Arzneimittel-Atlas 2011:
Gestaltungsraum für modernes Arzneimittelsystem
Berlin (vfa). Die vorhergesagten Milliardendefizite bei den Krankenkassen sind ausgeblieben und haben sich binnen Kurzem in Milliardenüberschüsse verwandelt. In anderthalb Jahren wurden aus prognostizierten Defiziten der Kassen von rund 3,2 Milliarden Euro Überschüsse von aktuell rund 3,5 Milliarden Euro. Der Arzneimittelsektor hat hieran einen überproportionalen Anteil: 2010 gewährten Arzneimittelhersteller gut 1 Milliarde Euro mehr Rabatt als im Vorjahr, wobei allein der neu eingeführte Zwangsrabatt mit 660 Millionen Euro zu Buche schlug.
Das zeigt der Arzneimittel-Atlas 2011, dessen Manuskript heute in Berlin vorgestellt wurde. Die jährliche Analyse des Arzneimittelverbrauchs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das Vorjahr erscheint im Oktober. Der Arzneimittel-Atlas wird im Auftrag der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) vom IGES Institut in Berlin erstellt.
Für das Autorenteam erklärt Prof. Bertram Häussler: "Wie in den Vorjahren war die Entwicklung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen gekennzeichnet von einem Ausgleich zwischen Einsparungen - insbesondere durch auslaufende Patente - und Mehrausgaben für Innovationen. Dämpfend wirkten sich außerdem der seit Jahren rückläufige Mehrverbrauch an Arzneimitteln aus sowie die starken Einsparungen durch die seit August 2010 zusätzlich erhobenen Arzneimittelrabatte. Dies alles hat zu einem Stillstand der Ausgabenentwicklung bei den Arzneimitteln beigetragen und die Ausgaben der Krankenkassen stabilisiert."
Für den Auftraggeber erklärt die vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer: "Besondere Situationen mögen vielleicht besondere Maßnahmen wie einen Zwangsrabatt erfordert haben. Aber ein Zwangsrabatt lässt sich nicht unter allen Umständen rechtfertigen und aufrechterhalten: Ein Zwangsrabatt kann nur in einer Notsituation einmalig helfen! Politik und Öffentlichkeit geht es um Finanzierbarkeit. Auch wir möchten, dass wirksame und neue Arzneimittel finanzierbar bleiben und den Patienten in der Versorgung zur Verfügung stehen. Darum brauchen wir eine Balance zwischen notwendigen Investitionen für die Erforschung neuer Arzneimittel und den Therapiekosten für Patienten."
"Frühe Nutzenbewertung und Preisverhandlungen können gute Steuerungsinstrumente zum Ausgleich von Versorgungsqualität und Höhe des Preises sein! Erste Erfahrungen forschender Pharma-Unternehmen mit der frühen Nutzenbewertung geben jedoch Anlass zur Sorge, ob diese Balance auch gelingt. Niemand will die Versorgungsqualität der Patienten in Deutschland verschlechtern. Damit die neue Kosten-Nutzen-Bewertung aber ohne Fehler entwickelt wird, ist eine politische Begleitung und Moderation dieses Prozesses notwendig. Auch bei den Verhandlungen zur Rahmenvereinbarung über künftige Preisverhandlungen zwischen den Spitzenverbänden der Pharmaindustrie und dem GKV-Spitzenverband sind bekanntlich Fragen offen. Den Stand der Verhandlungen will ich ausdrücklich nicht kommentieren, schlicht weil das so zwischen Verhandlungspartnern vereinbart ist. Aber sowohl für die frühe Nutzenbewertung wie für die Verhandlungen zur Rahmenvereinbarung gilt, dass das Ringen um Bewertungs- und Vergleichskriterien jedenfalls nicht dazu führen darf, dass Innovationen künftig blockiert werden und der heute hohe Standard der Versorgungsqualität in Deutschland gefährdet wird. Dann hätten wir ein Gesundheitssystem, das vielleicht unter Kostenkontrolle ist, das aber Patienten nicht so hilft, wie es möglich wäre. Deshalb arbeiten wir gerade jetzt, wo sich in der Praxis Probleme zeigen, konstruktiv an einem neuen System mit, das Finanzierbarkeit und Versorgungsqualität ins rechte Verhältnis setzt," so Fischer weiter.
Die digitale Pressemappe finden Sie unter: https://www.vfa.de/pk20110908
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 44 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 85.000 Mitarbeiter. Mehr als 17.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung. Die Pressekonferenzen des vfa - auch im Internet. Mehr dazu unter:https://www.vfa.de/onlinepk