EU-zugelassene therapeutische Medikamente auf Basis von RNA oder DNA
Die Nukleinsäuren RNA und DNA kommen nicht nur (natürlicherweise) in Zellen vor. Sie können auch Wirkstoffe von Medikamenten sein. Besonders bekannt sind Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten, die einen Typ von RNA – nämlich messenger-RNA (mRNA) – enthalten. Doch auch einige Medikamente zu therapeutischen Zwecken enthalten RNA-Moleküle; und weitere sind in Entwicklung. Ebenso werden Medikamente entwickelt, die als Wirkstoff DNA enthalten.
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Wie natürliche Nukleinsäuren bestehen die RNA- und DNA-Wirkstoffe aus einer genau festgelegten Abfolge (Sequenz) von Bausteinen, die Nukleotide genannt werden (bis 100 Bausteine große RNA- und DNA-Wirkstoffe heißen daher auch Oligonukleotide). Allerdings ist die Molekülstruktur dieser Nukleotide in einigen Punkten gegenüber der biologischen modifiziert. Das dient insbesondere dazu, sie vor allzu schnellem Abbau im Körper zu schützen.
Übersichtsartikel
Eine ausführlichere Einführung in die RNA- und DNA-basierten Medikamente bietet ein Artikel in der Pharmazeutischen Zeitung Online vom 20.10.2022
Derzeit (Stand 13.06.2024) sind in der EU 9 therapeutische Medikamente auf RNA-Basis zugelassen (von den DNA-basierten ist noch keines zugelassen). Die unten stehende Tabelle führt sie auf.
Unterschiedliche Typen
Bislang gehören die Wirkstoffe aller zugelassenen Medikamente zu einem von zwei Typen:
- Antisense-Oligonukleotide sind einzelsträngige, kurzkettige Nukleinsäuren,
- siRNA sind kurze, einzel- oder doppelsträngige RNA-Moleküle (si steht für "small interfering").
Beide sind imstande, die Verwendung (Expression) eines bestimmten Gens für die Proteinbildung zeitweilig zu unterdrücken.
Weitere Typen von Medikamenten könnten in den kommenden Jahren dazustoßen; beispielsweise therapeutische mRNA-Impfstoffe für die Krebstherapie oder Protein-bindende RNA- und DNA-Medikamente (sogenannte Aptamere) für unterschiedliche Zwecke. Sie werden hier ergänzt, sobald sie in der Europäische Union eine Zulassung erhalten haben.
Tabellarische Übersicht über alle in der EU zugelassenen therapeutischen Medikamente auf Basis von RNA (1)
Wirkstoff | Medikament (Produktname) | Unternehmen | Anwendungsgebiet | Zulassungsdatum | Typ | Charakterisierung (2) |
Givosiran | Givlaari | Alnylam | Porphyrie, akute hepatische | 02.03.2020 | siRNA | doppelsträngiges, chemisch synthetisiertes und modifiziertes Oligonukleotid |
Inclisiran | Leqvio | Novartis | Hypercholesterolämie und Dyslipidämien | 09.12.2020 | siRNA | doppelsträngige, chemisch synthetisiertes und modifiziertes Oligonukleotid |
Inotersen | Tegsedi | Akcea | Polyneuropathie bei Transthyretin-Amyloidose | 06.07.2018 | Antisense-Oligonukleotid | einzelsträngiges synthetisches Antisense-Oligonukleotid mit Phosphorthioat-Rückgrat |
Lumasiran | Oxlumo | Alnylam | Primäre Hyperoxalurie Typ 1 | 19.11.2020 | siRNA | doppelsträngiges, chemisch synthetisiertes Oligonukleotid |
Nusinersen | Spinraza | Biogen | 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie | 30.05.2017 | Antisense-Oligonukleotid | einzelsträngiges, modifiziertes Antisense-Oligonukleotid mit Phosphorthioat-Rückgrat |
Patisiran | Onpattro | Alnylam | Transthyretin-Amyloidose, hereditär | 27.08.2018 | siRNA | doppelsträngiges, chemisch synthetisiertes und modifiziertes Oligonukleotid |
Tofersen | Qalsody | Biogen | Amyothrophe Lateralsklerose mit SOD1-Mutation | 29.05.2024 | Antisense-Oligonukleotid | einzelsträngiges Antisense-Oligonukleotid mit gemischtem Phosphorthioat-/Phosphat-Rückgrat |
Volanesorsen | Waylivra | Akcea | Familiäres Chylomikronämie-Syndrom | 03.05.2019 | Antisense-Oligonukleotid | einzelsträngiges synthetisches Antisense-Oligonukleotid mit Phosphorthioat-Rückgrat |
Vutrisiran | Amvuttra | Alnylam | Transthyretin-Amyloidose, hereditäre | 15.09.2022 | siRNA | doppelsträngiges, chemisch synthetisiertes Oligonukleotid |
(1) DNA-basierte Medikamente sind noch keine zugelassen
(2) laut European Public Assessment Report (EPAR) der EMA zum betreffenden Medikament