Altersgemäßes Arbeiten - Chemiebranche ein Vorreiter
Hamburg (dpa) - In der deutschen Wirtschaft ist die Chemiebranche ein Vorreiter bei der Gestaltung altersgemäßer Arbeitsplätze. Zur Umsetzung veränderter Arbeitsprozesse in einer älter werdenden Belegschaft bietet der Arbeitgeberverband ChemieNord seinen Mitgliedern eine spezielle Dienstleistung an: Seit Februar 2012 berät die Diplom-Pädagogin Astrid Rimbach Firmen über betriebliches Demografie- und Gesundheitsmanagement.
Über die Nachfrage aus der Branche könne sie sich nicht beklagen, sagte Rimbach der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag in Hamburg.
Anfragen kämen sowohl von Kleinbetrieben, die sich erstmals mit der Problematik beschäftigten, als auch von Großkonzernen, die einen «kritischen Blick» auf veränderte Arbeitsabläufe wünschten.
Schon 2008 schlossen die Chemie-Tarifpartner - Arbeitgeber und Arbeitnehmer - einen Vertrag «Lebensarbeitszeit und Demografie».
Dieser wurde beim jüngsten Tarifabschluss im Mai 2012 weiter ausgestaltet: Je Mitarbeiter zahlen die Arbeitgeber in den nächsten drei Jahren in der Regel zusätzlich 200 Euro pro Jahr in einen Demografie-Fonds. Mit dem Geld können die Betriebe älteren Beschäftigten die 4-Tage-Woche ermöglichen, sie früher in Rente schicken oder die Altersteilzeit ausbauen.
Denn auch in der Chemiebranche mit rund 550 000 Beschäftigten hat der Alterungsprozess der Belegschaften längst eingesetzt: Das Durchschnittsalter lag 2010 bei 42,4 Jahren. Der Anteil der 55-Jährigen wird sich den Angaben zufolge von 15 Prozent (2010) auf 38 Prozent im Jahr 2022 mehr als verdoppeln - und an Nachwuchs mangelt es. «Eine Herausforderung ist, mit älteren Belegschaften leistungsfähig zu bleiben und jüngere Mitarbeiter nicht zu verschleißen. Sonst baue ich mir immer wieder den gleichen Zyklus auf», erläutert Rimbach. «Die weitere Herausforderung heißt:
alternsgerechte Arbeitsgestaltung», ergänzt sie und hebt bewusst das «n» hervor.
Die frühere Wissenschaftlerin am Lehrstuhl für Personalführung der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg ermittelt mit den Arbeitgebern, ob und welchen Handlungsbedarf es im Betrieb gibt, damit die Daten zur firmeninternen Demografieanalyse kein Zahlenwerk bleiben. «Wir schauen, wie sieht die optimale Passung zwischen den Arbeitsbedingungen und dem Leistungsvermögen des Einzelnen aus.» Es gehe darum, qualifizierte und erfahrungsbasierte Arbeitsplätze für Ältere zu gestalten. Maßgeschneiderte Lösungen wie Pausenregelungen oder ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze entwickelten Firmen dann selbst. «Die Herausforderung ist, die Beschäftigten bis zur Rente gesund im Arbeitsleben zu halten», hatte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Jochen Wilkens, schon in der Tarifrunde betont.