Die Orphan Drugs im AMNOG
Die Versorgung mit neuen Medikamenten bei seltenen Erkrankungen ist in Deutschland nach wie vor vorbildlich. Nach der neuesten Analyse des europäischen Pharmaverbands (EFPIA) belegt Deutschland mit 90% den ersten Platz bei der Verfügbarkeit von Orphan Drugs.
Das gute Abschneiden ist jedoch kein Zufall. Beim AMNOG-Verfahren wurde von Beginn an die Notwendigkeit mitgedacht, die besondere Situation bei Orphan Drugs zu berücksichtigen. Diese Medikamente müssen bereits im Rahmen der Zulassung zeigen, dass sie einen signifikanten Nutzen gegenüber Vergleichstherapien – sofern überhaupt vorhanden – haben, um den Status eines Orphan Drugs zu erlangen. Ihr Zusatznutzen gilt daher im AMNOG als belegt; der G-BA prüft in diesen Fällen allerdings, wie hoch der Zusatznutzen ist. Auf dieser Grundlage finden dann – wie bei allen anderen Medikamenten – die Erstattungsbetragsverhandlungen statt. Diese speziellen AMNOG-Vorgaben gelten, bis die Medikamente innerhalb von 12 Monaten einen Umsatz von 30 Mio. Euro erzielen.
Sobald ein Orphan Drug diese Schwelle überschreitet, wird es rechtlich wie alle anderen Arzneimittel behandelt und stellt sich einer erneuten Nutzenbewertung mit anschließender Erstattungsbetragsverhandlung. Die hiervon umfassten Umsätze machen mehr als 80 Prozent der Orphan Drug-assoziierten GKV-Arzneimittelausgaben aus, betreffen aber nur wenige Orphan Drugs. Die überwiegende Mehrheit der Orphan Drugs generiert jährliche Umsätze weit unter 30 Millionen Euro.
Die AMNOG-Regelung ist somit eine logische Umsetzung der EU-Verordnung und stellt zugleich einen reibungslosen und schnellen Zugang der Orphan Drugs hierzulande sicher.
Eine neue Studie der renommierten Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partner im Auftrag des vfa demonstriert die existenzielle Bedeutung der Orphan Drug-Regelung für die breite Versorgung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen.
In weiteren Untersuchungen wird zudem die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Besonderheiten seltener Erkrankungen im AMNOG nochmals bestärkt. Insbesondere angesichts der niedrigen Patientenzahlen bei bestimmten seltenen Krankheiten wird dabei hervorgehoben, dass die bestverfügbare vergleichende Evidenz sorgfältig geprüft und zur Beantwortung der Fragestellungen der Nutzenbewertung herangezogen werden sollte. Hierfür sind gemeinsame Anstrengungen zur Entwicklung einer adäquaten Methodik unter Anerkennung einer situativ angemessenen Ergebnissicherheit notwendig. Ebenso wird gezeigt, dass die aktuelle Operationalisierung der Umsatzschwelle für Orphan Drugs im AMNOG wesentliche Limitationen aufweist.