Versorgungssicherheit stärken – vfa zur EU-Verordnung über kritische Arzneimittel
Mit dem am 11. März 2025 veröffentlichten Verordnungsvorschlag für einen „Critical Medicines Act“ (CMA) hat die Europäische Kommission einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit essenziellen Arzneimitteln in der EU eingeleitet. Ziel ist es, die strukturellen Schwächen der Arzneimittelversorgung, die insbesondere während der COVID-19-Pandemie sichtbar wurden, nachhaltig zu adressieren.

Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) begrüßt das Ziel, die Resilienz der europäischen Versorgung zu stärken und bringt sich in die politische und fachliche Diskussion ein – unter anderem mit einer umfassenden Stellungnahme zum Verordnungsvorschlag der EU-Kommission für den CMA.
Die vollständige Stellungnahme des vfa zum Critical Medicines Act finden Sie hier.
Zielsetzung des Critical Medicines Act
Im Zentrum des CMA-Vorschlags stehen Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Produktionskapazitäten, zur Diversifizierung globaler Lieferketten sowie zur Verbesserung der Koordination zwischen Mitgliedstaaten. Der CMA soll für zwei Kategorien von Arzneimitteln gelten:
- Arzneimittel auf der „Union List of Critical Medicines“ (ULCM): Dort sind Wirkstoffe aufgelistet, für die einzelne oder mehrere Darreichungsformen als wichtig in der Versorgung angesehen werden. Ende April 2025 waren das rund 250. Als Kriterien für die Aufnahme wurde die Schwere der Erkrankung und die Verfügbarkeit therapeutischer Alternativen herangezogen.
- Arzneimittel, die von gemeinsamem Interesse sind („Medicinal Products of Common Interest“, MPCI). So werden nicht auf der ULCM gelistete Arzneimittel bezeichnet, die in drei oder mehr Mitgliedstaaten nicht oder nicht in ausreichenden Mengen verfügbar sind, so dass hier eine Versorgungslücke besteht. Dazu zählen auch innovative Arzneimittel.
Zur Umsetzung der Ziele sollen EU-weite Förderprogramme wie EU4Health oder Horizon Europe gezielt in Produktionsausbau und neue Technologien investieren. Auch eine zentrale Koordinierungsgruppe – die „Critical Medicines Coordination Group (CMCG)“ – soll eingerichtet werden, um gemeinsame Maßnahmen zu steuern. Zudem sieht die Verordnung unter anderem neue Kriterien für die öffentliche Beschaffung vor.
Position des vfa: Versorgung sichern – Innovation erhalten
Die forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland begrüßen das politische Ziel, Europas pharmazeutische Versorgung resilienter zu gestalten und zu stärken. Der vfa sieht in dem CMA eine große Chance – allerdings auch die Notwendigkeit einer ausgewogenen und praktikablen Umsetzung. Denn Versorgungssicherheit darf nicht zulasten von Innovation, Wettbewerbsfähigkeit oder Standortattraktivität gehen.
Daher hebt der vfa in seiner Stellungnahme drei zentrale Handlungsfelder hervor:
- Technologische Souveränität gezielt fördern: Strategische Produktions- und Innovationskapazitäten in Europa müssen ausgebaut werden – unabhängig von Unternehmensgröße oder Produktkategorie. Nur so kann die EU ihre Resilienz langfristig stärken.
- Für das Versorgungsmonitoring bestehende Daten effizient nutzen: Das European Medicines Verification System (EMVS), zu dem in Deutschland securPharm beiträgt, liefert bereits heute wichtige Informationen über den Bestand an verschreibungspflichtigen Medikamenten in Europas Lieferketten. Diese und weitere längst vorhandene Ressourcen sollten besser genutzt werden, um neue Meldepflichten und unnötige Bürokratie zu vermeiden.
- Gemeinsame Beschaffung gezielt begrenzen: Gemeinsame Beschaffungen (collaborative procurement) für MPCI dürfen nicht dazu führen, dass innovative Medikamente zu spät oder gar nicht mehr in Märkten wie Deutschland ankommen, weil durch sie unbeabsichtigt Wettbewerbsverzerrungen hervorgerufen und der Parallelhandel mit Medikamenten intensiviert wird. Schutzmechanismen sind notwendig, um Innovationsanreize zu erhalten: Gemeinsame Beschaffungsprozesse sollten nur für Einzelfälle hoher Dringlichkeit und nach expliziter Zustimmung des Herstellers ermöglicht werden. Sie sollten auf Mitgliedsstaaten mit vergleichbaren Zugangsproblemen und Gesundheitssystemen begrenzt und durch verpflichtend vertrauliche Preisverhandlungen und eine Begrenzung des Parallelhandels flankiert werden.
Konstruktiver Dialog erwünscht
Der vfa steht bereit, die weitere Ausgestaltung des Critical Medicines Act konstruktiv mitzugestalten. Es gilt, eine Verordnung zu entwickeln, die sowohl Versorgungssicherheit als auch Innovationsfähigkeit langfristig sicherstellt. Dabei sollte die EU die Erfahrungen der Industrie ebenso berücksichtigen wie die Bedarfe der Gesundheitssysteme und Patient:innen.
Die vollständige Stellungnahme des vfa zum Critical Medicines Act finden Sie hier.