Product Development Partnerships für mehr neue Antibiotika
Seit Jahren besteht Einigkeit darüber, dass der Bedarf an neuen Antibiotika groß ist, weil sich die Resistenzsituation weiter verschärfen dürfte. Das hat zu mehreren Programmen geführt, die trotz wichtiger Beiträge das Problem noch nicht überwinden konnten.
Gesucht werden insbesondere neuartige Mittel gegen gramnegative Bakterien sowie gegen von je her schwer therapierbare Infektionen wie Pseudomonas-Befall der Lunge, Buruli-Ulcus und Infektionen in abgestorbenem Gewebe. Allerdings hat es sich als schwierig erwiesen, noch Antibiotika-Klassen mit neuem Wirkprinzip zu erfinden. Und die Ertragsmöglichkeiten mit solchen Präparaten sind meist gering, weil sie als Reserve-Antibiotika möglichst selten zum Einsatz gelangen sollen. Deshalb ist absehbar, dass sich solche neuen Antibiotika nicht allein über ihren Ertrag refinanzieren können; forschende Firmen sind daher auf eine Verbesserung der Marktbedingungen angewiesen, oder auf Partner, die die ökonomischen Risiken und Lasten mit ihnen schultern.
New Drugs for Bad Bugs
Der "Action Plan on Antimicrobial Resistance" der EU-Kommission von 2011 (auf den 2017 der "Action Plan against Antimicrobial Resistance" folgte, s.u.) bot hier erste Lösungswege, zu denen das Forschungsprogramm NewDrugs4BadBugs (ND4BB) im Rahmen der Product Development Partnership (PDP) Innovative Medicines Initiative (IMI) gehört. Im Rahmen dieses 2012 begonnenen Programms konnten akademische Forschungsgruppen und Firmen gemeinsam 223,7 Millionen Euro dafür aufwenden. Etliche Pharma-Unternehmen wirkten daran mit. IMI ist eine Public-Private Partnership der Europäischen Kommission und der forschenden Pharmaindustrie in Europa.
ND4BB fokussierte zunächst u. a. auf eine Weiterentwicklung des Designs klinischer Antibiotika-Studien und organisiert einen umfassenden Informationsaustausch (insbesondere über gescheiterte Projekte) unter den beteiligten akademischen und industriellen Partnern, um die Chancen für die Neuentwicklung von Antibiotika zu erhöhen. Dabei lag ein besonderer Schwerpunkt auf der Erfindung neuer Mittel speziell gegen gramnegative Bakterien.
GARDP
Eine andere Kooperation hat die Weltgesundheitsorganisation WHO 2016 gemeinsam mit der Drugs for Neglected Diseases Initiative (DNDi) auf den Weg gebracht: GARDP, die Global Antibiotic Research & Development Partnership; zu Deutsch die „Globale Partnerschaft für Antibiotika-Forschung und -Entwicklung“. DNDi ist eine Organisation, die Product Development Partnerships zur Entwicklung neuer Medikamente gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten eingeht – mit Unternehmen und akademischen Forschungseinrichtungen. Ähnlich wie DNDi arbeitet auch die neue Organisation: Sie konzentriert sich auf solche Projekte, die von Unternehmen wegen fehlender Wirtschaftlichkeit nicht im Alleingang angepackt oder zu Ende geführt werden. Mitwirkende Unternehmen müssen sich verpflichten, daraus hervorgehende Antibiotika Schwellen- und Entwicklungsländern später zu Sonderkonditionen zu liefern; denn die Bedürfnisse solcher Länder sollen in der neuen Organisation wie bisher bereits bei DNDi Priorität haben. Die Bundesregierung hat an der Entwicklung der Organisation mitgewirkt und beteiligt sich auch an der Finanzierung.
CARB-X
2016 wurde mit CARB-X (Combating Antibiotic Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator) noch eine weiteres Public-Private Partnership-Programm ins Leben gerufen. Beteiligt sind das U.S. Department of Health and Human Services (HHS), der Wellcome Trust of London, das AMR Centre of Alderley Park (Cheshire, United Kingdom), die Boston University School of Law und seit Mai 2018 auch die britische Regierung und die Bill-and-Melinda-Gates-Foundation. CARB-X soll weltweit Projekte zur Entwicklung neuer Antibiotika und anderer antibakterieller Medikamente sowie von Impfstoffen und Diagnostika zur Vermeidung bzw. Erkennung bakterieller Infektionen fördern – genauer: die frühen Phasen solcher Projekte von der Wirkstofferfindung bis zur Erprobung mit Gesunden in Phase I. Anfangs konzentriert sich CARB-X dabei auf gramnegative Bakterien.
Zwischenfazit
Trotz der wichtigen Beiträge dieser Product Development Partnership-Programme konnte das Problem ausgedünnter Antibiotika-Pipelines bislang nicht überwunden werden. Deshalb werden weitere Initiativen dringend gebraucht.