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Neue Medikamente gegen Tuberkulose

Tuberkulose (TB) ist weltweit ein großes Problem – oft als Co-Infektion bei AIDS-Kranken. Nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern, auch beispielsweise in einigen östlichen EU-Staaten sind viele Menschen von Tuberkulose betroffen. Und auch in Deutschland gibt es Betroffene. Zwar sind laut WHO die Fallzahlen in den letzten Jahren insgesamt gesunken, aber noch immer sterben jährlich mehr als 1,5 Millionen Menschen an TB, und vielfach resistente Stämme der TB-Bakterien breiten sich aus. Doch von Forschungsorganisationen und forschenden Pharma-Unternehmen kommen neue Medikamente gegen die Krankheit.

Ein asiatischer Junge trägt Mundschutz und schaut aus dem Fenster eines HochhausesVerursacht wird TB durch Mycobacterien, die die Lunge und manchmal auch andere Organe befallen. Unbehandelt ist Tuberkulose meist tödlich. Laut WHO trägt rund ein Viertel der Weltbevölkerung TB-Bakterien mit sich; die Krankheit bricht jedoch erst aus, wenn das Immunsystem eines Infizierten – etwa durch HIV oder Mangelernährung – geschwächt ist.

Tuberkulose ist heilbar, jedoch nur mit einer langwierigen Arzneimittelkombinationstherapie. Schon wenn die TB-Bakterien suszeptibel sind – also keine Resistenzen gegen Antibiotika aufweisen – müssen ohne Unterbrechung drei Medikamente über sechs Monate angewendet werden. Noch schwieriger ist die Behandlung vielfach resistenter TB-Stämme (multi drug resistant TB, MDR-TB, und extensively drug resistant TB, XDR-TB). Dann müssen Medikamente zum Einsatz kommen, die – insbesondere hinsichtlich ihrer Verträglichkeit – nicht erste Wahl sind; und die Therapie dauert weit über ein Jahr. Viele Patienten halten diese Therapie nicht durch. Ein weiterer – leider nicht seltener – Sonderfall für die Therapie ist gegeben, wenn die Patienten sowohl gegen HIV als auch gegen TB behandelt werden müssen, ohne dass sich die dafür jeweils eingesetzten Medikamente gegenseitig stören. Als viertes müssen auch Kinder in altersgerechter Weise behandelt werden.

Für alle diese vier Therapiesituationen werden dringend Therapien gebraucht, mit denen sich die Krankheit schneller und nebenwirkungsärmer als bisher ausheilen lässt. Und dafür ist es nicht nur erforderlich, die vorhandenen Mittel noch geschickter zu kombinieren, dafür werden auch noch neue Medikamente gebraucht.

Neuerungen der letzten Jahre

Seit der Jahrhundertwende haben forschende Pharma-Unternehmen und akademische Forschungseinrichtungen ihre Forschung auf diesem Gebiet wieder ausgeweitet. 2014 wurden dann erstmals seit 1995 wieder neue TB-Medikamente zugelassen (Wirkstoffe: Bedaquilin und Delamanid) und im Markt eingeführt. Zudem kam auch eine neue Darreichungsform für einen älteren Wirkstoff (magensaftresistentes Granulat mit Para-Aminosalicylsäure) heraus. Alle drei Medikamente können in Kombination mit weiteren Mitteln gegen vielfach resistente TB-Bakterien eingesetzt werden. Bedaquilin und Delamanid werden in unterschiedlichen Kombinationen mit anderen Mitteln weiter erprobt; diese Studien haben die Hersteller und verschiedene Organisationen (darunter die TB Alliance und Médecins Sans Frontières) initiiert.
Im August 2019 wurde ein weiteres neues Medikamente zugelassen (Wirkstoff: Pretomanid); für die Anwendung im Rahmen einer Kombinationstherapie gegen multiresistente Tuberkulose, die nur sechs Monate lang dauert. In der EU ist die Zulassung dieses Medikaments ebenfalls beantragt.

Neue Medikamente gegen Tuberkulose

Oben stehende Tabelle "Projekte als Tuberkulose-Medikamente" als PDF herunterladen.



Im Bereich der Wirkstofferfindung arbeitet die TB Alliance außerdem mit den Unternehmen GSK, Sanofi, Chugai, HyphaGenesis, Daiichi Sankyo, Novare, Schrodinger, Roche, Takeda, AbbVie, Eli Lilly und OP-BIO zusammen.

Die zugelassenen und die kommenden TB-Medikamente wirken auf unterschiedliche Weise. Beispielsweise hemmen Rifampicin und Rifabutin die RNA-Bildung der Bakterien, Bedaquilin blockiert ihre Energiegewinnung, Streptomycin und Sutezolid hemmen die Proteinbildung (siehe nachfolgende Grafik). Einige andere Wirkstoffe blockieren die Prozesse der Zellwandbildung.

Download des Schaubilds "Wirkprinzipien von Tuberkulose-Medikamenten" als pdf


Neue Medikamente: meist aus Kooperationsprojekten

Viele Unternehmen arbeiten bei ihrer Tuberkulose-Forschung mit der Organisation TB Alliance (www.tballiance.org) zusammen, die als Public-Private Partnership verschiedene Stiftungen sowie staatliche und nicht-staatliche Organisationen mit Forschungsgruppen und Unternehmen zusammenbringt und nach strengen Regeln Fördermittel für die Medikamentenentwicklung bereit stellt. Von den vfa-Unternehmen sind es Daiichi Sankyo, Eli Lilly, GSK, Janssen, Roche, Sanofi und Takeda. Einige neue Medikamente gegen Tuberkulose werden aber auch von Unternehmen ohne Partner oder mit anderen Partnern entwickelt, beispielsweise kooperiert Bayer bei der Wirkstoffoptimierung mit den Universitäten von Dundee und Capetown. Umgekehrt entwickelt die TB Alliance auch einige Medikamente im Alleingang.

Zudem haben 2012 sieben Pharmafirmen, vier akademische Forschungseinrichtungen und die Bill and Melinda Gates Foundation die Gründung der Product Development Partnership TB Drug Accelerator (TBDA) bekannt gegeben. Die beteiligten Partner wollen ihre bisherigen Erfahrungen mit dem TB-Erreger und ihre Ressourcen zur Wirkstofferfindung bündeln, so dass neue Medikamente gegen Tuberkulose schneller entwickelt werden können. Von Industrieseite sind die Unternehmen AstraZeneca, AbbVie, Eli Lilly, Bayer, GlaxoSmithKline, Sanofi und MSD beteiligt. Erklärtes Ziel ist die Entwicklung neuer Wirkstoff-Kandidaten, mit denen sich die TB-Therapie weiter verkürzen lässt, möglichst auf nur vier Wochen. Aussichtsreiche Kandidaten sollen dann ohne Ansprüche auf Marktexklusivität von jeder interessierten Einrichtung zu Medikamenten entwickelt und vertrieben werden können.

Nachhaltiger Einsatz der neuen Medikamente

Auch die neuen TB-Medikamente sind von der Möglichkeit bedroht, dass sich gegen sie bald Resistenzen entwickeln und verbreiten. Deshalb ist es wichtig, dass sie in allen Ländern – ob reich, ob arm – so eingesetzt werden, dass es bis dahin möglichst lange dauert. Das bedeutet insbesondere, dass sie richtig dosiert werden müssen und die Behandlung nicht unterbrochen oder vorzeitig abgebrochen werden darf.