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vfa-Impfdashboard

Wie sich die Nachfrage nach Impfungen gegen einzelne Krankheiten in Deutschland entwickelt hat, lässt sich anhand der entsprechenden Verordnungen der GKV abschätzen. Das folgende Diagramm zeigt, wie sich diese Verordnungszahlen zwischen 2018 und 2024 entwickelt haben.

Durch Anklicken der Krankheitsnamen im Dropdown-Menü oben links über dem Diagramm können Sie auswählen, welche Zeitreihen einzeln angezeigt werden sollen. So können Sie beispielsweise die Entwicklungen bei den Masern- und Tetanus-Impfungen vergleichen.

Was die Diagramme erkennen lassen

Aus den jährlichen bzw. Quartals-Verordnungen von Impfstoffen zulasten der GKV lassen sich zwar nicht alle Impfungen in Deutschland ersehen, doch machen sie trotzdem Trends im Impfverhalten sichtbar. So lässt sich beobachten, welche Impfungen im Jahr 2024 beispielsweise häufiger wahrgenommen wurden als in den Jahren zuvor oder welche Impfungen in den Pandemiejahren vernachlässigt bzw. bevorzugt worden sind. Daraus lassen sich auch Veränderungen im Impfschutz in der Bevölkerung abschätzen – wenn auch nicht exakt quantifizieren (s. Infobox "Datenlage zu den Impfquoten in Deutschland" weiter unten).

Ein großer Vorteil ist, dass die Verordnungsdaten zeitnah zur Verfügung stehen. Das hier präsentierte Diagramm ist daher als Hilfsmittel gedacht, das den Fokus auf erste Auffälligkeiten richtet, bis die umfassendere Auswertung der Impfsurveillance des RKI vorliegt. Das Diagramm orientiert sich an den meisten üblichen Impfungen, die von gesetzlich Versicherten wahrgenommen werden; aus verschiedenen Gründen werden folgende Bereiche bei der Ermittlung von Impftrends im Diagramm nicht berücksichtigt:

  • privat bezahlte Reiseimpfungen (z. B. gegen Gelbfieber oder Tollwut),
  • privat bezahlte Grippeimpfungen (von gesunden Erwachsenen unter 60 Jahren),
  • Covid-19-Impfungen (die verfügbaren Impfstoffe wurden – und werden z. T. weiterhin – von der Bundesregierung beschafft und zentral zur Verfügung gestellt. Somit sind sie noch nicht vollständig zum GKV-Bereich zuzurechnen), und
  • von der PKV erstattete Impfungen.

Bei den Verordnungen zu Lasten der PKV ist allerdings zu erwarten, dass sie über die Zeit den gleichen Trends folgen wie die GKV-Verordnungen.

Eine Verordnung bezieht sich stets auf nur eine Impfdosis. Für eine vollständige Immunisierung gegen Rotainfektionen muss beispielsweise zweimal eine Impfdosis verabreicht und folglich auch zweimal verordnet werden. Bei anderen Impfungen, bspw. gegen HPV, hängt die Zahl der für die vollständige Immunisierung erforderlichen Impfdosen hingegen vom Alter der Geimpften ab oder ob gewisse Risikofaktoren vorliegen.

Trends im Impfverhalten

Die Veränderungen von Jahr zu Jahr lassen sich gut in Balkendiagrammen veranschaulichen:



  • Gesamtzahl der GKV-Impfungen insgesamt: In 2024 hat die Summe aller Impfungen im GKV-Bereich erstmals seit 2020 wieder zugenommen. Maßgeblichen Anteil daran hat der Zuwachs an Verordnungen bei Impfungen gegen Pneumokokken, HPV und Meningokokken B.
  • HPV: Die Verordnungen von Impfstoffen gegen Humane Papillomviren (HPV) und zur Vorbeugung der damit assoziierten Krebserkrankungen (Gebärmutterhalskrebs, Analkrebs, Peniskrebs u. a.) wachsen leicht. Der Anstieg der Verordnungen in 2023 nach dem starken Rückgang in den Pandemiejahren setzt sich fort, 2024 wurden mehr als 1 Million Impfungen verordnet. Dies könnte ein Hinweis auf vermehrte Nachholimpfungen sein. Von den Verordnungszahlen von 2019 ist 2024 aber noch ein gutes Stück entfernt.
  • Influenza (Grippe): Die erhöhten Verordnungszahlen in den Jahren 2020 und 2021 dürften auf das während der Pandemie verstärkte Bewusstsein für den Sinn von Schutzmaßnahmen gegen Atemwegsinfekte zurückgehen. Dieser Trend hat sich allerdings nicht verstetigt. Im Gegenteil, die Grippeimpfungen haben im dritten Jahr in Folge nachgelassen und liegen nicht weit entfernt vom Niveau vor der Pandemie.
  • Masern, Mumps, Röteln: Die Zahl der Verordnungen ergibt sich aus Impfungen zur Grundimmunisierung von Säuglingen/Kleinkindern und Nachholimpfungen für Jugendliche und Erwachsene. Fast immer wurden diese mit Kombiimpfstoffen gegen Masern/Mumps/Röteln oder Masern/Mumps/Röteln/Windpocken durchgeführt. Dass Nachholimpfungen enthalten sind, lässt sich daran erkennen, dass mit den 1,8 Mio. verordneten Impfdosen von 2024 rein rechnerisch die Grundimmunisierung von 900.000 Kindern und damit von mehr als einem ganzen Jahrgang (einschl. privat versicherter Kinder) möglich gewesen wäre. Der Spitzenwert von 2,85 Mio. Impfdosen wurde 2020 vermutlich durch zusätzliche Nachholimpfungen infolge der neuen Masern-Impfpflicht erreicht. Dass die Verordnungszahlen seither abfallen, wird zum Teil durch die seit 2021 leicht sinkende Geburtenzahl beeinflusst.
  • Pneumokokken: Der Spitzenwert von 2020 bei den Verordnungen ist möglicherweise eine Folge der öffentlichkeitswirksamen Impfhinweise des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn. In 2024 war eine relativ starke Zunahme auf fast 4 Millionen Impfungen zu beobachten. Hier ist zu vermuten, dass die Vereinfachung der Empfehlung für Menschen ab 60 Jahren im Zuge der Aktualisierung der STIKO-Empfehlung im September 2023 einen Anteil daran hat.
  • Rota-Infektionen: Seit 2021 folgt die Kurve der von Jahr zu Jahr leicht sinkenden Geburtenzahl (Geburten 2024: ca. 680.000).
  • Meningokokken B: Am Beispiel der Meningokokken B-Impfung wird deutlich, welche Tragweite eine STIKO-Empfehlung hat: Der Impfstoff zur Anwendung bei Säuglingen ist seit 2013 zugelassen, seither hat die Zahl der Impfverordnungen stetig zugenommen, auch weil viele Krankenkassen die Impfung im Rahmen von Satzungsleistungen erstatteten. Seit der Empfehlung durch die STIKO im Januar 2024 ist die Zahl der Verordnungen überdurchschnittlich gestiegen. Eine schnelle und flächendeckende Verfügbarkeit von Impfvereinbarungen hätte gegebenenfalls zu einem noch stärkeren Wachstum der Verordnungszahlen beitragen können.

Die Trends bei einigen anderen Impfungen wie Gelbfieber oder Typhus lassen sich vermutlich im Zusammenhang mit der Zahl der Fernreisen deuten.

Jetzt die Weichen für zeitnahe Impfquoten stellen

Das dokumentiert einmal mehr, dass in Deutschland ein struktureller Verbesserungsbedarf angegangen werden muss, bevor die Impfziele der WHO erfüllt werden können. Um diese Ziele zu erreichen, ist die zeitnahe Kenntnis der Impfquoten unbedingt erforderlich. Die hier präsentierten Verordnungsdaten sind zwar früh verfügbar, aber nur bedingt geeignet. Neue digitale Prozesse, die gewährleisten, dass alle dokumentierten Impfungen schnell erfasst werden, könnten dies viel besser ermöglichen. Die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte in 2025 ebnet dafür den Weg, der jetzt bei der Implementierung schnellstmöglich verfolgt werden muss.

Zusätzlich sollten vor allem solche Maßnahmen ergriffen werden, die das Impfen für grundsätzlich daran interessierte Bürger:innen einfacher machen, wie etwa der Ausbau niedrigschwelliger Impfangebote. Die Ausweitung des Impfangebots in Apotheken, die mit dem Bruch der Ampel-Koalition nicht mehr umgesetzt werden konnte, sollte von der nächsten Bundesregierung umgehend aufgegriffen und abgeschlossen werden.