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Gentherapien sind Medikamente – wieso eigentlich?

Zu dieser Frage äußert sich Dr. Siegfried Throm, ehemaliger Geschäftsführer Forschung beim vfa.

Dr. Throm, bei „Medikament“ denkt man an Tabletten oder eine Spritze, aber doch nicht an etwas so Kompliziertes wie eine vielschrittige Gentherapie. Bei der werden einem Patienten Zellen entnommen, gentechnisch verändert, vermehrt und schließlich zurückgegeben. Das ist angewandte Gentechnik, das ist ein Heilverfahren. Aber warum ist es ein Medikament?


Hier werden Patienten mit einem Mittel gegen ihre Krankheit behandelt, auch wenn sie eventuell selbst eigene Zellen dazu beigetragen haben. Die EU hat entschieden, dies rechtlich dem Regelbereich der Arzneimittel zuzuordnen. Und nicht nur die EU, auch die USA, Japan und die Schweiz haben so entschieden. Aber Gentherapien sind für die EU dann doch etwas Besonderes: Zusammen mit Zelltherapien und Gewebeprodukten gehören sie – innerhalb der Medikamente – zu den „Advanced Therapeutic Medicinal Products“.

Wozu soll die Einstufung als Medikament gut sein?


Medikamente werden von den Behörden streng geprüft und nur zugelassen, wenn ihr Nutzen erprobtermaßen das Risiko übersteigt. Bei einigen Gentherapien ist das Risiko nicht zu vernachlässigen. Denken Sie an die CAR-T-Zell-Therapien gegen Leukämien und Lymphome: Sie können manche Patienten de facto von ihrer Krebserkrankung befreien – was großartig ist – aber sie können auch heftige Immunreaktionen auslösen. Deshalb ist es im Sinne des Patientenschutzes sehr wichtig, dass nur Therapien mit geprüfter positiver Nutzen/Risiko-Bilanz zum Einsatz kommen. Das sollte auch im Sinne der Krankenkassen sein, damit das Geld für in dieser Hinsciht überprüfte Therapien ausgegeben wird.

Mit der Zulassung beginnt auch die weitere Überwachung der betreffenden Therapien – mit Registern und regelmäßigen Erfahrungsberichten, bis zu 20 Jahre lang. Bisher gibt es ja noch gar keine Daten zu den Langzeiteffekten von Gentherapien.

Genügt für eine Nutzen/Risiko-Analyse nicht eine CE-Zertifizierung des Verfahrens, wie beispielsweise bei einem Diagnosegerät?


Die für eine Medikamentenzulassung praktizierte Prüfung durch die Arzneimittelbehörde, für die zuvor umfangreiche Studiendaten gewonnen werden müssen, ist bei weitem umfassender und strenger als eine CE-Zertifizierung. Und das ist gut so!