auch tatsächlich ausgeführt worden sind.
Der Katalog der anzuwendenden Messmethoden wird ständig weiterentwickelt. Beispielsweise ist es 2008 Fälschern tatsächlich gelungen, die Zulieferungskontrolle für Heparin zu täuschen, indem ein Streckungsmittel verwendet wurde, das für die damals verwendeten Analysegeräte wie echter Wirkstoff aussah. Seither wurde die Qualitätskontrolle für Heparin jedoch durch zusätzliche Analysetechniken so verbessert, dass diese Täuschung heute nicht mehr funktionieren würde.
Alle Beteiligten der Lieferkette tragen zur Qualitätssicherung bei
Am Ende ist es das Zusammenwirken aller Kontrollmaßnahmen entlang der Lieferkette, die Patienten in Deutschland – von ganz wenigen Fällen abgesehen – vor gefälschten Medikamenten bewahrt hat. Deshalb stellen die Apotheken vor Ort und die legalen Internet-Apotheken weiterhin sehr zuverlässige Quellen für echte Medikamente dar.
Mehr über die Maßnahmen der pharmazeutischen Großhändler erfahren Sie hier.
Mehr über die Maßnahmen der Apotheker erfahren Sie hier und hier.
Weiterer Ausbau des Schutzes
Um die Sicherheit in der regulären Lieferkette noch weiter zu erhöhen, werden EU-weit aktuell zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen vorbereitet. So müssen ab Februar 2019 die Packungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel einen Erstöffnungsschutz haben, so dass sie nicht unbemerkt geöffnet werden können. Zudem müssen sie dann durch einen Scan in der Apotheke zusätzlich auf Echtheit geprüft werden. Sie erhalten dafür packungsindividuelle Seriennummern, die in einer geschützten Datenbank hinterlegt sind.
Mehr dazu findet sich unter "securPharm – deutscher Beitrag zum kommenden erweiterten Fälschungsschutz der EU".
Gesetzliche Bestimmungen für die Qualitätssicherung
Die meisten der Vorschriften für die Qualitätssicherung und Echtheits-Kontrolle im Arzneimittelwesen finden sich in den folgenden Dokumenten:
- Arzneimittelgesetz (AMG)
- Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV)
- Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV)
- Europäisches Arzneibuch mit Regeln für die Herstellung und Prüfung von Wirkstoffen, Hilfsstoffen und Arzneimitteln
- Leitfaden der EU für Good Manufacturing Practice(GMP); seine Anwendung ist gesetzlich vorgeschrieben
- Richtlinie für Gute Distributionspraxis (GDP); ihre Beachtung ist gesetzlich vorgeschrieben.