Drucken
öffnen / schließen
Wenn Sie diese Felder durch einen Klick aktivieren, werden Informationen an Facebook, Twitter oder Google in die USA übertragen und unter Umständen auch dort gespeichert. Näheres erfahren Sie hier: https://www.heise.de/ct/artikel/2-Klicks-fuer-mehr-Datenschutz-1333879.html

Gutachten: Sozialer Ausgleich in Prämienmodell kostenneutral finanzierbar

Professor Volker Ulrich: "Umstellung der Krankenversicherung auf Prämien kostet den Steuerzahler nichts."Ein Gutachten des Bayreuther Finanzwissenschaftlers Professor Volker Ulrich entkräftet verbreitete Einwände gegen einen wettbewerblichen Systemwechsel in der Krankenversicherung: Es zeigt, dass die Umstellung auf ein solidarisch flankiertes Prämienmodell für den Staat kostenneutral möglich wäre und mithin den Steuerzahler nicht zusätzlich belasten würde. Der Finanzierungsbedarf, der durch eine vollständige Auslagerung des sozialen Ausgleichs aus dem Krankenversicherungs- in das Steuer-Transfer-System entsteht, kann im Wesentlichen durch zwei Maßnahmen gedeckt werden: Die Auszahlung des Arbeitgeberbeitrags an den Versicherten, der dann der Besteuerung unterläge, brächte ein geschätztes Steuermehraufkommen von 16 bis 17 Milliarden Euro und der Abbau heutiger Subventionszahlungen anderer Sozialversicherungsträger an die GKV nochmal ein Einsparvolumen von circa 20 Milliarden Euro.

Das "GKV-Modernisierungsgesetz" (GMG), auf das sich Regierung und Opposition im Sommer 2003 verständigt haben, erfüllt die Erwartungen nicht. Schon wenige Wochen nach Inkrafttreten ist klar: Das Gesetz bringt nicht die erhoffte Ruhe an der Beitragssatzfront. Die Krankenkassen müssen zunächst ihre Schulden abbauen. "Patientenfreundliche" Auslegungsbestimmungen, wie die kürzlich beschlossene Chroniker-Richtlinie, sind teuer erkauft. Sie engen den Spielraum der Krankenkassen für Beitragssatzsenkungen zusätzlich ein und sind letztlich alles andere als patientenfreundlich. Die massiven Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) können nicht nachhaltig entschärft und die Lohnnebenkosten nicht signifikant gesenkt werden.

Zudem wurde der Einstieg in eine zukunftsweisende strukturelle Veränderung des Gesundheitssystems verpasst. Die Versicherten werden durch erhöhte Zuzahlungen und Leistungskürzungen deutlich belastet, ohne dass ihnen im Gegenzug bessere Qualität und erweiterte Wahlrechte geboten werden. Das Gesetz bringt ihnen also keine spürbaren Vorteile. Gleichzeitig sieht das GMG im Vertragsbereich neue Reglementierungen vor und unterbindet auf diese Weise den Wettbewerb um die beste Versorgungsqualität. Die strukturellen Qualitäts- und Effizienzprobleme des Systems bleiben damit weiter ungelöst. Die Forderung nach einer echten Reform statt Fortsetzung von Kostendämpfungspolitik wird die Politik schon bald wieder einholen.

Der VFA hat bereits im Sommer 2002 ein Reformkonzept für eine echte Modernisierung des Gesundheitssystems vorgelegt, gestützt auf ein Gutachten der Schweizer Gesundheitsökonomen Professor Zweifel und Dr. Breuer ("Züricher Modell"). Danach soll der Krankenversicherungsbeitrag zukünftig den Charakter einer individuellen Prämie bekommen, während der notwendige soziale Ausgleich durch gezielte steuerliche Transfers an Versicherte mit geringem Haushaltseinkommen realisiert wird. Eine solche Neubestimmung der Finanzierungsregeln würde eine umfassende Öffnung des Gesundheitssystems für Selbstbestimmung und Wettbewerb ermöglichen.

Professor Volker Ulrich, Finanzwissenschaftler an der Universität Bayreuth, hat sich in einem Kurzgutachten für den VFA noch einmal speziell mit der Gestaltung des sozialen Ausgleichs im Rahmen des Steuersystems auseinandergesetzt. Seine Expertise zeigt,

  • dass die Umstellung auf ein solidarisch flankiertes Prämienmodell, wie vom VFA vorgeschlagen, für den Staat kostenneutral möglich wäre und mithin den Steuerzahler nicht zusätzlich belasten würde,
    • dass der vorgesehene soziale Ausgleich durch Nutzung schon vorhandener Institutionen vollzogen und für die Versicherten insgesamt praktikabel gestaltet werden kann.
    Professor Ulrich belegt, dass der Finanzierungsbedarf, der durch eine vollständige Auslagerung des sozialen Ausgleichs aus dem Krankenversicherungs- in das Steuer-Transfer-System entsteht, im Wesentlichen durch zwei Maßnahmen gedeckt werden kann: die Auszahlung des Arbeitgeberbeitrags an den Versicherten, der dann der Besteuerung unterliegt (geschätztes Steuermehraufkommen von 16 bis 17 Milliarden Euro), und den Abbau der heutigen Quersubventionierung der GKV durch andere Sozialversicherungsträger (Einsparvolumen von circa 20 Milliarden Euro). Bei einem Systemwechsel in der Krankenversicherung ist der Rückgriff auf diese beiden Instrumente konsequent: Die heute im GKV-System für den sozialen Ausgleich zur Verfügung stehenden Mittel werden quasi in das Steuersystem übertragen und dort zur Gegenfinanzierung des neu organisierten sozialen Ausgleichs verwendet. Für den Steuerzahler muss der Systemwechsel deshalb keine Mehrbelastungen nach sich ziehen. Darüber hinaus schlägt Professor Ulrich vor, zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten, wie einen Subventionsabbau und wachstumsinduzierte Steuermehreinnahmen, zu nutzen, um den wettbewerblichen Systemwechsel in der Krankenversicherung langfristig auf stabile Grundlagen zu stellen.

    Des Weiteren zeigt das Kurzgutachten, dass für den steuerfinanzierten sozialen Ausgleich kein neuer bürokratischer Apparat aufgebaut werden muss. Vielmehr können schon vorhandene Institutionen (Finanzämter, Sozialämter, Rentenversicherungsträger) genutzt werden, um die Prämienzuschüsse zu gewähren. Für den Großteil der Bevölkerung könnte der soziale Ausgleich außerdem direkt ermittelt und ausgezahlt werden, ohne aufwendiges Antragsverfahren. Geringverdiener würden also durch den Systemwechsel nicht, wie oft behauptet, zu Bittstellern degradiert, sondern unbürokratisch unterstützt. Ihre Ansprüche sollten ferner in einem Leistungsgesetz langfristig verbindlich festgelegt werden.

    Zusammengefasst: Das Ulrich-Gutachten entkräftet verbreitete Einwände gegen einen wettbewerblichen Systemwechsel in der Krankenversicherung. Es widerlegt das Argument, eine echte Gesundheitsreform sei unter den gegebenen Budgetrestriktionen nicht zu finanzieren, genauso wie die Bedenken, eine Übertragung des sozialen Ausgleichs von der GKV auf den Staat sei "unsozial" und damit politisch letztlich nicht zu verantworten. Der VFA fordert die Politik auf, sich endlich der Herausforderung der Modernisierung des Gesundheitssystems zu stellen und vorliegende wettbewerbliche Reformvorschläge, wie das VFA-Reformkonzept, konsequent umzusetzen.

    Download des Gutachtens "Ausgestaltung und Finanzierung des sozialen Ausgleichs im Rahmen des Steuersystems - Baustein für einen wettbewerblichen Systemwechsel in der Krankenversicherung", (PDF, 372 KB)