Impfstoffe zum Schutz vor der Coronavirus-Infektion Covid-19
Auch wenn die Pandemie vorüber ist, erkranken weiter Menschen an Covid-19. Die WHO und andere Gesundheitsinstitutionen raten deshalb bestimmten Bevölkerungsgruppen zu Auffrischimpfungen. Zudem besteht die Hoffnung, dass Impfstoffe künftig nicht nur vor einem schweren Verlauf, sondern sogar vor Ansteckung schützen können, und das idealerweise sogar hinsichtlich verschiedener Corona-Viren. Deshalb arbeiten Unternehmen und Forschungsinstitute weiter an Corona-Impfstoffen.
Impfaktion in Deutschland
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In Deutschland wird wie in den meisten EU-Ländern ausschließlich mit Covid-19-Impfstoffen geimpft, die von der EU-Kommission nach Prüfung durch die Arzneimittelbehörde EMA eine Zulassung erhalten haben (siehe Abbildung weiter unten).
Nicht alle zugelassenen Impfstoffe sind allerdings auch in Deutschland im Einsatz bzw. noch im Einsatz; und mittlerweile haben schon vier Hersteller (Valneva, Sanofi Pasteur, AstraZeneca und Janssen) ihre EU-Zulassungen für Covid-19-Impfstoffe zurückgegeben.
Global sind auch noch andere Impfstoffe zugelassen und im Einsatz, für die keine EU-Zulassung beantragt wurde. Darunter sind beispielsweise mRNA-Impfstoffe aus China und den USA und ein DNA-Impfstoff aus Indien.
Zwischen Herbst 2023 und Sommer 2024 kamen in Deutschland in erster Linie an den Subtyp XBB.1.5 angepasste Versionen zugelassener Impfstoffe zum Einsatz. Für die Auffrisch-Impfungen ab Herbst 2024 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO am 26.04.2024 empfohlen, die Impfstoffe an die Virusvariante SARS-CoV-2 JN.1 anzupassen. Entsprechend angepasste Versionen der Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, Moderna und Novavax wurde bereits am 03.07.2024, 10.09.2024 und 08.10.2024 zugelassen. Zusätzlich wurde am 26.09.2024 auch ein an die Variante KP.2 angepasste Version des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer zugelassen. Das Genehmigungsverfahren für die an JN.1 adaptierte Impfstoffversion des Herstellers HIPRA läuft derzeit noch bei der EMA.
Die folgende Abbildung zeigt Projekte, die ausdrücklich auch auf eine EU-Zulassung hinarbeiten und bei denen mindestens schon die Erprobung mit Freiwilligen begonnen hat. Weitere solche Projekte befinden sich noch im Laborstadium oder in Stadium der Erprobung mit Tieren. Projekte, die nur der Anpassung an neue Virusvarianten dienen, sind hier nicht mit verzeichnet.
Gezeigt sind Unternehmen und Institute, deren Covid-19-Impfstoffe EU-zugelassen sind oder mit diesem Ziel entwickelt werden (kein Anspruch auf Vollständigkeit). α, β und BA.2 bezeichnen SARS-CoV-2-Varianten, an die die betreffenden Impfstoffe angepasst sind; w = Wildtyp des Virus. Influ. = soll auch vor Grippe schützen, RSV = soll auch vor RSV schützen. Die Impfstoffe enthalten D = DNA, I = inaktivierte Erreger, M = mRNA, Pe = Peptide, Pr = Protein, V = Vektor-Viren. Für den Impfstoff Sputnik V und den Sinovac-Impfstoff wurde ein Teil der Zulassungsunterlagen eingereicht, ein anderer noch nicht. Quellen: EMA, EU-Kommission, vfa-Recherche; Stand: 08.10.2024
Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen in Deutschland
In Deutschland wurden während der Pandemie zahlreiche Projekte für die Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen initiiert. Doch nur eins hat bislang einen zugelassenen Covid-19-Impfstoff hervorgebracht: das Projekt von BioNTech und Kooperationspartner Pfizer für einen mRNA-Impfstoff. Manche anderen Projekte wurden wieder eingestellt, aber einige werden auch fortgeführt oder wurden sogar neu begonnen - mit dem Ziel, noch besser oder breiter schützende Impfstoffe zu entwickeln. Hier eine Beispiele:
- CureVac (Tübingen) und GSK (UK): mRNA-Impfstoffe. Der fortgeschrittenste Kandidat befindet sich in Phase II.
- Speransa Therapeutics und Prime Vector Technologies (PVT) (Tübingen): Vektorvirus-Impfstoffe. Für den fortgeschrittensten Kandidat ist Phase I angegeben.
- Universität Tübingen: Peptid-Impfstoff CoVac-1 speziell für Patient:innen in Krebsbehandlung oder anders verursachter Immunschwäche. Projekt hat positive Ergebnisse in einer Phase II-Studie erbracht.
- Die Freie Universität Berlin (Deutschland), die Universitäten von Bern und Genf (Schweiz), das Friedrich-Loeffler-Institut, Greifswald-Insel Riems (Deutschland) sowie RocketVax (Schweiz): Impfstoff RVX-sCPD9 mit abgeschwächten (= attenuierten) SARS-CoV-2-Viren zur intranasalen Anwendung. Status: vorklinische Entwicklung, Phase I-Studie mit US-Unterstützung geplant
- Das Friedrich-Loeffler-Institut, Greifswald-Insel Riems (Deutschland), die Universität Bern (Schweiz) und RocketVax (Schweiz): Impfstoff OTS-228 mit abgeschwächten (= attenuierten) SARS-CoV-2-Viren zur intranasalen Anwendung. Status: vorklinische Entwicklung
- Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig: Vektor-Impfstoff auf Basis eines murinen Zytomegalie-Virus, das das Spike-Protein präsentiert. Status: Vorklinische Entwicklung
- Klinikum der LMU München: nasal verabreichbarer Impfstoff mit mRNA oder DNA. Das Projekt wird vom deutschen Bundesminsterium für Bildung und Forschung gefördert. Status: Laborstadium
Weshalb ein neuer Impfstoff (anders als eine neue Version eines zugelassenen Impfstoffs) nicht ohne genehmigte klinische Studien entwickelt werden kann, erläuterte der Immunologe Markus Löffler vom Universitätsklinikum Tübingen am 23.03.2021 bei Spiegel Online
Arten von Impfstoffen
Die in der EU zugelassenen (oder zwischenzeitlich zugelassenen) Impfstoffe gegen Covid-19 basier(t)en auf mRNA, Vektorviren, ausgewählten Proteinen oder abgetöten Coronaviren. In anderen Regionen wurden auch noch andere Typen zugelassen; und weitere sind in Entwicklung. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Impfstoff-Typen:
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Protein-basierte Impfstoffe: Sie werden auch Subunit-Impfstoffe genannt und nach manchen Definitionen (siehe unten) zu den Totimpfstoffen gezählt, weil in ihnen keine lebenden Viren enthalten sind. Diese Impfstoffe enthalten einige Mikrogramm eines ausgewählten Proteins von SARS-CoV-2. Technisch wird das Protein aber nicht direkt aus dem Coronavirus gewonnen, sondern gentechnisch herstellt. Beispiele sind die Impfstoffe von Novavax (zugelassen) und dem Texas Children's Hospital / Baylor College / Biological E (zugelassen in Indien). Typischerweise enthalten Impfstoffe mit Virusprotein noch einen Wirkverstärker (Adjuvans), der das Immunsystem direkt nach der Impfung in Alarmbereitschaft versetzt. Dadurch wird es besonders aufmerksam für das injizierte Fremdprotein und baut eine Abwehr dagegen auf; die kann dann auch die eigentlichen Viren bekämpfen. Impfstoffe mit Virusprotein haben sich schon gegen andere Krankheiten bewährt, beispielsweise Hepatitis B und Grippe (in letzterem Fall wird das Protein allerdings meist direkt aus den Viren gewonnen).
mRNA-Impfstoffe: Diese Impfstoffe enthalten statt eines ausgewählten Virusproteins das zugehörige Gen dafür; und zwar in Form einer mRNA (messenger-RNA), eingebettet in kleine Bläschen (Lipidnanopartikel), die sie schützen und ihnen das Eindringen in Zellen ermöglichen. Für Zellen sind mRNAs etwas Alltägliches, sie erstellen sich selbst ständig mRNA-Abschriften von Genen im Zellkern, wenn sie die entsprechenden Proteine herstellen wollen. Sie benutzen eine von außen zugeführte mRNA genauso wie eine eigene: Sie stellen mehrmals damit das darin beschriebene Protein her und bauen sie dann ab. Auf diese Weise entsteht nach der Impfung im Körper Virusprotein, das dann genauso das Immunsystem aktiviert, wie es Impfstoffe mit Virusprotein tun (gut dargestellt von #EUmythbusters). mRNA-Impfstoffe haben den Vorteil, dass das Herstellungsverfahren unabhängig vom jeweiligen Erreger immer gleich ist. Man spart also Entwicklungszeit für das Produktionsverfahren, und auch die Anpassung der Produktion an neue Virusvarianten ist einfach. Zwei mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 sind in der EU zugelassen (von BioNTech/Pfizer und von Moderna), zudem noch mehrere an Virusvarainten angepasste Versionen dieser Impfstoffe. Ein weiterer RNA-basierter Impfstoff ist im Zulassungsverfahren (von CSL Seqirus); er enthält selbstamplifizierende RNA (saRNA), die nicht nur als mRNA für das Spikeprotein fungiert, sondern von den Zellen, in die sie gelangt, auch noch vermehrt wird. Weitere mRNA-Impfstoffe sind in anderen Weltregionen zugelassen (z.B. ein Impfstoff von Daiichi Sankyo in Japan) oder in Entwicklung.
DNA-Impfstoffe: Ähnlich wie mRNA-Impfstoffe funktionieren auch DNA-Impfstoffe. Bei ihnen ist das Gen für ein Virusprotein auf einem Stück DNA enthalten (beispielsweise auf einem DNA-Ring [= Plasmid]). Nach dem Impfen muss das DNA-Stück in Zellen gelangen; und die Zellen müssen daraufhin davon ausgehend Abschriften in mRNA erstellen, die wiederum zur Herstellung von Virusprotein dienen, das dann wie bei einem Impfstoff mit Virusprotein wirkt. Es sind hier also noch mehr Schritte zum Erzielen der Impfwirkung nötig als bei mRNA-Impfstoffen; und damit die DNA überhaupt in die Zellen gelangt, sind besondere Impfgeräte erforderlich. Ein Vorteil gegenüber den bislang zugelassenen mRNA-Impfstoffen ist aber, dass DNA stabiler ist und DNA-Impfstoffe deshalb weniger stark gekühlt werden müssen. In Indien hat das Unternehmen Zydus die Zulassung für den ersten DNA-Impfstoff gegen Covid-19 erhalten, genannt ZyCoV-D (es ist damit sogar der weltweit erste DNA-Impfstoff überhaupt); bislang wurde aber noch keine EU-Zulassung beantragt. Daneben entwickelt auch das schwedische Karolinska-Institut den DNA-basierten Covid-19-Impfstoff SVF-002 und hat von positiven Ergebnissen der Phase-I-Studie mit Freiwilligen berichtet.
Impfstoffe mit Vektorviren: Wie bei mRNA- und DNA-Impfstoffen geht es bei Vektor-Impfstoffen darum, Körperzellen durch Einbringen eines Gens zur Bildung eines Proteins von SARS-CoV-2 zu bringen, das dann eine Abwehrreaktion im Immunsystem stimuliert (1)
. Das betreffende Gen wird hier jedoch mit Hilfe eines anderen, harmlosen Virus in die Zellen gebracht. Solche harmlosen, als Überbringer tauglichen Viren werden Vektorviren genannt. Beispiele sind einige Adenoviren von Schimpansen oder Gorillas und das „Modifizierte Vaccinia-Virus Ankara“ (MVA). In der EU zugelassen (aber mittlerweile außer Vertrieb) ist ein Vektor-Impfstoff gegen Covid-19 von Janssen; eine Zeit lang war auch einer von AstraZeneca zugelassen (Rückgabe der Zulassung aus wirtschaftlichen Gründen). Der Impfstoff Sputnik V des russischen Gamaleya-Instituts wird bei der EMA in einem Rolling Review begutachtet; allerdings ist der Status dieses Vorgangs unklar. Schon vor der Corona-Pandemie gab es zugelassene Vektorviren-Impfstoffe gegen Ebola.
Impfstoffe mit inaktivierten SARS-CoV-2-Viren: Solche Impfstoffe basieren auf einem der ältesten Prinzipien der Impfstoffherstellung: Im Prinzip werden SARS-CoV-2-Viren selbst (produziert in Zellkulturen) als Impfstoff zur Stimulation einer schützenden Immunreaktion verwendet. Nur werden sie zuvor so geschädigt ("abgetötet"), dass sie nicht mehr zur Vermehrung fähig sind. Das kann mit unterschiedlichen Techniken erfolgen. Solche Impfstoffe zählen nach allen unterschiedlichen Definitionen zu den Totimpfstoffen. Ein Beispiel lieferte der zeitweilig in der EU zugelassene Impfstoff VLA2001 von Valneva. Der Hersteller hat die Zulassung jedoch aus wirtschaftlichen Gründen zurückgegeben.
Impfstoffe mit attenuierten SARS-CoV-2-Viren: Attenuierte Viren sind Viren, die Menschen infizieren und sich in ihnen vermehren können, aber nur langsam. So können sie keine schweren Symptome hervorrufen, aber eine Immunreaktion. Impfstoffe dieses Typs werden seit langem unter anderem gegen Mumps, Masern und Röteln eingesetzt. Nun werden solche Impfstoffe auch gegen Covid-19 entwickelt, u.a. der Impfstoff RVX-sCPD9 von der Freien Universität Berlin in Verbindung mit den Universitäten von Bern und Genf (Schweiz), dem Friedrich-Loeffler-Institut sowie RocketVax (Schweiz). Rocketvax hat mitgeteilt, dass das US-amerikanische National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) eine Phase-I-Studie mit RVX-sCPD9 im Rahmen des Projekts NextGen unterstützen wird.
Peptid-Impfstoffe: Solche Impfstoffe ähneln den Impfstoffen mit Virusprotein – sie enthalten beispielsweise kein genetisches Material, aber einen Wirkverstärker (Adjuvans). Aber statt ganzen Proteinen enthalten sie nur kleine Bruchstücke davon. Diese sind besonders gut dafür geeignet, nach dem Impfen eine schützende Abwehrreaktion durch T-Zellen (einen bestimmten Typ von Immunzellen) zu stimulieren. Das ist von Bedeutung für Menschen, die aufgrund einer Krebs-Chemotherapie oder eines angeborenen Immundefektes nicht gut Antikörper bilden können und daher auf ihre T-Zellen für eine Virenabwehr angewiesen sind. Noch ist kein solcher Impfstoff in der EU zugelassen, aber unter anderem die Universität Tübingen (CoVac-1) arbeitet daran und hat damit positive Ergebnisse in einer Phase II-Studie erreicht.
Totimpfstoffe
Der Begriff "Totimpfstoffe" wird uneinheitlich verwendet. Einige verstehen darunter nur Impfstoffe, die aus abgetöteten Erregern hergestellt werden. Andere fassen den Begriff weiter, etwas das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder das Robert Koch Institut. In diesem Artikel wird zwischen mRNA-Impfstoffen, Vektorviren-Impfstoffen, DNA-Impfstoffen, Protein-basierten Impfstoffen, Peptid-Impfstoffen und Impfstoffen mit inaktivierten Viren sowie solchen mit attenuierten Viren unterschieden. Unter die Definition des BMBF für Totimpfstoffe fallen die Impfstoffe mit Protein, Peptiden oder inaktivierten Viren, das RKI zählt auch noch mRNA- und Vektorviren-Impfstoffe dazu.
"Neue Medikamente, große Hoffnungen – Ausblick aufs Pharmajahr 2024" im vfa-Podcast #MicroScope:
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Fußnoten
(1) mRNA-, DNA- und Vektor-Impfstoffe werden deshalb mitunter zu "genbasierten Impfstoffen" zusammengefasst.