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Ausgezeichnete Medikamente aus deutschen Labors

Deutsche Pharmaforscherinnen und -forscher genießen international Ansehen, und immer wieder werden die Ergebnisse ihrer Arbeit auch prämiert.

Träger des Deutschen Zukunftspreis 2021 (von links oben nach rechts unten): PD Dr. Özlem Türeci, Prof. Dr. Uğur Şahin, Prof. Dr. Katalin Karikó und Prof. Dr. Christopher Huber vom Unternehmen BioNTech. © Deutscher Zukunftspreis Ansgar Pudenz.

Jüngste Beispiel ist der erste Impfstoff gegen Covid-19 (zugleich der erste Impfstoff auf mRNA-Basis), der im Mainzer Unternehmen BioNTech erfunden und zusammen mit dem Pharma-Unternehmen Pfizer erprobt und zur Produktionsreife gebracht wurde. Für diese Leistung haben vier Mitarbeiter des Unternehmens am 17.11.2021 den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten erhalten: PD Dr. Özlem Türeci (Chief Medical Officer), Prof. Dr. Uğur Şahin (Vorstandsvorsitzender), Prof. Dr. Katalin Karikó (Senior Vice President) und Prof. Dr. Christopher Huber (Mitgründer, Berater und Mitglied im Aufsichtsrat) vom Unternehmen BioNTech.

Hall of Fame der deutschen Forschung

Prof. Dr. Uğur Şahin und Özlem Türeci (links) mit Belén Garijo (Vorsitzende der Geschäftsleitung Merck) und Martin Noé (Chefredakteur Manager Magazin). Foto: MerckZuvor erhielten zwei dieser Preisträger von BioNTech – das Ehepaar Uğur Şahin und Özlem Türeci – einen Platz in der Hall of Fame der deutschen Forschung, die vom Manager Magazin und dem Technologiekonzern Merck KGaA ins Leben gerufen haben. Die Ehrung fand am 21.10.2021 als statt und wurde im Internet übertragen.

Schon einmal zuvor wurde ein Arzneimittelentwickler in diesen Kreis aufgenommen, der Biochemiker Prof. Dr. Axel Ullrich (2012), der an zwei Krebsmedikamenten maßgeblich beteiligt war. Weitere Preisträger wie etwa Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier (2020) oder Prof. Dr. Harald zur Hausen (2010) haben methodische oder medizinische Grundlagen für die Entwicklung bestimmter Arzneimittel gelegt.

2018: Zukunftspreis für ein antivirales Medikament

Gewinner des Deutschen Zukunftspreises 2018: Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff und Dr. Holger Zimmermann vom Wuppertaler Unternehmen AiCurisEin weiteres Beispiel ist die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises 2018 an Professor Dr. Helga Rübsamen-Schaeff und Dr. Holger Zimmermann vom Wuppertaler Unternehmen AiCuris durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Sie und ihr Team erhielten den Preis für Letermovir, ein neuartiges Medikament gegen Infektionen mit Cytomegaloviren (CMV). Die Ehrung fand am 28.11.2018 in Berlin statt.

Während Cytomegaloviren Gesunden normalerweise nichts anhaben können, gefährden sie Menschen mit geschwächtem Immunsystem (Patienten nach Organtransplantation oder intensiver Chemotherapie, AIDS-Patienten, bestimmte Patienten auf der Intensivstation u.a.). Seine erste Zulassung hat Letermovir zum Schutz von Patienten erhalten, die sich einer Knochenmarkstammzell-Transplantation unterziehen müssen, beispielsweise im Rahmen einer Leukämie-Behandlung.

Vertrieben wird das Medikament durch das Unternehmen MSD, das bereits an der klinischen Entwicklung des Medikaments beteiligt war und weitere Studien damit durchführt. Von der EU hat das Mittel den Orphan Drug-Status erhalten, weil sein Anwendungsgebiet auf wenige Patienten beschränkt ist.

2015: Zukunftspreis für ein Medikament gegen Lungenhochdruck

Gewinner des Deutschen Zukunftspreises des Bundespräsidenten 2015 (vlnr): Ardeschir Ghofrani (Universität Gießen), Johannes-Peter Stasch und Reiner Frey (Bayer Pharma). Sie entwickelten gemeinsam ein Medikament gegen Lungenhochdruck.Dies ist nicht der erste Deutsche Zukunftspreis, der für ein Medikamentenprojekt vergeben wird. Schon 2015 wurde er von Bundespräsident Joachim Gauck an die Forscher Ardeschir Ghofrani (Universität Gießen) sowie Reiner Frey und Johannes-Peter Stasch (Bayer Pharma) für ein neuartiges Medikament gegen zwei Formen von Lungenhochdruck verliehen.

Der in Wuppertal erfundene Wirkstoff des Medikaments, Riociguat, wurde in Zusammenarbeit mit forschenden Ärzten der Universität Gießen zu einem Medikament gegen verschiedene Formen von Lungenhochdruck entwickelt. Bei diesen Patienten ist die Lunge geschädigt und das Herz durch erschwerte Pumparbeit stark belastet, was zu einem stark verminderten Leistungsvermögen führt; unbehandelt führt Lungenhochdruck zum Tod.

Das Gießener Team um Ghofrani hatte zuvor schon an der klinischen Entwicklung anderer Medikamente gegen Lungenhochdruck mitgewirkt. Darunter sind auch solche, die zwei ursprünglich gegen Erektionsstörungen eingesetzte Wirkstoffe für die Lungenhochdruck-Therapie anwendbar machten. Für die Grundlagenforschung dazu hat Ardeschir Ghofrani 2004 den Paul-Martini-Preis erhalten.

2009: Zukunftspreis für ein Medikament zur Thrombose- und Schlaganfall-Vorbeugung

Auch im Jahr 2009 wurde der Deutsche Zukunftspreis für eine Arzneimittelentwicklung verliehen: Frank Misselwitz, Dagmar Kubitza und Elisabeth Perzborn (Bayer Pharma) erhielten ihn für die Entwicklung eines neuen Gerinnungshemmers, der unter anderem zur Schlaganfallprophylaxe eingesetzt wird. Den Wirkstoff dafür, Rivaroxaban, hatten sie in Wuppertal erfunden.

Prix Galien

Mehrfach erhielten Medikamente aus deutschen Labors auch den nationalen Prix Galien de la recherche pharmaceutique als „best pharmaceutical agents“, eine der höchsten Auszeichnungen für neue Medikamente aus aller Welt. Dazu gehörte das Gerinnungshemmer-Antidot Idarucizumab (2017 in Italien) von Boehringer Ingelheim, erfunden in Biberach. Für das Leukämiemedikament Blinatumomab von Amgen, erfunden in München, gab es den Preis 2016 in Polen und Russland. Das wiederum in Biberach erfundene Diabetes-Medikament Empagliflozin von Boehringer Ingelheim erhielt den Preis 2016 in Polen. Pertuzumab gegen Brustkrebs, erfunden von Penzberger Forschern von Roche, erhielt den Preis 2013 in Deutschland und 2015 in Polen. Der von Trion Pharma, München, entwickelte trifunktionale Antikörper Catumaxomab gegen bestimmte Krebserkrankungen im Bauchraum wurde damit 2010 in Deutschland und 2012 in den Niederlanden ausgezeichnet. Und ein Medikament gegen rheumatische Erkrankungen mit dem Antikörper-Wirkstoff Adalimumab erhielt ihn 2007 in den USA. Zu seiner Erfindung hatten Ludwigshafener Forscher der Firma Knoll (später Abbott, heute AbbVie) um Dr. Achim Müller maßgeblich beigetragen.

Arzneimittelinnovationen aus Deutschland

Noch etliche Medikamente mehr als die prämierten lassen sich auf die Arbeit in deutschen Industrielabors zurückführen. Bei einigen stammt von diesen der Wirkstoff, in anderen Fällen wurde die spezielle Darreichungsform hier entwickelt (beispielsweise ein transdermales Pflaster gegen Parkinson). Die Labors gehören zu Unternehmen, deren Hauptsitz teils in Deutschland, teils im Ausland liegt.

Die folgende Grafik zeigt Beispiele für solche Medikamente:

Die Grafik zeigt Medikamente, die ab 2008 auf den Markt gebracht wurden.

Ein pdf der Grafik lässt sich hier herunterladen.

Zukunftsaussichten

Mittelfristig dürften aus Deutschland weitere Medikamente vor allem gegen Krebs, Diabetes, Entzündungs- und Herz-Kreislauf-Krankheiten kommen. Aber auch Antibiotika sowie Mittel gegen Demenz und verschiedene Frauenkrankheiten werden hierzulande entwickelt.