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Pharma vs. Klimawandel: Neue Impfstoffe gegen sich ausbreitende Krankheiten

Mit dem Klimawandel ändern sich die Verbreitungsgebiete von Insekten und anderen Tieren, die Infektionskrankheiten übertragen. Das wiederum dürfte dazu führen, dass einige bisher nur in subtropischen oder tropischen Gebieten verbreitete Krankheiten in südlichen EU-Ländern und ggf. auch in Deutschland heimisch werden. Doch Pharmaunternehmen arbeiten an Impfstoffen dagegen; einige sind auch schon zugelassen.

Zwei Larven von Tigermücken unter Wasser.

Puppen von Tigermücken unter Wasser. Die erwachsenen Mücken können Dengue-Fieber übertragen.

Dengue-Fieber

Das Dengue-Fieber ist eine Virusinfektion. Sie wird von Tigermücken übertragen, die zunehmend auch in Deutschland vorkommen. Die Symptome der Krankheit sind ähnlich wie bei einer echten Grippe.

Aber: Seit einigen Jahren sind in der EU Dengue-Impfstoffe zugelassen – Lebendimpfstoffe mit abgeschwächten (attenuierten) Viren, die Proteine aller vier Serotypen von Dengue-Viren tragen. Einer der Impfstoffe wird in Singen in Süddeutschland hergestellt. Weitere Impfstoffe sind in Entwicklung, darunter noch ein tetravalenter attenuierter Lebendimpfstoff, der gerade in Studien der Phase II und III erprobt wird. Mehrere Unternehmen arbeiten zudem an Therapeutika zur Behandlung der Krankheit.

Chikungunya-Fieber

Auch das Chikungunya-Fieber [gesprochen: Tschikun-Gunja] ist eine Virusinfektion. Die Erreger können von verschiedenen Mückenarten übertragen werden. Die Krankheit verursacht Fieber und mitunter starke Gliederschmerzen (daher der Name, der „gekrümmter Mann“ bedeutet). Die Krankheit ist bislang vor allem in Afrika, Süd- und Mittelamerika verbreitet, aber kam auch schon in den USA und Frankreich vor. Eine Ausweitung des Verbreitungsgebietes ist gut möglich.

Aber: Seit Ende Juni 2024 ist in der EU ein Impfstoff zugelassen; er enthält lebende, aber in ihrer Vermehrung stark abgeschwächte (attenuierte) Erreger. Für einen weitereren Impfstoff, der gentechnisch erzeugte Erregerproteine enthält, ist in der EU die Zulassung beantragt; ebenso in den USA.

West-Nil-Fieber

Ein Virus ist auch der Erreger des West-Nil-Fiebers. Gut vermehren kann es sich allerdings nur in Vögeln, zwischen denen es durch Stechmücken (darunter solchen der auch in Deutschland verbreiteten Gattung Culex) übertragen wird. Diese Mücken können aber auch Menschen infizieren. Meist verläuft eine Infektion nahezu symptomlos, aber rund ein Fünftel der Infizierten leidet für mehrere Tage an einer grippeähnlichen Erkrankung mit Fieber. Selten kommt es auch zu einem schweren Verlauf mit Gehirnentzündung.

Verbreitet ist die Krankheit in vielen Teilen der Welt, darunter auch in Südeuropa und der Türkei. Auch in Deutschland gibt es immer wieder Fälle, wenn auch wenige. Durch den Klimawandel können es mehr werden: Denn zum einen wird er dafür sorgen, dass sich Stechmücken in mehr Monaten des Jahres als bislang vermehren können; und zum anderen benötigen die Viren Temperaturen oberhalb von 20 Grad Celsius, um mit den Mücken verbreitet werden zu können.

Für Pferde, die ebenfalls erkranken können, sind mehrere Impfstoffe zugelassen. Frühere Projekte für Humanimpfstoffe waren nicht erfolgreich. Zwei Projekte für Impfstoffe befinden sich derzeit im Laborstadium.

Krim-Kongo-Fieber

Das Krim-Kongo-Fieber ist eine weitere Krankheit, die von Viren hervorgerufen wird. Diese werden von einer Zeckenart übertragen, die ihr Verbreitungsgebiet derzeit nach Europa ausdehnt. Erkrankte leiden an hohem Fieber sowie an Kopf- und Gliederschmerzen. Die Infektion kann tödlich sein. Einzelne Erkrankungsfälle wurden schon mehrfach aus EU-Ländern wie Spanien gemeldet. Drei Unternehmen arbeiten derzeit in ihren Labors an wirksamen Impfstoffen dagegen.

Borreliose

Borreliose ist keine exotische Krankheit, sondern seit langem in Deutschland verbreitet. Doch auch hier dürften sich die Verbreitungsgebiete innerhalb Deutschlands mit dem Klimawandel ändern; denn es ändert sich die Verbreitung der Zecken, die diese bakterielle Krankheit übertragen. Verläuft eine Borreliose mild, beschränken sich die Symptome weitgehend auf eine – meist ringförmige – Hautrötung um die Biss-Stelle.

Es kann aber auch zu Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen und geschwollenen Lymphknoten kommen. Zu noch schwereren Symptomen kommt es, wenn die Bakterien ins Nervensystem gelangen: Dann kann es zu starken Schmerzen, Seh- und Hörstörungen, Taubheitsgefühlen und zu Lähmungen kommen.

Borreliose lässt sich mit Antibiotika behandeln. Einen Impfschutz gegen die hierzulande verbreiteten Borrelien-Arten gibt es hingegen bislang nicht. Doch entwickeln mehrere Unternehmen Impfstoffe, die vor allen in Deutschland verbreiten Borrelien-Arten schützen sollen: Ein Protein-basierter Impfstoff wird derzeit in einer Phase-III-Studie erprobt, ein mRNA-basierter Impfstoffe in einer Studie der Phase II.

Tabellarischer Überblick

Die folgende Tabelle listet die bekannten Impfstoff-Projekte zu den genannten Krankheiten auf (Stand: 02.11.2024). Quellen: Pharma Projects Database, Recherchen des vfa.

KrankheitHerstellerBezeichnungImpfstofftypStatus in der EU
Dengue-FieberSanofi (Frankreich)dengue tetravalent vaccine (live, attenuated)attenuierter Lebendimpfstoff, tetravalentzugelassen für Regionen, in denen Dengue endemisch ist; in Deutschland nicht vermarktet
Dengue-FieberTakeda (Japan)dengue tetravalent vaccine (live, attenuated)attenuierter Lebendimpfstoff, tetravalentzugelassen und vermarktet
Dengue-FieberBiological E / MSD (Indien / USA)Tetravax-DVattenuierter Lebendimpfstoff, tetravalentPhase III
Dengue-Fieber (und Zika sowie Gelbfieber)Theravectys (Frankreich)k. A.Vektorimpfstoff, der auf T-Zell-Wirkung abzieltpräklinische Wirksamkeitstests
Chikungunya-FieberValneva (Frankreich)VLA-1553attenuierter Lebendimpfstoff, monovalent (1 Dosis genügt)zugelassen, noch nicht vermarktet
Chikungunya-FieberBavarian Nordic (Dänemark)PXVX-0317Protein-basierter Impfstoff mit gentechnisch hergestellten Virus-like Particles (VLP)Zulassung für die EU beantragt, im Juni 2024
Chikungunya-FieberBharat Biotech (Indien) mit CEPIBBV-87Impfstoff mit inaktivierten VirenPhase II
Chikungunya-FieberTechnovalia (Australien) mit der Monash University Melbourne (Australien)tbdImpfstoff mit inaktivierten VirenForschungsphase
West-Nil-FieberTheravectys (Frankreich)k. A.Vektor-Impfstoff mit Lentiviruspräklinische Wirksamkeitstests
West-Nil-FieberFraunhofer IZI und weitere Fraunhofer Institute im Projekt RNAuto (Deutschland)k. A.mRNA-ImpfstoffForschung
Krim-Kongo-FieberHDT bio (USA) und University of Texas Medical Branch (USA)HDT-321mRNA-ImpfstoffForschungsphase
Krim-Kongo-FieberSVF Vaccines (Schweden)SVF-003k. A.Forschung
Krim-Kongo-FieberModerna (USA)k. A.mRNA-ImpfstoffForschung
BorrelioseValneva / Pfizer (Frankreich / USA)VLA-15 (PF-07307405)Protein-basierter Impfstoff (3 Proteine)Phase III
BorrelioseModerna (USA)mRNA-1975mRNA-Impfstoff (7-valent)Phase II