Neue Medikamente in Sicht
Viele Krankheiten sind in den letzten Jahren besser behandelbar geworden, und Patienten und Ärzte hoffen, dass dieser Strom des Fortschritts nicht abreißt. Die Chancen dafür stehen gut. Denn forschende Pharma-Unternehmen entwickeln derzeit gegen mehr als 145 Krankheiten Medikamente, die bis spätestens Ende 2023 die Zulassung erhalten könnten. Das zeigt eine Erhebung des vfa bei seinen Mitgliedsunternehmen vom Oktober 2019.
Demnach könnten bis Ende 2023 insgesamt 434 ihrer Projekte zu einer Zulassung oder Zulassungserweiterung für ein Medikament führen. Damit haben die Unternehmen ihre Entwicklungstätigkeit gegenüber 2017 (als in einer vergleichbaren Erhebung 339 Projekte gegen rund 120 Krankheiten gezählt wurden) noch einmal wesentlich verstärkt.
Die Erfahrung der Vergangenheit lehrt aber auch: Nicht alle Projekte werden das gesteckte Ziel erreichen. Einige werden beendet werden müssen, selbst im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium, ohne mit einer Arzneimittelzulassung abzuschließen. Da aber gegen die meisten Krankheiten mehr als nur ein oder zwei neue Medikamente entwickelt werden, ist die Chance auf Fortschritt für die jeweiligen Patienten trotzdem groß.
Die einzelnen Projekte
Sämtliche Projekte, auf denen die Prognose für die Zeit bis 2023 beruht, sind in der Broschüre "Perspektive 2023" mit wichtigen Kenndaten aufgelistet (ab Seite 26), die hier heruntergeladen werden kann.
Sämtliche Projekte, die in der Erhebung erfasst wurden, sind in der Broschüre "Perspektive 2023" aufgelistet (siehe Kasten). Stets werden die betreffenden Medikamente derzeit entweder in Studien mit Patientinnen und Patienten erprobt, oder ihre Zulassung wurde bereits bei der Arzneimittelbehörde der EU, der EMA, beantragt.
Nur rund 1 % der Projekte beschäftigt sich mit leichteren Beschwerden wie Schlafstörungen oder Haarausfall, alle anderen mit schweren Erkrankungen. Das zeigt, welche Prioritäten die forschenden Pharma-Unternehmen setzen.
Neue Wirkstoffe, neue Darreichungsformen, neue Anwendungsgebiete
Bei 51 % der Projekte entwickeln Unternehmen Medikamente mit einem neuen Wirkstoff. Bei 11 % der Projekte geht es um eine neue Darreichungsform für einen schon zugelassenen Wirkstoff (z. B. ein kindgerechtes Granulat zusätzlich zu den schon zugelassenen Tabletten). Bei 38 % der Projekte wird erprobt, ob sich ein bereits zugelassenes Medikament gegen eine weitere Krankheit oder auf andere Weise einsetzen lässt, mit dem Ziel einer Zulassungserweiterung. Auch dafür ist der Entwicklungsaufwand hoch; denn obwohl ältere Studienergebnisse zu anderen Krankheiten vorliegen, muss das betreffende Medikament für die neue Krankheit eigenständig hinsichtlich Wirksamkeit, Verträglichkeit und geeigneter Dosierung erprobt werden. Dies ist stets der teuerste Teil einer Arzneimittelentwicklung.
Für die Patienten ist jede neue Behandlungsmöglichkeit für die Krankheit, an der sie leiden, eine weitere Chance auf Linderung, Besserung oder sogar Heilung.
434 Projekte forschender Pharma-Unternehmen, die bis Ende 2023 zu einer Zulassung oder Zulassunserweiterung für ein Medikament führen können
Frage an den vfa-Präsidenten Han Steutel:
Warum ist Hepatis C medikamentös heilbar und Alzheimer noch nicht?
Forschungserfolge gibt es nicht auf Knopfdruck, leider! Sonst wäre ein heilendes Alzheimermedikament längst da. Der Bedarf ist schließlich sehr groß. Aber schauen wir einen Moment nicht auf das, was fehlt, sondern auf das, was da ist und noch kommt.
Pharma- und Biotech-Unternehmen brauchen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung. Denn die liefern Hinweise, wie sich ins Krankheitsgeschehen eingreifen lässt – ob man dafür beispielsweise einen Botenstoff abfangen oder ein Gen stilllegen sollte. Die Forschungsteams der Unternehmen beginnen dann mit der Erfindung von Medikamenten, die auf die vorgesehene Weise wirken.
So stiegen aufgrund neuer Erkenntnisse der Virusforschung zahlreiche Unternehmen beherzt in die Erfindung neuer Mittel gegen Hepatitis C ein und lieferten sich einen intensiven Wettbewerb. Im Ergebnis stehen heute mehrere Medikamente zur Verfügung, die fast alle Infizierten nebenwirkungsarm und binnen weniger Wochen heilen können.
Bahnbrechende Erkenntnisse erlebt auch die Onkologie. Auch hier gibt es intensiven Wettbewerb um darauf aufbauende Medikamente. Dieser sorgt für immer bessere Behandlungs-, und manchmal sogar Heilungsmöglichkeiten.
Für Alzheimer ist es letztlich nicht anders: Auch hier haben Forschungsteams trotz aller Misserfolge der letzten 15 Jahre weiter an neuen Medikamenten gearbeitet, jeweils orientiert am neuesten Stand der Krankheitsaufklärung. Einige haben es bis ins letzte Erprobungsstadium geschafft und werden verfügbar werden, wenn sie sich in den klinischen Studien bewähren. Und während diese Studien noch laufen, wird in den Labors unserer Unternehmen schon an der nächsten Generation von Mitteln gearbeitet, die die Krankheit auf noch andere Art in den Griff bekommen sollen. Unsere Unternehmen werden nicht aufgeben, bis gut wirksame Mittel zur Verhütung oder Behandlung von Alzheimer verfügbar sind.