RNA-Land Deutschland
- Deutschland hat umfassende Kompetenz für das Innovationsfeld „RNA-Medikamente“ aufgebaut.
- Mehr als 60 Unternehmen und Forschungseinrichtungen involviert.
- Beleg für das Potenzial der Schlüsselindustrie Pharma
Der erste RNA-basierte Impfstoff der Welt war für Deutschland erst der Anfang. Denn hierzulande ist umfassende Kompetenz für RNA-basierte Medikamente unterschiedlichster Art versammelt: für die produkt-bezogene Forschung, Entwicklung und Herstellung ebenso wie für die Weiterentwicklung und Automatisierung von Basistechnologien und die Zulieferungen von Spezialchemikalien. Und da gerade mehrere Unternehmen ihre Produktionskapazitäten wesentlich erweitern, wird bald auch eine rasche Skalierbarkeit vom Labor- zum Versorgungsmaßstab ermöglicht. An alledem sind Unternehmen und Forschungseinrichtungen gleichermaßen beteiligt. Das macht eine neue Standortkarte des vfa unter www.vfa.de/rna-land deutlich, die bereits 61 Unternehmen und Forschungseinrichtungen an 65 Standorten in Deutschland zeigt.
Dazu sagt Han Steutel, der Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa): „Die Pharmabranche ist eine Schlüsselindustrie für die Zukunft Deutschlands; und RNA ist eins der Kompetenzfelder, in denen sie hierzulande zur Weltspitze zählt. Allein steht Deutschland damit allerdings nicht. Wichtige Wettbewerber sind beispielsweise die USA, China, Belgien, Indien und die Schweiz. Deutschland hat also mittelfristig nur Chancen auf neue RNA-basierte Exportprodukte, wenn es jetzt am Ball bleibt“, so Steutel. „Deshalb sollte die Politik die schon laufende Förderung von Einzelprojekten beispielsweise noch um eine Wiederherstellung Deutschlands als Standort für Medikamenten-Studien ergänzen und für raschere Genehmigungen bei Bauanträgen für Produktionsstätten sorgen.“
RNA-Medikamente
Natürliche RNA-Moleküle findet man in jeder Zelle. Stets stellen sie Ketten dar, die im kürzesten Fall aus um die 20, im längsten Fall aus mehr als 10.000 Molekülabschnitten (den sogenannten Nukleotiden) bestehen. Sie erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Am bekanntesten sind die messenger-RNAs (mRNAs), die für die Bildung bestimmter Proteine sorgen. MicroRNAs wiederum greifen in die Genregulation der Zellen ein. Weitere Arten von RNA wirken an der Proteinbildung in den Zellen mit oder erfüllen noch andere Zwecke. Die Abkürzung RNA steht für „ribonucleic acid“.
RNA-basierte Medikamente enthalten künstlich hergestellte RNAs. Diese weichen üblicherweise in ihrem Molekülaufbau leicht von natürlichen RNAs ab, damit sie im Körper nicht so schnell abgebaut werden oder bestimmte Abwehrreaktionen auslösen. Häufig ist die RNA bei den Medikamenten in winzigen Bläschen „verpackt“, sogenannten Lipidnanopartikeln, die ihnen nach einer Injektion Schutz bieten und helfen, in Zellen hineinzugelangen.
Es gibt mehrere Typen von RNA-basierten Medikamenten. Die gängigsten sind die folgenden.
mRNA-Medikamente (dazu zählen Impfstoffe ebenso wie therapeutische Medikamente) bringen Zellen dazu, ein ihnen bis dato unbekanntes Protein herstellen. Im Fall der mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 handelt es sich um das Spike-Protein des Erregers SARS-CoV-2.
- Zugelassene Anwendung: Schutzimpfungen gegen Covid-19
- Anwendungen in Entwicklung: Schutzimpfungen gegen andere Erreger (z.B. Grippeviren, RSV), Krebsimmuntherapien, Therapien bei Gendefekten, Erzeugung pluripotenter Stammzellen als Verfahrensschritt für Zelltherapien u.a.
Antisense- und siRNA-Medikamente enthalten kürzere RNA-Stücke (sogenannte RNA-Oligonukleotide), die das Gegenteil bewirken: Sie unterbinden die Bildung eines bestimmten Proteins in den Zellen, in die sie gelangen, oder fangen bestimmte MicroRNAs ab. Dabei unterscheiden sich Antisense-RNA und siRNA (small interfering RNA) etwas im Aufbau und in der Wirkungsweise.
- Zugelassene Anwendung: Therapie von Stoffwechsel- und neurologischen Krankheiten
- Anwendungen in Entwicklung: Therapie von Herz- und Viruserkrankungen u.a.
RNA-Aptamer-Medikamente enthalten geknäuelte RNA-Ketten. Dank geeigneter räumlicher Struktur binden sie an bestimmte Proteine und stoppen sie so in ihrer Aktivität. Eine besondere Art Aptamere – die Spiegelmere – bestehen aus einer künstlichen RNA, in der alle Atome gegenüber natürlicher RNA in einer spiegelbildlichen Position liegen.
- Zugelassene Anwendung: derzeit keine (ein früher zugelassenes Medikament wird nicht mehr vermarktet)
- Anwendungen in Entwicklung: Dämpfung von Entzündungsreaktionen, wirksamere Behandlung solider Tumore u.a.
Für Medikamente mit allen RNA-Typen finden sich in Deutschland Unternehmen und Institute mit Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Auch an optimierten Nanopartikeln und alternativen Technologien zum zuverlässigen Einbringen der RNA-Moleküle in ihre Zielzellen wird in mehreren Firmen und Instituten gearbeitet.
Standortkarte zu RNA-Medikamenten in Deutschland
Die neue interaktive Deutschlandkarte unter www.vfa.de/rna-land bietet Informationen zu den Aktivitäten von Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf dem Feld der RNA-basierten Medikamente. Auch Zulieferer von Spezialchemikalien sind eingetragen. Die Karte wird laufend aktualisiert und ergänzt.
Weitere Informationen:
- vfa-Podcast #MicroScope zum RNA-Standort Deutschland: www.vfa.de/mrna-medikamente-potenzial-fuer-den-standort-deutschland#podcast
- Verzeichnis aller zugelassenen RNA-basierten Therapeutika: www.vfa.de/rna-dna-therapeutika
- mRNA-Impfstoffe für Schutzimpfungen weltweit, zugelassen oder in Entwicklung: www.vfa.de/mrna-schutzimpfungen
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 47 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland ca. 94.000 Mitarbeiter:innen. Rund 21.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
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