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Niedrige Impfquote: Warum es nicht nur an Impfmüdigkeit liegt

Seit Jahren sinken die Impfquoten in Deutschland, die Corona-Pandemie hat viele Trends noch einmal verschärft. Im Bereich der Schutzimpfungen bei Säuglingen und Kindern sind wir noch vergleichsweise gut aufgestellt. Hier werden zwar überwiegend Quoten von über 90 Prozent erreicht, aber die Impfquoten beginnen zu bröckeln. Bedenklich sieht es bereits beim Infektionsschutz der Jugendlichen und Erwachsenen aus. Hier sind die Impfquoten seit Jahren niedrig und hinken den Empfehlungen hinterher.

Ansicht von oben. Mensche (eher jüngeren Alters) sitzen im Kreis und diskutieren. Man sieht Beine und Stühle und Hände. Kaum Gesichter.

Der Bevölkerung eine generelle „Impfmüdigkeit“ oder gar „Impfskepsis“ zu unterstellen und über Kampagnen und Anreize zu diskutieren, wird der Sache nicht gerecht. Angesichts der hohen Kinderimpfquoten wirkt die große Mehrheit der Eltern, was das Impfen ihrer Kinder angeht, aufgeweckt und informiert. Geht es aber um den eigenen Impfstatus, scheint Jugendlichen und Erwachsenen “irgendetwas” im Wege zu stehen.

Schutzimpfungen müssen bequem sein

Der einfache Blick in den Impfpass

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet hier eine einmalige Chance. Ein digitaler Impfpass, der nicht vergessen werden kann oder Deutschlandweit gesucht werden muss, bietet für jede und jeden Versicherten einen enormen Mehrwert. Ein digitaler Impfpass, der stets verfügbar und abrufbar ist, kann auch jederzeit hinsichtlich anstehender und neuer Impfungen überprüft werden, egal ob in der Arztpraxis, der Apotheke oder beim Gesundheitsamt. Gleichzeitig kann man die Versicherten frühzeitig und personalisiert an die anstehenden und infrage kommenden Schutzimpfungen erinnern.

Impfungen als lohnende Investition

Mit niedrigschwelligem Zugang und digitalem Impfpass allein ist es jedoch nicht getan. Zur nachhaltigen Anhebung der Impfquoten bedarf es einer umfassenden, fein abgestimmten Strategie. Und diese erwächst am besten aus dem Zusammenspiel von klar formulierten, konkreten Impfzielen, Impfempfehlungen und Maßnahmen zur Umsetzung. Denn erst wenn klar ist, wo sich die Impfquoten hinentwickeln sollen, lassen sich solche Maßnahmen ableiten. Dafür bedarf es allerdings einer zielführenden Vernetzung und effizienten Koordinierung aller Akteure des Impfwesens. Dazu gehören neben den Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Gesundheitspolitik und Forschung auch die Leistungserbringerinnen und -erbringer, Kostenträger und Impfstoffhersteller. Dies wurde bereits im Nationalen Impfplan (NIP) aus dem Jahr 2012 als zentrale Maßnahme identifiziert.(1) Ausreichende Mittel für die dringend notwendige Aktualisierung des NIP sowie die Stärkung der relevanten Stellen des Impfwesens, vor allem der Ständigen Impfkommission, des Robert Koch-Instituts und der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen sollten dabei keine Hürde darstellen. Immerhin zeigen Daten, dass sich Investitionen in Schutzimpfungen in vielerlei Hinsicht wortwörtlich auszahlen. Eine niederländische Erhebung stellte fest, dass jeder Euro, der in die Impfung Erwachsener investiert wird, in 4 Euro Wirtschaftsleistung resultiert.(2)

Die Zukunft ist systemisch

Impfungen betreffen nicht nur Individuen, sie betreffen die gesamte Gesellschaft. Impfen geht uns alle an! Deshalb lassen sich auch die Impfquoten nicht durch einzelne isolierte Aktionen und Aktivitäten nachhaltig erhöhen. Das kann nur gelingen, wenn alle relevanten Akteure dies gemeinsam angehen. Was wir sicher nicht brauchen, sind weitere Studien, Untersuchungen und Auswertungen. Schaffen wir es jetzt, pragmatisch zu handeln, die relevanten Akteure zu stärken und Impfungen den Menschen bequem zugänglich zu machen, ist schon sehr viel gewonnen.

Quellen